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Das Gratis-Wasser

Der Bierkonzern Forst muss keine Gebühr für die Ableitung des „Meraner Mineralwassers“ bezahlen. Bis zum Konzessionsende 2028

von Thomas Vikoler

Die italienische Rechtssprechung gleicht zuweilen einer Achterbahnfahrt. So wie im langjährigen Verfahren um die Gebühr für die Ableitung des „Meraner Mineralwassers“ durch die Firma Aquaeforst GmbH, einer Tochtergesellschaft des Algunder Bierkonzerns Forst.

Am 14. Juli 2018 erhielt Aquaeforst vom Landesamt für Wassernutzung eine Zahlungsaufforderung in der Höhe von 30.884,80 Euro. Aufgrund eines 2017 geänderten Gesetzes verlangte das Amt eine Gebühr für die Mineralwasser-Ableitung aus insgesamt sieben Quellen am Vigljoch auf 1.500 Metern Höhe.

Als damals bekannt wurde, dass Forst bis dahin nichts für das Wasser zu zahlen brauchte, gab es einen öffentlichen Aufschrei. Immerhin hatte die Politik ein Jahr zuvor eingesehen, dass der profitable Wirtschaftszweig der Mineralwasser-Schöpfung auch etwas für die Allgemeinheit (Land, Gemeinden) abwerfen sollte.

Doch nun, nach mehreren Gerichtsinstanzen steht fest: Aquaeforst ist weiterhin nichts schuldig für das Wasser, das die Forst-Tochter tagtäglich am Vigljoch, vornehmlich auf Lanaer Gemeindegebiet, schöpft.

Die Kassation hat nun das letztinstanzliche Urteil in dem Rechtsstreit herausgegeben, in dem es buchstäblich hin und her ging. Zunächst hatte der Mineralwasserproduzent Aufsichtsbeschwerde beim Land gegen die Zahlungsaufforderung eingelegt, die naturgemäß abgewiesen wurde. Dagegen legte das Unternehmen Rekurs beim Verwaltungsgericht ein, das sich für unzuständig erklärte.

Also folgte eine Klage von Forst beim Wassermagistrat in Venedig, das sie mit Urteil vom 20. Dezember 2022 annahm. Die Zahlungsaufforderung wurde aufgehoben. Das Land focht die Entscheidung beim Zentralen Wassergericht an – und gewann. Demnach musste Aquaeforst die 30.884,80 Euro sehr wohl zahlen.

Es folgte eine Kassationsbeschwerde des Unternehmens, die das zweitinstanzliche Urteil, ohne es an ein weiteres Gericht weiterzuleiten, aufhob.

Kurz: Die Gebühr für die Mineralwasser-Entnahme ist nicht geschuldet, das Wasser vom Vigljoch ist für den Forst-Konzern weiterhin gratis.

Das ist auf den ersten Blick schwer nachvollziehbar, nachdem die übrigen Mineralwasser-Produzenten inzwischen aufgrund der Gesetzesänderung 2018 einen erhöhten Wasserzins bezahlen.

Aquaeforst mit dem „Meraner Mineralwasser“ bildet im Unterschied zu anderen Quellen mit Konzession jedoch einen Sonderfall, wie die Kassation nun rechtsgültig entschieden hat. Im Jahre 2007 schlossen die Forst-Tochterfirma, die Therme Meran AG und das Land Südtirol eine Art Vergleich, der folgendes vorsah: Ihre Wasserkonzessionen sollten bis 2038, also 30 Jahre gelten, ohne dass ein Wasserzins fällig wäre.Der Grund: Die Region Trentino-Südtirol (und später der Rechtsnachfolger Land Südtirol) hatte im fernen Jahr 1954 eine Beteiligung an der Thermengesellschaft namens Salvar erhalten.Das Land Südtirol ist also mit einigen Prozent an der Firma, die das Wasser am Vigljoch schöpft, beteiligt, also indirekter Nutznießer des Gratis-Wassers.

Die Kassation hat nun den Einwand der Aquaeforst-Anwälte Karin Mussner und Gerhard Brandstätter anerkannt, dass die Nutzungsgebühr durch die Übertragung der Beteilung aufgrund eines Regionalgesetzes aus dem Jahre 1954 quasi im Voraus abgegolten worden ist. Die Materie wird übrigens durch ein Staatsgesetz aus dem Jahre 1933 geregelt.

Aufgrund des Urteils muss Aquaeforst dem Land, zumindest theoretisch, bis 2038 nichts für die Wasserentnahme am Vigl-Joch zahlen. Auch weil es dabei nicht um eine Konzession im eigentlichen Sinne, sondern um eine privatrechtliche Vereinbarung handelt.

Doch es gibt auch ein anderes Szenario: Im Jahre 2021 hat der Landtag die Materie mit einer weiteren Gesetzesänderung grundlegend neu definiert, indem neue Kriterien für die Wassernutzung eingeführt wurden. Es gibt nun keinen fixen Wasserzins mehr, sondern
eine Berechnung mit drei Faktoren: Einem Basiswasserzins nach genehmigter Wassermenge, einen verbrauchsabhängigen Gebührenanteil und eine Gebühr auf den Eingriff in das öffentliche Gewässer (Umweltgebühr). Letztere gibt es bereits seit 2017 und war auch Grundlage der Zahlungsaufforderung an Aquaeforst.

Mit dem Kassationsspruch ist jedenfalls rechtgültig entschieden worden, dass die Forst-Tochter für 2018, 2019, 2020 und zumindest bis zur Gesetzesänderung im August 2021 nichts zahlen muss (vorher war ohnehin nichts geschuldet).

Von den Anwälten von Aquaeforst ist aber zu hören, dass sich der Konzern nun das Gespräch mit der Landesverwaltung bzw. den eigenen Anteilseigner suchen will, um die Rechtslage nach dem Kassationsentscheid zu erörtern. Vielleicht ist das Unternehmen doch am Ende bereit, etwas für das Mineralwasser vom Vigljoch zu bezahlen.

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