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„Faule Ausrede“


Julia Unterberger ist von Neo-Obmann Dieter Steger enttäuscht: Ein stolzer Tiroler gebe sich nicht unterwürfig, sondern zeige Haltung.

Tageszeitung: Frau Unterberger, im Senat gingen die Wogen hoch. Wie haben Sie die aufgeheizte Atmosphäre erlebt?

Julia Unterberger: Es wird grade eine Reform der Verfassung diskutiert, die große Veränderungen im politischen System mit sich bringen wird: Die Premierministerin bekommt eine Machtfülle, dafür wird der Staatspräsident entmachtet und die SenatorInnen auf Lebenszeit werden abgeschafft. Die Opposition wehrt sich so gut sie kann gegen diese unsägliche Reform. Da das Senatspräsidium die Redezeiten begrenzt hat, haben sich die Kollegen ihre Anzugjacken ausgezogen. Aufgrund der strengen Kleiderordnung im Senat musste die Sitzung unterbrochen werden. Ein Fratello ist auf die Oppositionsreihen zugestürmt, weil er offenkundig einen Kollegen der 5 Sterne tätlich angreifen wollte. Er konnte von den Saaldienern gerade noch aufgehalten werden.

Ein FdI-Senator soll Sie wegen Ihres Akzents angepöbelt haben. Die Meloni-Partei bestreitet die Vorwürfe…

Den Zwischenruf hat im Senat niemand bestritten. Ich habe in der Aula ganz klar angeprangert, dass Senator Zaffini diesen Zuruf gemacht hat – und er hat es nie dementiert. Auch seine Kollegen nicht. Im Gegenteil: Senatorin Biancofiore, die in seiner unmittelbaren Nähe sitzt, hat mir ihre Solidarität ausgesprochen. Das Märchen, dass der Zwischenruf nicht bewiesen sei, scheinen sich die auszudenken, die eigentlich Haltung zeigen sollten.

Obmann Steger will sich erst äußern, wenn der Zwischenruf bewiesen ist. Was sagen Sie dazu?

Das ist eine faule Ausrede. Der Vorfall wurde in sehr vielen nationalen Medien kolportiert – und es gab keine Richtigstellung vonseiten Zaffinis oder der FDI. Ich glaube, dass die SVP-Spitze. unabhängig von meiner Person, hier Haltung zeigen müsste. Wenn man sich ständig kaufen lässt und so unterwürfig daherkommt, werden die stolzen Tiroler schnell zu Untertanen. Das schadet unserem Ansehen sicher mehr, als wenn wir ab und zu Kante zeigen.

Haben Sie Solidaritätsbekundungen erhalten?

Ja, ich habe sehr viele Solidaritätsbekundungen erhalten, mehrere öffentlich, zum Beispiel von der slowenischen Kollegin Tatjana Rojc, die aus Protest einige Sätze auf Slowenisch gesagt hat, und sehr viele privat. Enttäuschend dabei ist, dass bis auf Kollegin Biancofiore es niemand vom rechten Lager für nötig gehalten hat, etwas zu sagen.

Was sagen solche Entgleisungen über das Weltbild der Fratelli (und Sorelle) aus?

Es sagt aus, dass sie uns zwar in Vielem entgegenkommen, weil sie etwa bei der Verfassungsreform jede Stimme brauchen oder unbedingt in die Landesregierung kommen wollten, aber die meisten in ihrem Innersten die alten Nationalisten geblieben sind. Ansonsten hätte wohl ihr Fraktionssprecher sagen müssen, dass ihm so eine Entgleisung gegenüber einer Südtirolerin leid täte.

Interview: Matthias Kofler

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (24)

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  • artimar

    „Südtirolfeindlicher Rassismus“ (Brennerbasisdemokratie) trifft es wohl. Der Umgang, Negatation, Abwehr und Verharmlosung, kommt hinzu.
    Ein Senatspräsident, der offenbar nichts gehört hat. Dabei hat es auch in Italien offizielle Aufzeichnungen, Protokollanten, bei denen man nachfragen und das Protokoll wiedergegeben lassen kann.
    Einfach nur beschämend. Besonders, wenn selbst der eigene Kollege im röm. Parlament und der Obmann der eigenen Partei sich so verhält und Opferschelte (victim blaming) betreibt .

    • rumer

      Eher findet man eine Palme am Mount Everest als einen SVP-ler mit Rückgrat.

    • besserwisser

      also ehrlich gesagt frau unterberger, sie sind unzweifelhaft eine gute anwältin, sie sine eine anständige vertreterin südtirols in rom. aber ihr akzent ist ja schwer zu leugnen, und ihr italienisch ist bestenfalls mittelmäßig.
      dass darüber gespöttelt wird sollte ihr selbstbewusstsein nicht schmälern, vor allem sollten sie sich nicht so kleinkariert geben und mit dem obmann öffentliche schattengefechte führen…
      sie kommen hier rüber wie eine heulsusi und nicht wie eine starke frau…

  • criticus

    Sehr beschämend die Ausrede eines Steger, der als SVP Obmann einfach schweigt. Vom Landeshauptmann ist man es ja gewohnt. So weit sind wir schon!

  • opa1950

    Den Hauptmann und den Obmann, diese Herren kann man beide vergessen. Sie sollten sich schämen.

  • andreas

    Vom Steger habe ich nie etwas gehalten, der wurstelt sich überall irgend wie durch und steht für gar nichts.
    Aber für so beschränkt, dass er sich erst dazu äußert, wenn es bewiesen ist, hätte ich nicht mal den gehalten, das würde eher zum Senatore aus dem Pustertal passen.

  • brutus

    Lieber Herr Steger, hochgejubelter neuer Obmann…ich wähle die SVP erst wieder, wenn es bewiesen ist, das sie zu uns Südtirolern steht!

    • andreas

      Wen meinst du mit „uns Südtiroler“?

      Eine Gesellschaft hat nun mal nicht nur eine Meinung und alle dieselben Interessen.
      Und wenn du annimmst, dass dir die Politik alle Wünsche erfüllt, da du anscheinend meinst, dass deine Anliegen bzw. Interessen, die aller Südturoler sind, wirst du von allen Parteien enttäuscht werden.

      Kannst du nebenbei auch nur ein einziges stichhaltiges Argument nennen, warum die SVP nicht zu den Südtirolern steht?

    • andreas69

      Durch diese Haltung, beweist Steger ja, dass sich in der SVP nichts geändert hat. Wahrscheinlich ist der Boden des Fasses für die SVP noch nicht erreicht. Noch weiter runter mit der Zustimmung der Wähler so um die 27%, dann wird’s vielleicht wieder was…. Möglicherweise täte es der Sammelpartei gut, wieder auf die Menschen zu hören, anstatt „ihr Ding“ durchzuziehen, von dem sie glauben, dass es das richtige sei. Die Abkoppelung vom Wählerwillen nach den Wahlen ist eine Todsünde für jede politische Partei. Genau das hat die SVP getan. Der Südtiroler ist in dieser Hinsicht sehr nachtragend. Sollten keine Ergebnisse kommen, wird die SVP weiter stark an Wählerstimmen verlieren, und wenn man die derzeitige Stimmung in Rom anschaut, müssten die Volksvertreter langsam verstehen, dass mit den Rechten autonomiepolitisch nicht viel zu machen ist. Den Staatspräsident entmachten, der Exekutive mehr Macht geben, hmmmm….das hatten wir in Italien doch schon!!!

      • andreas

        Ich habe SVP gewählt und wusste, dass es so gut wie keine Alternative zu der Koalition mit den rechten Pfeifen gibt, bzw. war es die logischste Lösung.

        In der Politik geht es um Interessen und folkloristische Träumereien sehe ich nicht wirklich als zielführend an.
        Aber was solls, wir haben über 60 Regierungen überlebt und diese wird auch vorübergehen.

        • brutus

          …o ja es gab die Alternative in einem Linksbündnis! (und die hat mit Folklore gar nix am Hut)
          …diese wurde aber verschmäht, weil man der Regierungspartei die Stiefel lecken wollte!

  • pingoballino1955

    Wenn man sich als SVP mit den “ fratelli“ ins Bett legt,muss man anscheinend “ kuschen“ Herr Steger? Südtirol?????

  • asterix

    Vom Regen in die Traufe…… aber was von Steger auch anderes zu erwarten. Wie soll man dem Koalitinspartner ans Schienbein treten, wenn man in zuhause zum Machterhalt braucht. Wer mit den Wölfen geht, muss mit den Wölfen heulen, ganz einfach, Frau Unterberger. Da sind sie auf verlorenen Posten, obwohl sie sicher die Einzige in dieser Verräterpartei sind, sich wehrt. Wie kann man als SVP die Postfaschisten in die Regierung lassen? Schämt euch, ihr Volksverräter.

  • svea

    Anscheinend getrauen sich nur Frauen, sich mit den „Fratelli“ anzulegen und wenn die Frau standhaft genug ist auch Kante zu zeigen, dann ordnen sie sich ihr sogar unter. Die Tatsache, dass eine Partei, die bei jeder Gelegenheit die traditionelle Familie verteidigt, sich dann aber einer Giorgia Meloni unterordnet und sie dabei unterstützt ihre Macht auszubauen, zeigt, dass die „Fratelli“ selbst nicht an jene Werte glauben, die sie ständig propagieren.
    Genauso ist es mit ihren vermeintlichen Erfolgen: Würde Meloni selbst von ihren Erfolgen überzeugt sein, dann könnte sie sich auch darauf verlassen, dass das Wahlvolk sie und ihre Partei bei den nächsten Wahlen mit ordentlichen Stimmengewinnen belohnen würde. Lieber gehen sie auf Nummer sicher und bauen, jetzt da sie an der Macht sind, den Staat so um, dass sie bei den nächsten Wahlen, per Gesetz, einen ordentlichen Bonus einstreichen. Die Strategie ist immer dieselbe: sie sind zahm und verhandlungsbereit solange sie auf bestimmte Stimmen angewiesen sind und sobald sie ihre Macht ausgebaut haben, zeigen sie ihr wahres Gesicht.

    Ich gehöre nicht zu jenen, die von einem Freistaat Südtirol träumen und auch nicht zu jenen, die zurück zu Österreich möchten, da man das Rad der Zeit nicht zurückdrehen kann. Ich versuche aber aus der Geschichte zu lernen und das bedeutet, dass man besonders wachsam sein muss, wenn an den Grundfesten der Verfassung gerüttelt wird, denn dann geraten auch demokratische Grundprinzipien ins Wanken.
    Nationalisten, die heute einer Person den Akzent ihrer Muttersprache ankreiden, werden sich nicht scheuen, Zugeständnisse die sie früher gemacht haben, anschließend wieder rückgängig zu machen, sobald sie genug Macht haben, um auf Minderheiten nicht mehr Rücksicht nehmen zu müssen.
    Da die meisten Menschen weder Zeit noch Lust haben, sich mit Details der Verfassung zu beschäftigen, kann man nur hoffen, dass unsere Vertreter*innen im Rom, sich zusammen mit anderen Parlamentariern, als wahre Verfechter der Demokratie beweisen; denn Schutz der Demokratie bedeutet auch Minderheitenschutz.

    • indirekt

      Du hast vollkommen Recht mit deinen Einschätzungen. Leider ist zu erwarten, dass deine Mahnungen ins Leere laufen und die Demokratie in Selbstzerstörung endet, weil man inzwischen zu viele Menschen argumentativ nicht mehr erreicht, da sie in ihrer Blase unterwegs sind. Andererseits muß man auch sagen,dass wenn die Politik irre ist, man von den Bürgern nicht erwarten kann,dass sie vernünfttig und rational handeln und wenn dann der Lärm sich durchsetzt und nicht die Nüchternheit wird eine faktenbasierte Debatte verunmöglicht. Momentan klopfen eben die Politikers die öffentliche Meinung ab und dann das Populäre zu tun, anstatt das Richtige zu tun und es populär zu machen.

  • enfo

    Die letzte Frage, was sagt das über das Weltbild aus?
    Wer sind sie Herr Kofler? Der Bruder von Larkus Lanz. Darf Unterberger hier Urteile fällen von einem erhobenen Standpunkt heraus?
    Dai dai

  • ummagumma

    Die Verhaltensweise von Steger und erste recht vom LH ist beschämend und enspricht der Mentalität einer Schreiberlinge hier. Unterberger hätte längst schon aus dieser Partei austreten müssen aber man weiß ja……….gell Anderle.

  • 2xnachgedacht

    der staatspräsident entmachtet? welche macht hat er denn? repräsentation und wieder x jemand mit regierungsbildung beauftragen.

  • franz1

    Was verlangt ihr von Steger?
    Der Typ ist Partei-loyal und sunscht nix!
    Jeder Ondere der Rückgrat hot isch nit in der „Partei“ außr Schleimer!
    Mol sehen wia do Messner des mitn Dr. Köllens.. schaukelt?
    I hoff er verkaft nit seinen guten Ruf als ehemaliger Primar an die SVP wos die Sanität anbelangt

  • bettina75

    Hallo Herr Steger, Sie können jetzt getrost aus Ihrem Schildkrötenpanzer kommen.
    Die Sache werden Sie römisch aussitzen, nehme ich an.

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