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„Fleisch“ der Zukunft

Silke Raffeiner (Foto: Eurac)

Die weltweite Fleischproduktion hat bedeutenden Einfluss auf die Veränderung des Klimas. Silke Raffeiner, Ernährungswissenschaftlerin von der Verbraucherzentrale, stellt pflanzliche Alternativen vor.

von Sandra Fresenius

Bei wachsender Erdbevölkerung und gleichzeitig zunehmenden Umweltbelastungen, hervorgerufen auch durch die Fleischproduktion, stellt sich die Frage, welches „Fleisch“ wir in Zukunft essen werden. Nach Schätzungen wird der gesamte Fleischmarkt zwar weiterhin wachsen, jedoch werden im Jahr 2040 vermutlich nur noch 40 Prozent des gesamten Marktes durch herkömmliches Fleisch, 35 Prozent durch Laborfleisch und 25 Prozent durch pflanzliche Fleischersatzproduke bedient werden, weiß Silke Raffeiner, Ernährungswissenschaftlerin der Verbraucherzentrale.

Zu letzteren zählen neben Hülsenfrüchten wie Bohnen, Linsen, Kichererbsen oder Erbsen, verarbeitete Produkte wie Tofu, Tempeh – beide aus Sojabohnen – oder Seitan, das vorwiegend aus Weizen gewonnen wird. Alle diese pflanzlichen Produkte können mit einem hohen Eiweißgehalt überzeugen, eignen sich für die gesamte Bevölkerung, das heißt auch für Personen, die auf sämtliche tierische Produkte verzichten, und haben darüberhinaus weit weniger ökologische Auswirkungen, wie die Ernährungswissenschaftlerin erklärt: „Sie haben einen geringeren Ressourcen- und Wasserverbrauch, sie benötigen weniger Fläche in der landwirtschaftlichen Herstellung und sie sind meistens mit geringeren Treibhausgasemissionen verbunden.“

Foto: 123rf

Auch pflanzliche Fertigprodukte, die versuchen, Fleischprodukte von der Konsistenz, vom Aussehen und vom Geschmack her zu imitieren, können mit diesen Vorteilen punkten. Dafür bedürfe es jedoch zusätzlich technologischer Prozesse, damit beispielsweise eine faserige feste Struktur ähnlich die des Fleisches erzeugt werden kann, und den Einsatz von Zusatzstoffen, um die rötliche Farbe von Fleisch zu imitieren. „Hierfür hat man inzwischen Zutaten natürlichen Ursprungs zur Verfügung, wie zum Beispiel Rote Bete. Aber beim Geschmack ist es noch eine gewisse Herausforderung, so dass man in den konventionell verarbeiteten Produkten immer noch künstliche Aromen und vielleicht auch Geschmacksverstärker, Verdickungsmittel, Stabilisatoren, Emulgatoren und andere Lebensmittelzusatzstoffe findet“, so Raffeiner.

Dadurch aber würden diese Produkte wiederum an Qualität und anderen Pluspunkten gegenüber Alternativen einbüßen, gleichwohl sie vom Proteingehalt und von den enthaltenen Mineralstoffen durchaus mit Fleischwaren mithalten könnten. Um dennoch in den Genuss der in pflanzlichen Fertigprodukten enthaltenen Ballaststoffe und ungesättigten Fettsäuren zu kommen, empfiehlt Raffeiner dem Verbraucher auf Fertigprodukte in Bioqualität zurückzugreifen. Auch ein Blick auf das Zutatenverzeichnis und die Nährwerttabelle würde nützliche Informationen, zum Beispiel über den Salzgehalt des Fertigprodukts, liefern. „Manche Produkte sind stark gesalzen. Dabei lautet die Empfehlung, dass man täglich nicht mehr als sechs Gramm Salz aufnehmen sollte“, sagt Raffeiner. Generell sollten Produkte dieser Art aber auch pflanzliche Fleischersatzstoffe daher nur gelegentlich verspeist werden und eher auf Hülsenfrüchte zurückgegriffen werden, so die Empfehlung der Ernährungswissenschaflterin.

 

ZUR INFO

Laborfleisch gilt als noch recht neue Alternative unter den Fleischersatzprodukten. Während die herkömmliche Art der Fleischproduktion in der Massentierhaltung zahlreiche negative Auswirkungen hat, bietet die Herstellung von kultiviertem Fleisch neben der Verringerung der massenhaften Tötung von Tieren den Vorteil eines deutlich geringeren Flächen- und Wasserverbrauchs. Zur Herstellung von Laborfleisch werden durch Biopsie Stammzellen in kleinen Mengen aus dem tierischen Muskelgewebe entnommen. Anschließend werden diese Zellen in Bioreaktoren mit Hilfe einer Nährlösung so vermehrt, dass man bereits aus einer geringen Menge an Stammzellen, etwa in der Größe eines Reiskorns, rund 5.000 Kilogramm Fleisch herstellen kann. Allerdings ist das In-vitro-Fleisch in der EU bisher noch nicht zugelassen.

Anders ist es bei einigen essbaren Insekten, die als Alternative zu Fleisch auf anderen Kontinenten bereits seit Jahrtausenden von Menschen verspeist werden. In getrockneter Form haben sie einen sehr hohen Proteinanteil und sind reich an Mineral- und Ballaststoffen. Als ganze Tiere gefroren oder getrocknet dürfen sie inzwischen auch in der EU angeboten werden. Oder sie werden zu Mehl oder als Paste verarbeitet in definierten und deklarierten Mengen als Lebensmittelzutat eingesetzt. Die Insektenzucht verbraucht gegenüber der Schlachttierhaltung deutlich weniger Fläche sowie Wasser und erzeugt, bezogen auf die erzeugte Proteinmenge, zudem geringere Treibhausgasemissionen.

 

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (7)

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  • robby

    Man sieht ihr an dass sie sich von Schaben ernährt.

  • andreas1234567

    Hallo zum Montag,

    heute hat es die Schlechtgewissenindustrie aber wieder wichtig..
    Ein dreifaches Lob vornweg, die Verbraucherzentrale ist von der elenden Sprachverhunzung abgekehrt, deswegen lesen sich die Artikel flüssig und informativ.
    Anscheinend wird auch nicht mehr auf „Empfehlungen“ von irgendwelchen Ernährungsräten in Deutschland und Österreich hingewiesen die mal einen Versuchsballon losgelassen haben mit „10 Gramm Fleisch täglich“, dort ist man wohl auf 300 Gramm die Woche zurückgerudert.
    Fein ist auch der ausführliche Hinweis diese sogenannten Fleischalternativen sind nichts anderes als Cocktails aus Farbstoffen, Geschmacksverstärkern, Salz,Zucker und hauptsächlich Wasser.

    Ein bisschen ärgerlich der fehlende Hinweis auf die reichhaltigen Möglichkeiten sich in Südtirol mit lokal produziertem Fleisch einzudecken, von Schaf,Ziege und Wild (das aber kostspielig) kann man sicher guten Gewissens kosten.
    Das ständige Rumgehacke auf der Landwirtschaft als Planetenmörder nervt, das ist ideologische Gebetsmühlendreherei. Jeder in Westeuropa verjagte Betrieb wird in Osteuropa, Südamerika, Indien oder China neu aufgebaut, unter ganz anderen Bedingungen, versteh auch nicht warum der SBB hier permanent leise bleibt.
    Und das Problem mit der explodierenden Weltbevölkerung, da bräuchte es eine Dienst- und Aufklärungsreise der Verbraucherzentrale nach Afrika, Südostasien oder Nahost. Warum soll ich Käfer und Würmer essen weil dort achtfacher Segen das durchschnittliche Mutterglück ist?

    Auf Wiedersehen bei „nein,Danke“ zu Rhabarberpommes mit Blumenkohlpastedip und einem schönen salzfreiem Heuschreckensüppchen. Und Sonntag macht Mutti einen lecker Laborfleischklumpen

  • brutus

    …wir sollen uns also von Hülsefrüchten ernähren?
    …das ist kontraproduktiv!
    …das Methan stoßen dann wir aus! N

  • besserwisser

    für die massenproduktion von hülsenfrüchten braucht es auch herbizide und pestizide. mit bio ist da nix, da verhungert die menschheit.
    dass haben wir schon im kindergarten gelernt…

  • hubertt

    Anscheinend sind die sogenannten Experten sehr fleißige Papageien. Tierhaltung verändert das Klima in keiner Weise, denn durch die Tierhaltung werden die Böden fruchtbarer (natürlicher Dünger) und eine umfangreiche Ernährung kann gesichert werden. Synthetisches Fleisch, ist eine reine Geschäftsmacherei und hat mit dem Fleisch von natürlich gewachsenen Tieren überhaupt nichts gemeinsam. Ein Industriezweig, der nur durch Fördergelder am Leben erhalten wird!

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