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Wahlfreiheit oder Zwang?

STF-Frauensprecherin Karin Meister

Die Süd-Tiroler Freiheit positioniert sich klar gegen eine Frauenquote bei Wahlen. Julia Unterberger warnt davor, die Gleichstellung der Geschlechter zu gefährden.

Bei den Europawahlen im Juni galt in Italien die Regel, dass bei der Vergabe von zwei oder drei Vorzugsstimmen beide Geschlechter berücksichtigt werden müssen. Andernfalls wurden die zusätzlichen Vorzugsstimmen gestrichen und nur die Erststimme zählte. Diese Bestimmung wurde von der Frauengruppe der Süd-Tiroler Freiheit als „einschränkend und bevormundend“ kritisiert. Frauensprecherin Karin Meister betont: „Diese Regelung greift in die freie Entscheidung der Wähler ein und zwingt sie, nach vorgegebenen Kriterien zu wählen. Das ist keine echte Gleichberechtigung, sondern eine Beschneidung der Wahlfreiheit.“

Landeshauptmann Arno Kompatscher verteidigte die Regelung mit Verweis auf Artikel 3 der Verfassung, der die Beseitigung wirtschaftlicher und sozialer Hindernisse sowie die Förderung der Chancengleichheit und bürgerlichen Rechte vorsieht. Laut der Landesregierung soll die Regelung der Förderung der Chancengleichheit dienen, weshalb man darüber nachdenkt, sie auf die Gemeinde- und Landtagswahlen auszudehnen.
Die Frauengruppe der STF sieht dies völlig anders. Echte Gleichberechtigung werde durch den Abbau struktureller Hürden erreicht, nicht durch Zwangsmaßnahmen bei der Stimmabgabe. „Wie demokratisch ist eine Regelung, die vorschreibt, beide Geschlechter zu wählen? Was kommt als Nächstes? Eine Pflicht, bestimmte demografische Gruppen zu wählen?“, fragt Meister. Die STF fordert stattdessen Maßnahmen, die die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und politischem Engagement verbessern, um mehr Frauen den Weg in die Politik zu ebnen. „Es muss ein kultureller Wandel stattfinden, der Frauen in der Politik stärkt und unterstützt“, so Meister.

Julia Unterberger hingegen verteidigt die Geschlechterquote vehement: „Mit der Aufhebung der ,quota rosa‘ würden wir Jahre in die Vergangenheit zurückgehen“, warnt die SVP-Senatorin angesichts der Bestrebungen von Cassa Depositi e Prestiti, einem vom Wirtschaftsministerium kontrollierten Unternehmen, ihr Statut zu ändern und die Vorschrift aufzuheben, die einen Frauenanteil von 40 Prozent im Verwaltungsrat vorschreibt. Dies würde es den Regierungsparteien ermöglichen, ein Gleichgewicht unter den Parteien zu finden und den neuen Verwaltungsrat zu ernennen.

„Sollte sich diese Nachricht bestätigen, würden die Kräfte der Regierungsmehrheit eine sehr hässliche Seite aufschlagen“, kritisiert Julia Unterberger. Dies würde die Gleichstellung der Geschlechter im Namen des politischen Gleichgewichts stillschweigend opfern. Ein Rückschritt, der das genaue Gegenteil von dem darstelle, wofür in den letzten Jahren gekämpft worden sei: die Idee, dass die Präsenz von Frauen im öffentlichen Leben und in Spitzenpositionen ein unverzichtbares Grundprinzip sei. „Für Italien ein sehr schlechtes Bild, auch auf europäischer Ebene“, so die Vorsitzende der Autonomiegruppe. (mat)

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