Kreuz und queer
Diesmal geht’s durcheinander in den Filmen, die hier angepriesen werden. Das sind „Marcello mio“, „Orlando-My Political Biography“ und „Der Berg des Schicksals“.
von Renate Mumelter
Bleiben wir gleich in Cannes, wo viele Aufgebrezelte über Teppiche und Bühnen gelaufen sind, wo aber wie filmische Ausbeute diesmal nicht überragend war, aber das werden dann die Kinos zeigen. Vorerst ist ein Cannes-Film im Angebot, der auch Catherine Deneuve mitbringt. Sie zählte zu denen, die es nicht nötig hatten, am Laufsteg mit Klamotten Furore zu machen.
„Marcello mio“
heißt der Spielfilm, in dem die Deneuve als Catherine sich selbst spielt (oder auch nicht). Dasselbe gilt für den Sänger und Schauspieler Benjamin Biolay und für den Schauspieler Melvil Poupaud. Beide waren mit Chiara Mastroianni, der Hauptfigur im Film, verheiratet, und es versteht sich angesichts dieser Anordnung schon fast von selbst, dass Chiara die gemeinsame Tochter von Marcello Mastroianni und Catherine Deneuve ist. Die hybride Geschichte changiert zwischen Realität und Fiktion und stellt Chiara in den Mittelpunkt. Sie beschließt, sich in Marcello zu versetzen und eine Weile als solcher zu leben, eine Art Exorzismus vielleicht, eine Selbstfindung, etwas, was so nie stattgefunden hat. „Marcello mio“ ist eine Erzählung über das Leben mit einem Übervater, eine Erzählung wohlgemerkt, bei der vor allem der spielerische Zugang zur Story punktet.
„Orlando – My Political Biography“
hingegen ist gar nicht hybrid. Es ist ein Dokumentarfilm von Paul B. Preciado, der sich an Virginia Woolfs Roman „Orlando – eine Biographie“ anlehnt. Damals erzählte Woolf eine Hauptfigur, die auf der Hälfte der Geschichte während eines langen Schlafs vom Mann zur Frau wird. Das war 1928. 95 Jahre später schrieb Paul B. Preciado seinen filmischen Brief an Virginia Woolf, in dem er viele Stimmen von Menschen versammelt, die sich verwandeln. Zum Filmabend lädt Centaurus am FR in den Filmclub.
Die Bergfilm-Geburt
1924 erschien der erste Bergfilm überhaupt, und bei dem spielte Luis Trenker mit. Der Schöpfer dieses Genres aber war er nicht. Das war Arnold Fanck, der für „Der Berg des Schicksals“ alles machte – von der Regie über die Kamera bis zum Schnitt, nur gespielt hat er nicht.
Fanck war es also, der die besondere Bildsprache erfand. Luis Trenker schaute gut ab und benutzte später Fancks Kameraleute.
Im „Berg des Schicksals“ hatte er seine erste Rolle überhaupt, als Sohn des Bergsteigers. Leni Reifenstahl, jene, die später mit der „Macht der Bilder“ politisch selten korrekt arbeitete, war bei diesem Film zwar nicht dabei, aber er agb für sie die Initialzündug. Eine Woche lang besuchte sie den Film und schaffte es dann, sich von Fanck ins Schauspielteam aufnehmen zu lassen. Klettern konnte sie gut.
„Der Berg des Schicksals“ war, wenn wir so möchten, auch ein Vorbote der Südtiroler Filmförderung. Nicht dass Fanck als Produzent Geld dafür bekommen hätte, aber er setzte die Dolomiten überzeugend ins Bild.
Im Stummfilm geht es um die Guglia del Diavolo, die bezwungen werden will oder auch nicht. Ausgerechnet eine Frau wagt den riskanten Aufstieg, kommt selbstredend in Schwierigkeiten und wird vom Helden gerettet.
Das Besondere am Filmabend ist Fancks Bildkunst, denn Steilheit zu inszenieren ist nicht einfach und mit den riesigen Kameras war es umso schwieriger. Am Montag gibt es dazu Live-Musik von Helga Plankensteiner, Michael Lösch und Enrico Merlin. Der Abend findet in Zusammenarbeit mit dem Trento Film Festival statt und empfiehlt sich.
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