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Die Geld-zurück-Aktion

Renate Holzeisen

Renate Holzeisen, die um ihren Sitz im Landtag bangen muss, dreht jetzt den Spieß einfach um – und fordert vom Land die Rückzahlung aller Bußgelder, die aufgrund der „verfassungswidrigen“ Covid-Gesetze an die BürgerInnen verhängt wurden.

Von Matthias Kofler

Renate Holzeisen macht aus der Not eine Tugend: Die Vita-Abgeordnete, die heute vor den Wahlbestätigungsausschuss des Landtages geladen wird, weil ihr nach derzeitiger Rechtslage der Ausschluss wegen Unvereinbarkeit droht, beklagt die „kafkaeske Situation“, in der sie sich befindet. Doch statt sich bei ihren Kollegen zu bedanken, die die Position der Anwältin durch eine Gesetzesänderung – die „Lex Holzeisen“ – sanieren wollen, dreht Renate Holzeisen nun einfach den Spieß um und wirft dem Landtag vor, die BürgerInnen mit „eindeutig verfassungswidrigen“ Bußgeldern zu schikanieren. Und sie geht noch einen Schritt weiter: Betroffene, die ihre Bußgelder bereits bezahlt haben, können das Geld mit einem von ihr – Renate Holzeisen – formulierten „Rückerstattungsantrag“ vom Land zurückfordern.

Doch der Reihe nach.

Nach dem geltenden Wahlgesetz ist die Position von Renate Holzeisen mit dem Landtagsmandat unvereinbar. Sie ist Partei in drei Zivilverfahren gegen das Land, in denen sie sich gegen Bußgelder wehrt, die vom Generalsekretariat der Autonomen Provinz verhängt wurden, weil sie im Frühjahr und Sommer 2021 bei drei Anti-Corona-Maßnahmen-Demonstrationen (auf den Talferwiesen und am Waltherplatz) keine Maske getragen hatte. „Diese Bestimmung des Landesgesetzes ist offensichtlich verfassungswidrig, weil sie radikal gegen Art. 24 der italienischen Verfassung verstößt, der jedem Bürger das Recht auf gerichtliche Verteidigung gegen ihn verhängte Strafen garantiert“, betont die Juristin.

Diese Ansicht wird von ihren Kollegen im Landesparlament geteilt, weshalb Präsident Arnold Schuler bereits eine Gesetzesänderung zur Streichung der entsprechenden Bestimmung eingebracht hat. Aber das ist noch nicht alles. Renate Holzeisen behauptet nämlich auch, dass die gegen sie verhängten Bußgelder, gegen die sie sich vor Gericht wehrt, „in absolutem Fehlen der notwendigen Befugnisse/Kompetenzen verhängt“ worden seien. Die Oppositionspolitikerin bezieht sich dabei auf das jüngste Urteil des Verfassungsgerichtshofs, wonach die Bekämpfung der Corona-Pandemie in der alleinigen Verantwortung des Staates liegt: Südtirol hätte demnach nur die staatlichen Regelungen übernehmen dürfen, nicht aber eigene, restriktivere Vorschriften erlassen dürfen. „Die Autonome Provinz war in großen Teilen päpstlicher als der Papst“, kritisiert die Vita-Mandatarin die Sanktionspolitik der Landesregierung während der Corona-Zeit. Laut Renate Holzeisen sind daher alle vom Land verhängten Strafen „null und nichtig“.

Als „Abgeordnete, die exakt für die Verteidigung gegen solche Übergriffe des Landeshauptmanns, der Landesregierung und des Landtags gewählt wurde“, will sie mithilfe ihres Falls erreichen, dass alle verfassungswidrigen (weil ohne Kompetenz verhängten) Bußgelder, die vom Landesgeneralsekretariat eingehoben wurden, sofort an die betroffenen Südtiroler BürgerInnen zurückgezahlt werden. Sie befürworte zwar autonomes Handeln des Landes zum Schutz der Bevölkerung vor irrationalen und unverhältnismäßigen Maßnahmen der Zentralregierung“, aber dazu hätte es einer offenen wissenschaftlichen und demokratischen Debatte der Landesregierung und des Landtages mit der Zentralregierung bedurft. Laut Holzeisen ist genau das Gegenteil passiert. Anstatt die Autonomie durch ein vernünftiges und verfassungskonformes Vorgehen zu stärken, hätten Arno Kompatscher und Co. Urteile des Verfassungsgerichts herbeigeführt, die der Autonomie sicher nicht zuträglich seien.

Renate Holzeisen, seit fast neun Monaten Abgeordnete, hat keine gute Meinung von ihrem neuen Dienstherrn: Nicht nur das Wahlrecht muss ihrer Meinung nach geändert werden, sondern auch die Geschäftsordnung, die in Teilen nicht verfassungskonform sei. Die Juristin, die sich während der Corona-Pandemie als Grande Dame der No-Vax-Szene einen Namen gemacht hat, schiebt ihren Kollegen im Landtag die Rute ins Fenster. Diese hätten „ein kleines Problem, wenn ich gegen einen Ausschluss klagen müsste“: Denn dann wären die vielen KollegInnen, die im Frühjahr 2020 für den „Südtiroler Sonderweg“ gestimmt hätten, selbst inkompatibel, da sie ihr Gesetz vor Gericht verteidigen müssten. „Sie täten also gut daran, meinen Fall schnell zu lösen, um sich nicht vor Gericht zu blamieren“, sagt die Vita-Frontfrau.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (18)

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  • heracleummantegazziani

    Holzeisen hat sicher recht mit der Auffassung, dass das Wahlgesetz in der derzeitigen Formulierung dem Recht auf Verteidigung vor Gericht widerspricht, allerdings wundere ich mich echt, wie eine Rechtsanwältin die Behauptung aufstellen kann, dass bei einer ihrerseits JETZT, 2024, eingereichten Klage gegen diejenigen, die 2020 für den Sonderweg gestimmt hatten, diese bei der Wahl 2023 inkompatibel gewesen wären. Der mögliche Unvereinbarkeitsgrund hat bei der Landtagswahl nicht bestanden und ein Unvereinbarkeitsgrund kann nicht rückwirkend angewandt werden, abgesehen von der Tatsache, dass sie im selben Moment selbst eben auch unvereinbar wäre. Und abgesehen von der Tatsache, dass Holzeisen damit weiteres Ungemach wegen mutwiller Prozessführung drohen könnte.

  • ich

    Sie hat eine neurotische Beziehung zu allem was COVID betrifft und das ist ihr einziges Thema.arme Frau

  • brutus

    Eine Verschwörungstheoretikerin par excellence!

  • artimar

    Wie oft wurde schon in Italien eine Norm für verfassungswidrig erklärt. Und?
    Art. 136 der it. Verfassung: „Wenn der Verfassungsgerichtshof die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Bestimmung oder eines Aktes mit Gesetzeskraft erklärt, verliert die Bestimmung ihre Wirksamkeit vom Tage nach Veröffentlichung der Entscheidung.“

  • artimar

    Die hier erkennbare Methode (Stichwort „Reichsbürger“) gehört zu ihrem Standardrepertoire der Selbstinszenierung.

  • heracleummantegazziani

    Auch die Behauptung, man hätte nur die Gesetzesverordnungen des Staates übernehmen und nicht restriktivere Maßnahmen vorsehen dürfen, weil das Verfassungsgericht so geurteilt hätte, stimmt im Grunde nicht.
    Das Urteil des Verfassungsgericht betrifft ein Regionalgesetz des Aostatales, das die staatlichen Maßnahmen auflockerte. Das bedeutet gleich zwei Probleme: Erstens hätte es kein Regionalgesetz zum Thema geben dürfen (weil der Staat der alleinige Gesetzgeber ist) und zweitens hätte es die BEstimmungen nicht aufweichen dürfen. Dass strengere Bestimmungen – angesichts der ratio legis – auch verboten waren, steht nicht im Urteil. Abgesehen von der Tatsache, dass Südtirol nie ein eigenes Gesetz erlassen, sondern nur per Dringlichkeitsmaßnahme staatliche Bestimmungen übernommen hat.

    • 2xnachgedacht

      @hera
      = das sprachrohr , der rechtsabteilung
      des hohen hauses? ;))

      • heracleummantegazziani

        Sie tragen Ihren Nick zu Unrecht. Hat man das schon mal geschrieben?
        Die Rechtsabteilung des „Hohen Hauses“ hat schon selbst ein Sprachrohr. Da es aber sicher nicht hier kommentiert, stelle ich bestimmte Aspekte klar. Einige rational denkende Menschen wird es interessieren, die Bescheuerten sind mir egal.

        • 2xnachgedacht

          @hera
          leicht vergesslich? haben sie schon x mal geschrieben…das betreffende urteil ist aber nicht auffindbar-also nicht vorhanden. ihre wortwahl ist mir schon öfters aufgefallen. (beschimpfungen usw.) sie sollten sich vielleicht etwas mäßigen.

  • themacki

    Auch Gesetze müssen ständig verbessert werden, da bin ich absolut dafür. Jedoch sollten von diesen Änderungen nicht direkt im Amt stehende Politiker profitieren.
    Wenn Sie die Änderung machen, sollte diese erst für alle zukünftigen Fälle gültig sein.

  • andreas1234567

    Hallo zum Mittag

    die Argumentation der Abgeordneten klingt schlüssig würde aber bei Bestätigung den Spielraum in Bozen in Sachen eigenständige Gesetzgebung an die Kette legen

    Auf Wiedersehen in der Zwickmühle

    • artimar

      Was klingt da schlüssig — außer für wenige, wie Holzeisen, wird die die Verwaltungsstrafe also wohl nicht zahlen müssen.
      Ansonsten. Für die, die Verwaltungsstrafe nicht vorher angefochten bzw. bereits bezahlt haben — ändert sich was?
      Die Aktion „Rückerstattung“, aber auch die Androhung gegenüber Mitgliedern des Landtags, die sich für ihr Gesetz vor Gericht verteidigen müssten, haben wohl eher was von Inszenierung, Methode „Reichsbürger“.

  • kritischerbeobachter

    Gott sei Dank gibt es einige Politiker, die den Mut haben, gegen Lobby und Scheuklappen zu kämpfen. Demokratie wird immer schwieriger.
    Danke Frau Holzeisen.

    • brutus

      Politiker sind die größte Lobby!

    • hermannh

      kitschiger Beobachter: Danke für was? Dafür dass die Dame in einer anderen Welt lebt?

      Oft habe ich den Verdacht, Corona ist für die Dame nur ein Geschäftsmodell: ohne Corona wurde sie nie gewählt, einige Kunden wird es ihr auch gebracht haben. Wirtschaftlich clever ist die Dame auf alle Fälle!

      Aber Leute mit Scheuklappen dürfen sie gerne verehren und brav ihre Rechnungen zahlen… Demokratie schaut auf alle Fälle nicht so aus, wie es den Reichsbürgern gefallen würde. Ich empfehle allen Verehrern von Frau Holzeisen eine Bildungsreise nach Moskau 🙂

    • heracleummantegazziani

      Worin soll da der Mut bestehen? Das ist eher Ausdruck von Verzweiflung. Die Dame kann ihrer Wählerschaft einfach nichts Konkretes liefern, das ist ihr Problem.

  • sepp

    Hermeline do sieg man amol wie bled du bisch ober onders konn man sich fa do nett erwatebn

  • andreas69

    Man muss dann immer sehen, wie der Richter das Gesetz im konkreten Einzelfall interpretiert. Ein Gesetz ist nicht in Stein gemeißelt. Oft gibt es komplett unterschiedliche Interpretationen eines Gesetzes durch Richter in ähnlich gelagerten Fällen. Vorauseilender Gehorsam ist deshalb auch hier nicht angebracht. Der Richter hätte entscheiden müssen, ob das Wahlgesetz sprich die Unvereinbarkeit Holzeisens rechtens war oder nicht.

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