Mary de Rachewiltz feiert 99. Geburtstag
Am 9. Juli feiert Mary de Rachewiltz ihren 99. Geburtstag. Im Palais Mamming liest sie heute (17.00 Uhr) aus ihrer neuen Gedichtsammlung in italienischer Sprache.
Massimo Bacigalupo, unbestrittener Experte für amerikanische Literatur, emeritierter Professor der Universität Genua und großer Kenner von Ezra Pound und dessen Tochter Mary, wird das neue, bei Bertoni Editore erschienene Werk präsentieren. Anschließend wird Mary de Rachewiltz einige ihrer Gedichte selbst vortragen. Musikalisch untermalt wird das Event mit den Klängen der Violine von Marcello Fera und des Cellos von Clemens Maria Fera. So begeht Mary diesen bedeutenden Tag gemeinsam mit persönlichen Freunden, aber auch Freunden der Poesie und Literatur sowie allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern.
Mary de Rachewiltz wurde am 9. Juli 1925 aus einer außerehelichen Beziehung des US-amerikanischen Dichters Ezra Pound mit der aus Ohio stammenden Violinistin Olga Rudge in Brixen geboren. Aufgezogen wurde sie als Pflegekind von einer Tiroler Bauernfamilie in Gais im Pustertal. Ihre erste Muttersprache war somit der Tiroler Dialekt, den die auf einem Bauernhof lebende Familie sprach. Berge, Felder und Haustiere waren ihr erster Horizont.
Mit Unterstützung ihrer Eltern kam sie im Alter von 14 Jahren auf das in der Villa La Quiete untergebrachte Internat in Florenz, musste diese Schule aber bereits 1941 wieder verlassen, weil das notwendige Geld dafür fehlte. Während des Zweiten Weltkriegs verlor ihre Mutter Olga ihr Haus in Venedig und Mary lebte gemeinsam mit ihr für einige Zeit in Rapallo. Später kehrte Mary erneut nach Gais zurück.
Nach ihrem 19. Geburtstag erzählte ihr Vater Mary endlich von seiner anderen Familie – seiner Ehefrau Shakespear und seinem Sohn Omar. Nach ihrer Rückkehr nach Rapallo erfuhr sie, dass ihr Vater von US-amerikanischen Behörden mit dem Vorwurf des Verrats verhaftet worden war, weil er sich in Hörfunkreden gegen den Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg ausgesprochen hatte. In den 12 Jahren Haft, die Ezra Pound im Saint Elizabeth’s Hospital verbrachte, konnte Mary ihn nur ein einziges Mal besuchen.
Trotz der langen Trennung und wechselnden Ereignisse fühlte sich Mary ihrem Vater stets tief verbunden. Bereits seit ihrem 14. Lebensjahr hatte er ihr einige seiner Gedichte zur Übersetzung anvertraut. Unter der Anleitung des Vaters übersetzte sie ferner ein Kapitel aus „Erlebte Erdteile“ von Frobenius sowie Auszüge aus „Noh“ und „Accomplishment“ von Ernest Fenellosa und Ezra Pound, die im Jahr 1942 erschienen waren. Neben ihrer Liebe zur amerikanischen Literatur widmete sich Mary seit ihrer Jugend viele Jahre lang dem Studium, der Recherche, dem Erhalt und vor allem der Übersetzung und Verbreitung des umfassenden Werks ihres Vaters. Sie übersetzte und veröffentlichte seine gesamten Cantos in italienischer Sprache. Im Jahr 1946 heiratete sie den Ägyptologen Boris de Rachewiltz und gemeinsam bezogen sie die Brunnenburg, die zu ihrem Familiensitz, aber auch zur einem Ort der Kultur, des Studiums und des Gedenkens wurde. Auf der Brunnenburg bewahrt Mary den literarischen Nachlass ihres Vaters und pflegt Kontakte zu Forschern, Schriftstellern und Künstlern, die sich bis heute mit Pound beschäftigen. Als Übersetzerin hat Mary überdies Werke bedeutender amerikanischer Autoren, wie Robinson Jeffers, Edward Estlin Cummings, Ronald Duncan oder Denise Levertov, ins Italienische übertragen.
Ferner war Mary de Rachewiltz als Kuratorin im Beinecke Rare Book and Manuscript Library der Universität Yale tätig. Von 1973 bis 1975 war sie Stipendiatin am Radcliffe Institute und in den Jahren danach hat sie zahlreiche Konferenzen an Colleges und Universitäten in den USA abgehalten. Obwohl sie in Italien geboren wurde und ihr gesamtes Leben hier verbracht hat, ist sie amerikanische Staatsbürgerin. Von Januar bis März 1987 war Mary de Rachewiltz die erste Canaday Fellow der Universität Toledo.
Als Dichterin veröffentlichte sie zahlreiche Gedichtsammlungen in englischer und italienischer Sprache. Darüber hinaus schrieb sie großartige Memoiren mit dem Titel „Diskretionen. Erinnerungen der Tochter Ezra Pounds“.
Die Veranstaltung wurde vom Palais Mamming Museum in Kooperation mit dem Landwirtschaftsmuseum Brunnenburg und der Akademie Meran organisiert.
Eintritt frei.
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artimar
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