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Die großen Vier

Die Halbfinalisten bei der EM heißen Spanien, Frankreich, England und Holland. Es kommt also zum Aufeinandertreffen von vier Großmächten.

von Klaus Schuster

Den besten Eindruck dieser vier Teams hat bisher zweifellos Spanien gemacht, England und Frankreich haben bisher sicher nicht geglänzt, waren aber defensiv stabil und Holland hat sich nach der Niederlage gegen starke Österreicher wieder gefangen.

Wenn man vor dem Spiel Spanien gegen Deutschland von einem vorweggenommenen Finale gesprochen hat, dann hat dieses Spiel die Erwartungen vollauf erfüllt.

Es war ein Spiel von höchster Intensität und, was ja das Schwierige ist, auch von hoher Qualität. Wie man unter Zeit- und Gegnerdruck präzise Pässe spielt und diese mit dem ersten Kontakt konstruktiv für das Spiel verarbeitet und wie man durch Tempodribblings Überzahlsituationen herstellt, zeigten beide Mannschaften hervorragend.  Alle drei Treffer waren super herausgespielt. Das Siegestor der Spanier von Merino war ein Kopfball wie aus dem Fußballlehrbuch, wie man in heute auch auf Höchstniveau kaum noch zu sehen bekommt.

Die Reaktion der deutschen Mannschaft nach Spaniens Führungstreffer war beeindruckend, man suchte den Ausgleich mit aller Macht – und es zeigte sich wiederholt, wie wichtig ein klassischer Mittelstürmer wie Füllkrug gegen einen sich im und am eigenen Strafraum verteidigenden Gegner ist.

Der schwächste Mann auf dem Platz war leider der englische Schiedsrichter Taylor, der von Beginn an nicht auf der Höhe war und Kroos bei seinem, voraussichtlich, letzten Spiel in den ersten 5 Minuten mindestens 1x die gelbe Karte hätte zeigen müssen! Über den Handelfmeter der Spanier braucht man nicht zu diskutieren – aufgrund des gültigen Regelwerks (Körperverbreiterung) hätte er gegeben werden müssen!

Dass Deutschland am Ende unglücklich als Verlierer vom Platz ging lag aber nicht nur am nicht gegebenen Elfmeter, sondern auch am Trainer. In Nagelsmanns Startaufstellung erwiesen sich Can im Mittelfeld und vor allem Sanè im Angriff als Fehlgriffe. In der Halbzeit korrigierte er zwar diese Entscheidungen, schenkte den Spaniern aber praktisch die komplette 1. Spielhälfte.

Dass Portugal und Frankreich nicht dazu in der Lage waren ein Spiel von ähnlicher Klasse abzuliefern, war naheliegend. Dazu wäre auch ein anderer Beitrag der beiden Superstars nötig gewesen. Dabei kann man Mbappè ja entschuldigen, da er mit einem Nasenbeinbruch spielte, aber Cristiano Ronaldos Auftritt war wirklich unterirdisch. In Zeitungen und im Netz gab es dazu in den letzten Tagen ja eine Unzahl von Kommentaren und Vergleichen. Mir persönlich gefiel dabei der am besten, wo Parallelen zwischen seinen Auftritten bei dieser EM und US- Präsident Biden bei seinem TV-Duell mit Donald Trump, und nicht nur dort, festgestellt wurden: alt, müde und verbraucht. Dass alt nicht gleichbedeutend mit müde und verbraucht heißen muss stellte hingegen Ronaldos Mannschaftskollege Pepe unter Beweis, der mit 41! Jahren zwei Jahre älter als er ist und auch bei diesem Match wie schon die ganze EM über eine Topverteidigerpartie ablieferte.

England gewann gegen die Schweiz im Elfmeterschießen! Dass sich die Engländer im Elfmeterschießen durchsetzen, kam bisher in der Fußballgeschichte kaum vor. Dabei hielt ihr Torwart den entscheidend Strafstoß- auch das ist ein Novum! Begeistern konnten sie bisher niemand, aber sie spielten kompakt, defensiv diszipliniert, aber so temperamentlos wie sich ihr Trainer auf der Bank verhält. Die Schweizer waren teilweise dem Sieg näher und werden trotz des Ausscheidens dafür zu Hause gefeiert werden.

Im letzten Viertelfinale mussten die Niederlande lange gegen die Türkei einem Rückstand nachlaufen, zogen aber, nach mehreren Zittermomenten, dennoch ins Halbfinale ein. Die Türken zeigten in ihrem „Heimspiel“ in Berlin, dass mit ihnen vor allem auch in Zukunft zu rechnen sein wird. In dieser Mannschaft tummeln sich mehrere junge Talente wie Güler oder Yilmaz, von denen wir in Zukunft sicher noch Einiges hören werden.

Für die beiden Halbfinalspiele ist Spanien für mich wegen der bisher gezeigten Leistungen gegen Frankreich Favorit, auch wenn mehrere Spieler eine Sperre wegen zweier gelber Karten abzusitzen haben. Aber Spaniens Spielerkader ist so ausgeglichen besetzt, wie kein anderer, was sich ja schon im Spiel gegen Deutschland zeigte, wo der eingetauschte Dani Olmo spielentscheidend war.

Bei England gegen die Niederlande werden, wie immer, Episoden entscheiden. Holland agierte bisher im Angriff durchschlagskräftiger, aber irgendwann werden Bellingham und Kane ja auch bei dieser EM das zeigen, was sie die ganze Saison über bei ihren Clubs unter Beweis stellten.

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