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„In dissenso dal Gruppo“

Dicke Luft in der Autonomiegruppe: Warum Meinhard Durnwalder mit der Stimmabgabeerklärung von Vizechef Luigi Spagnolli nicht einverstanden war.

von Matthias Kofler

Dass es bei der Abstimmung über die Verfassungsreform zu Unstimmigkeiten innerhalb der Autonomiegruppe kommen könnte, war bereits am Montag bei der Sitzung des SVP-Ausschusses absehbar. Einige Funktionäre beschwerten sich, dass Fraktionschefin Julia Unterberger ihren Stellvertreter Luigi Spagnolli gebeten hatte, die Abstimmung im Palazzo Madama zu erklären – und nicht SVP-Kollege Meinhard Durnwalder.

Spagnolli, der von Julia Unterberger die klare Anweisung erhalten hatte, nicht zu hart mit der Mitte-Rechts-Mehrheit ins Gericht zu gehen, sondern eine möglichst objektive Darstellung zu liefern, machte in seiner Rede deutlich, dass es in seiner Fraktion unterschiedliche Ansätze zur Verfassungsreform gebe und dass jeder nach seinem Gewissen abstimmen könne. Der PD-Politiker und ehemalige Bürgermeister von Bozen betonte besonders die Folgen der Direktwahl der Ministerpräsidentin für die Südtirol-Autonomie: Es sei eine „Reform mit dunklen Wolken“. Dies gelte für die Senatoren auf Lebenszeit, für die parlamentarische Vertretung der sprachlichen Minderheiten, für die Beschneidung der Vorrechte des Staatspräsidenten und vor allem für die Zukunft, wenn nicht gar das Überleben der Autonomie.

Meinhard Durnwalder war mit dieser Stellungnahme nicht einverstanden und meldete sich selbst zu Wort, um sein Votum als SVP-Vertreter „in dissenso dal mio Gruppo“ zu erklären. Kein alltäglicher Vorgang für Südtirols Mandatare im römischen Parlament:

„Die Reform, die auf eine Zentralisierung der Kompetenzen des Zentralstaates abzielt, könnte für uns Angehörige der sprachlichen Minderheiten kritische Punkte enthalten. Wenn die Verfassungsreform in Kraft tritt, wird die Aufmerksamkeit, die die Zentralregierung und ihre Mehrheit den Fragen der sprachlichen Minderheiten und ihrer Vertreter im Parlament widmen werden, umso wichtiger werden. Minister Casellati und Präsident Balboni haben unsere Anliegen verstanden und ich danke ihnen, dass sie in Artikel 5 einen für uns sehr wichtigen Grundsatz aufgenommen haben, nämlich den, der neben dem Repräsentationsprinzip auch den Schutz der sprachlichen Minderheiten im Rahmen des Mehrheitsbonus direkt in der Verfassung aufnimmt. Dieser Grundsatz muss natürlich auch im nächsten Wahlgesetz umgesetzt werden, weshalb wir uns als SVP der Stimme enthalten.“

Der Pusterer erhielt für seine Rede viel Beifall von den Bänken der Regierungsmehrheit. Am lautesten klatschte Augenzeugen zufolge Michaela Biancofiore (Noi Moderati). Die Autonomiegruppe gab freilich keine gute Figur ab, da sie den Eindruck erweckte, die rechte Hand wisse nicht, was die linke tut. Aus SVP-Kreisen verlautet, dass Obmann Dieter Steger vom Parteiausschuss angewiesen worden wäre, vor der Abstimmung mit Julia Unterberger nochmals das Wort zu suchen, um sich auf einen Sprecher festzulegen, was offenbar nicht geschah. Die Fraktionschefin spricht von einem „Missverständnis“: „Senator Durnwalder hat mir nie ausdrücklich gesagt, dass er die Stimmabgabeerklärung machen will, ansonsten hätte ich natürlich ihn reden lassen. Da ich selbst nicht anwesend war, habe ich meinen Stellvertreter Spagnolli gebeten“, so Julia Unterberger.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (16)

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  • heracleummantegazziani

    Der Senator mit dem klingenden Namen kokettiert natürlich wieder mit den Rechten…

  • opa1950

    Diese SVP ist nur noch lächerlich und zum schämen. Steger und Durnwalder sind in Rom Wohl überflüssig.

  • artimar

    Die eigene Vertretung und Partei derart zu beschädigen kann es auch nicht sein.
    Was machen die denn in Rom, wenn jetzt mal mehr zwei SVP-Mandatare im Senat imstande sind, sich abzusprechen?
    Wo bleibt da die Handlungsfähigkeit und Richtlinienkompetenz des SVP-Obmanns bzw. des Landeshauptmannes?

    • andreas

      Sorry, aber so naiv kann man doch gar nicht sein um zu meinen, dass das Szenario nicht bewusst von der Unterberger herbeigeführt wurde und das ist gut so. 😉

      Richtlinienkompetenz und Steger ist ein Widerspruch in sich.
      Dass der nicht wirklich ernst genommen wird, nehme ich mal stark an, der ist doch eine reine Verlegenheitslösung wie es Achammer war, nur ist Steger noch schlechter.

      • opa1950

        Wie Recht sie haben, Achammer war schlecht, Steger ist noch schlechter .

      • artimar

        @Andreas mag sein, dass das Szenario bewusst von der Unterberger herbeigeführt wurde. Ich weiß es nicht.
        Aber eine solche Beschädigung wäre dann wohl tatsächlich ein Problem für die SVP und die Vertretung in Rom insgesamt.
        „Die Fraktionschefin spricht [hingegen] von einem ‚Missverständnis‘: ‚Senator Durnwalder hat mir nie ausdrücklich gesagt, dass er die Stimmabgabeerklärung machen will, ansonsten hätte ich natürlich ihn reden lassen. Da ich selbst nicht anwesend war, habe ich meinen Stellvertreter Spagnolli gebeten‘, so Julia Unterberger.“, siehe oben.
        Aber wieso das nun „gut“ für die SVP sein soll, die ansonsten ständig von „Zusammenhalt“ redet, sollten Sie vielleicht erklären.

        • andreas

          Mir gehen Steger und Durnwalder mächtig auf den Geist und ich kann mir deren rechter Gesinnung schon mal gar nichts anfangen, also finde ich jeden Gelegenheit gut, diese beide zu brüskieren. .

          Das Geschwafel vom Zusammenhalt ist und war doch schon immer eine Farce, in der Politik geht es grundsätzlich nur um Interessen.

  • svea

    Solcherlei Details lenken nur vom eigentlichen Geschehen ab.
    Es genügt sich zu fragen, warum Meloni es mit der Reform so eilig hat. Mit ihrer satten Mehrheit könnte sie die vielfältigen Probleme des Landes angehen und sie einer Lösung zuführen. Wenn ihre Regierungsarbeit gut ist, dann würde sie und ihre Partei bei den nächsten Wahlen genug Stimmen bekommen, um weiterregieren zu können. Es bräuchte keine Verfassungsänderung, um diese Form der Kontinuität möglich zu machen.
    Die Tatsache, dass sie die Reform der Verfassung so vehement vorantreibt,
    zeigt, dass sie selbst nicht daran glaubt bei den nächsten Wahlen wieder bestätigt zu werden. Also betreibt sie Symbolpolitik, wie z.B. das Abschiebezentrum in Albanien, wodurch das Flüchtlingsproblem nur verlagert aber nicht gelöst wird, glänzt beim G7 Gipfel, der Unsummen von Steuergeldern verschlungen hat usw..
    Die Hauptenergie jedoch wird in die Verfassungsreform gesteckt, denn damit bekommt man die Chance, mit z.B. 30% der Wählerstimmen ein Land regieren zu können und sich somit auch für die Zukunft die Macht zu sichern. Nachdem die Wahlbeteiligung auch kontinuierlich sinkt, könnte die absurde Situation entstehen, dass am Ende 20% der Wählerstimmen genügen, um ein Land zu regieren und Gesetze erlassen zu können.
    Warum wohl haben auch Putin und Erdogan in Zeiten, in denen sie noch auf die Zustimmung des Volkes bauen konnten, die Verfassungen geändert.
    Jetzt können sie sich jeden Fehler erlauben, denn ihre „Wiederwahl“ ist nur mehr eine Formsache und per Gesetz gesichert.

    • heracleummantegazziani

      Genau das ist der Hintergedanke der Reform. Meloni hat schon recht, wenn sie behauptet, die Reform sei zum Wohl der Stabilität der Regierung. Damit meint sie aber ihre Regierung.

  • ummagumma

    Diese Postfaschisten Freunde sind meilenweit weg vom Volk und ganz nahe am Hintern unserer Hoteliers u. Bauernlobby sowie Meloni und Co..

  • sukram

    Ich bin bei Ermächtigungsgesetzen immer sehr vorsichtig, da man nie weiß,was daraus wird und irgendwann steht ein Orban am Pult. Der junge Pusterer ist da wahrscheinlich noch naiver unterwegs.

    • foerschtna

      Sukram, dieses „Ermächtigungsgesetz“, wie Du es nennst, muss noch die Hürde eines Referendums nehmen, da es eine Verfassungsänderung bedeutet und nicht von mindestens zwei Dritteln der Abgeordneten beschlossen wurde. Und sollte die Mehrheit der Wähler dieser Verfassungsänderung zustimmen, kann man wohl nichts dagegen haben, oder ? Das nennt man dann wohl direkte Demokratie.

      • heracleummantegazziani

        Das Verfahren zur Genehmigung der Verfasssungsreform hat doch erst begonnen, Die erste Hürde, den Senat, hat das Gesetz genommen. Nun muss der Entwurf der Verfassungsreform von der Abgeordnetenkammer geprüft werden, zunächst in den zuständigen Parlamentsausschüssen und dann in der Kammer, wo er gegebenenfalls geändert werden kann. Jeweils drei Monate nach den beiden Zustimmungen von Senat und Abgeordnetenkammer muss der Text erneut von beiden Kammern mit demselben Inhalt angenommen werden. Wenn bei der zweiten Abstimmung sowohl der Senat als auch die Abgeordnetenkammer den Text mit einer Zweidrittelmehrheit ihrer Mitglieder billigen, gilt der Reformvorschlag als endgültig angenommen. Erst wenn es nicht so ist kann es ein Referendum geben. Aber bis es so weit ist vergehen Monate.

  • sukram

    Ich glaube der Begriff ist hier angemessen. Das stimmt mit dem Prozess was Sie sagen und gerade deswegen macht in dieser Phase eine gewisse Zurückhaltung Sinn.

  • bettina75

    Kasperletheater für das wir unsere Steuern bezahlen.
    Vielleicht wacht Durnwalder auf, wenn „mit eisernem Besen ausgekehrt“ wird, das hat es nämlich schon gegeben.
    Die Autonomie wurde mit diesem Gesetz begraben.

    • heracleummantegazziani

      Das Gesetz zur Verfassungsreform hat ja gerade einmal die erste Hürde genommen. Da mehrfache Lesungen in beiden Kammern und eine 2 Drittel-Mehrheit zur Genehmigung nötig sind, wird es noch Monate dauern, bis es vielleicht so weit ist. Also ist noch gar nichts begraben. Man muss jetzt aber die Zeit nutzen und Aufklärungsarbeit leisten, weshalb die von Meloni angestrebte Verfassungsreform für ein Land wie Italien negativ wäre. Und den jungen Durnwalder sollte man zwingen der Aufklärung zuzuhören.

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