Der Schlussspurt
Die Sprachgruppenerhebung in Südtirol läuft noch bis Ende Juni. Welche konkreten Auswirkungen sie hat, warum die Beteiligung der Bürger wichtig ist und weshalb trotz aufwändiger Informationskampagne des Landes nicht alles rund gelaufen ist.
von Karin Gamper
Die Sprachgruppenerhebung steht vor ihrem Abschluss. Noch bis Ende Juni können die Bürgerinnen und Bürger an der Zählung teilnehmen und sich entweder der deutschen, der italienischen oder ladinischen Sprachgruppe zugehörig erklären.
Die Zählung ist vom Autonomiestatut vorgesehen und wird in anonymisierter Form alle zehn Jahre durchgeführt. Sie dient der Berechnung der prozentuellen Zusammensetzung der drei Sprachgruppen in Südtirol. Die Daten werden vom Landesstatistikinstitut Astat erhoben. Die Zählung richtet sich an alle Personen, die am 30. September 2023 im Besitz der italienischen Staatsbürgerschaft waren und ihren Wohnsitz in Südtirol hatten. Das sind genau 483.981 Menschen.
Während der Start aufgrund der komplizierten online-Form schleppend war und sich nur 30,6 Prozent beteiligten, hat die anschließende „Papier“-Zählung durch Erhebungsbeauftragte zuletzt Fahrt aufgenommen.
Eine schnelle Umfrage der TAGESZEITUNG bei einigen Gemeinden quer durch das Land ergibt folgendes Bild: In Brixen haben bis dato 82 Prozent an der Zählung teilgenommen, Lana kommt auf rund 80 Prozent, Schlanders ebenso, Leifers auf rund 87 Prozent, Sterzing auf knapp 90 Prozent, St. Martin in Passeier sogar auf 99,5 Prozent.
Die größeren Städte schneiden schwächer ab. So liegt Bozen bei aktuell 76 %. Meran – vor wenigen Wochen erst bei 40 % – liegt inzwischen bei 72 %. „Eine starke Teilnahme wäre deshalb in diesen letzten Tagen noch sehr wichtig“, urgiert Merans Vizebürgermeisterin Katharina Zeller.
Warum?
Die Erhebung der jeweiligen Sprachgruppenstärke hat sehr konkrete Auswirkungen. So bilden die erhobenen Zahlen die Basis bei der Verteilung der öffentlichen Stellen, der Landesgelder und der Kommissionssitze (siehe dazu auch eigenen Info-Kasten auf dieser Seite).
Das Land hat die Erhebung mit einer großen Informationskampagne begleitet. Dennoch ist die Zählung nicht überall rund gelaufen. Vor allem in den Städten war das Misstrauen anfangs gegenüber den Erhebungsbeamten groß. Nicht alle Teilnahmeberechtigten konnten erreicht werden. Viele Menschen öffneten erst gar nicht die Tür.
Ein Problem war auch, dass viele Bürger die Sprachgruppenzählung mit der Sprachgruppenerklärung verwechselten.
Gabriele Morandell, Vizegeneralsekretärin der Gemeinde Brixen, fasst die aufgetretenen Schwierigkeiten zusammen: „Grundsätzlich fehlten vielen Personen die notwendigen Informationen zur laufenden Sprachgruppenzählung und sie waren über diese Erhebung sehr überrascht. Ein größerer Teil verwechselte die anonyme Sprachgruppenzählung mit der persönlich abzugebenden Sprachgruppenerklärung. Hinzu kam bei einigen Personen auch ein Desinteresse zum Proporz oder auch eine grundsätzliche Unkenntnis über die Notwendigkeit desselben“.
Timon Gärtner, Direktor des ASTAT, fügt weitere Gründe hinzu: „Die Teilnahme an der Sprachgruppenerhebung ist zwar eine Bürgerpflicht, es sind dafür jedoch keine Strafen vorgesehen. Außerdem wird sie nicht mehr wie vor zehn Jahren zeitgleich mit der Volkszählung durchgeführt“. Zur komplizierten Online-Erhebung meint er: „Es mussten rechtliche Vorgaben zum Datenschutz eingehalten werden, deshalb brauchte es den SPID-Zugang und es war daher schon vorhersehbar, dass wir digital nicht alle erreichen würden. 30,6 Prozent sind deshalb eine schöne Zahl“.
Bis Ende Juni ist es noch möglich, sich an der Papier-Erhebung zu beteiligen. Viele Gemeinden haben auch Schalterdienste eingerichtet. Infos erteilen die jeweiligen Meldeämter oder das Astat per Email unter [email protected].
Die Sprachgruppenerhebung hat nichts mit der Sprachgruppenerklärung zu tun.
Wie sich im Zuge der laufenden Sprachgruppenerhebung herausgestellt hat, haben sie viele Bürger und Bürgerinnen mit der Sprachgruppenerklärung verwechselt.
Das eine hat jedoch mit dem anderen nichts zu tun. Die derzeit durchgeführte Erhebung der deutschen, italienischen und ladinischen Sprachgruppe ist eine vom Autonomiestatut alle 10 Jahre vorgesehene statistische anonymisierte Zählung, die die prozentuelle Stärke der drei Sprachgruppen in Südtirol erhebt. Sie dient als Grundlage für viele Aspekte des Zusammenlebens und für den Minderheitenschutz im Lande. Diese Zahlen sind ausschlaggebend für die proportionale Verteilung der Stellen im öffentlichen Dienst (Landesverwaltung, Gemeinde, Sozialdienste, Sanitätsbetrieb, staatliche Stellen, Gericht), für die Aufteilung der Landesgelder im Bereich Kultur, geförderter und sozialer Wohnbau, Bildung, Gesundheit, Soziales und Mobilität) und für die Vertretung der Sprachgruppen in Kollegialorganen (z.B. in den Prüfungskommissionen für die öffentlichen Wettbewerbe).
Anders die persönliche Sprachgruppenerklärung, die bei Gericht deponiert wird. Sie muss z.B. vorgezeigt werden, wenn man sich an einem Wettbewerb für eine öffentliche Stelle beteiligt. Üblicherweise wird sie nur einmal im Leben abgegeben. Sie kann auch wieder abgeändert werden, allerdings wird sie dann erst zeitverzögert wirksam. Dies deshalb, um Missbrauch bzw. Ad hoc-Änderungen zu vermeiden.
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Kommentare (2)
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kritischerbeobachter
Was ich nicht verstehe, wenn ich meine Sprachgruppenzugehörigkeit einmal abgegeben habe, warum sollte ich sie alle 10 Jahre neu abgeben??? Es würde doch reichen, wenn sie diese Personen abgeben, die sie ändern wollen, und die noch keine abgegeben haben… für mich wieder mal so eine sinnlose Aktion, die nur Spesen machen und sonst nichts.
aso
Hast zu 100% recht. Jegliches Geschwele es habe …Auswirkung auf…BLABLABLA…
Einfach nur peinlich und wie so vieles reine Geldverschwendung