„Ich bin voll einverstanden“
Nach dem Haftbefehlantrag gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu: Wie Cuno Tarfusser, früher selbst Richter am Internationalen Strafgerichtshof, den Antrag einordnet.
Tageszeitung: Herr Tarfusser, der Chefankläger des internationalen Strafgerichtshofes hat einen Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den Verteidigungsminister Joaw Gallant und drei Hamas-Führer beantragt. Wie stehen Sie zu diesem Antrag?
Cuno Tarfusser: Ich kenne die Akten nicht, weshalb ich keine näheren Ausführungen zur Sache selbst machen kann. Karim Khan, der Chefankläger, war erst kürzlich bei mir in Meran, ich kenne ihn seit 15 Jahren und weiß, dass er eine absolut integre Person ist, der sein Geschäft sowohl juristisch als auch politisch-diplomatisch versteht. Ich bin mit seinem Statement, in dem er seine Prinzipien und die Ethik ausgedrückt hat, voll einverstanden. Für mich zentral ist seine Aussage zum Schluss. Die Genfer Konventionen und die Regeln im Krieg gelten für alle und jedes Menschenleben ist gleich. Es war sogar erwartbar, dass ein Haftbefehl beantragt wird. Nicht einverstanden bin ich hingegen damit, dass Khan den Antrag angekündigt hat.
Warum?
Grundsätzlich macht man das eigentlich nicht, weil man meiner Meinung nach, damit die gesamte Richterschaft unter Druck setzt. Andererseits verstehe ich es, warum er es gemacht hat. Vor einigen Wochen haben zwölf US-Senatoren den internationalen Strafgerichtshof scharf angegriffen und bedroht. Das ist eigentlich eine Frechheit, denn die USA erkennt das Gericht nicht einmal an. Ich sehe in der Ankündigung also eine Reaktion auf diese Drohung. Er wollte damit zum Ausdruck bringen, dass er sich nicht einschüchtern lässt. Ich hoffe, dass das geeinte Europa und ich meine damit das hoffentlich geeinigte, starke Europa das aus den bevorstehenen Wahlen hervorgehen wird, ohne wenn und aber sich hinter Recht und Gesetz stellen wird.
Khan spricht in seinem Statement vom „Einsatz von Hunger als Kriegsmethode“ durch Israel. Auf welcher Basis wird eine solche Anklageerhebung gemacht?
Wie in jedem anderen Prozess anhand von Beweisen. Die Beweisführung ist auch die große Problematik. Die Art, die Glaubwürdigkeit und die Herkunft der Bweise, deren Glaubwürdigkeit, muss überprüft werden. Diese kann ich nicht bewerten, aber ich gehe davon aus, dass Karim Khan weiß, was er tut. Er ist einer der besten internationalen Strafjuristen mit denen ich zu tun hatte. Er weiß genau, was ein Beweis ist und wie man diese bewertet. Er hat von Zeugenaussagen, Videos und Dokumenten gesprochen welche Grundlage für den Antrag bilden. Im Prinzip ist es wie in jedem anderen Prozess, obwohl ich verstehe, dass dieser politisch brisant ist.
Wie geht es jetzt weiter? Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass der Antrag angenommen und ein Haftbefehl erlassen wird?
Wir müssen abwarten, was die Richter entscheiden. Sie müssen die Beweise evaluieren. Das kann noch einige Wochen dauern. Durch die Ankündigung wird aber ein großer Druck auf die Richter ausgeübt. Wenn ich seriös bleiben will, kann ich von nichts ausgehen, weil ich die Akten nicht kenne. Nachdem ich aber, wie gesagt, den Chefankläger gut kenne, kann ich mir vorstellen, dass auch die Richter ähnlich denken.
Der internationale Strafgerichtshof wird im Zuge des Antrages unter anderem von Israel und den USA stark angegriffen. Welche Auswirkungen hat das?
Die Richter stehen wie gesagt stark unter Druck. Das ist aber auch in anderen Prozessen und bei nationalen Gerichten so, wenn das Verfahre einen politischen Hintergrund hat. Das ist also kein Erstfall. Die Brisanz besteht darin, dass weder Israel noch USA als dessen größter Verbündeter das Gericht nicht anerkennt. Wichtig ist, dass das Gericht aufgrund dieses Druckes von außen nicht zurücksteckt.
Ein Hauptkritikpunkt besteht darin, dass Hamas und Israel damit auf eine Stufe gesetzt werden…
Dem widerspreche ich aufs schärfste. Nicht Israel und Hamas werden auf eine Stufe gestellt, sondern die Taten und die Leben, die auf beiden Seite, wider dem humanitären Völkerrecht, geopfert werden, werden auf eine selbe Stufe gestellt. Dass die Hamas eine terroristische Organisation ist und Israel das Recht hat, sich zu verteidigen steht auf einem ganz anderen Blatt und ist ausser Zweifel. Wir sprechen hier von der persönlichen, strafrechtlichen Verantwortung für Taten die das Völkerrecht verletzen.
Interview: Markus Rufin
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Kommentare (3)
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andreas
Netanjahu muss den Krieg am Laufen halten, denn sobald er beendet ist, wird er aus dem Amt gejagt.
Auch geht der Krieg bis mindestens zu den Wahlen im Herbst in den USA, da er auf einen Sieg Trumps hofft, welcher eine ähliche Pfeife wie er ist.
Außer Deutschland und teilweise die USA, sind eigentlich alle Staaten gegen diese ultrarechte Regierung in Israel und deshalb werden nun wohl noch mehr Staaten den Palästinenserstaat anerkennen, um Israel die Grenzen aufzuzeigen.
pingoballino1955
Andreas,da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher: Italien verneint die Anerkennung. Bis jetzt akzeptieren nur 3 Staaten,das wird den Krug nicht retten.
andreas1234567
Hallo zum Sonntag,
das Dilemma ist Folgendes.. Wenn das Urteil tatsächlich von einem „UN-Strafgerichtshof“ so gefällt wird (zur Erinnerung, die UN ist ein Staatensammelsurium wo mehrheitlich Diktatoren, halbseidene Quasidiktatoren und religiöse Gottestaaten das Sagen haben) wie würde sich Südtirol verhalten wenn der Netanyahu zu Urlaubszwecken in Südtirol verweilt?
Verhaften und nach Den Haag überstellen? Vielleicht aus Traditionsgründen in einem Viehwaggon?
Wer jetzt schluckt und erschrocken ist, diese ganze UN-Meute gehört finanziell auf 0 gesetzt, da tanzt der hochentwickelte Westen nach der Pfeife von Schrottstaaten wie Südsudan, Venezuela, den Hinrichtungsfreunden aus Saudi-Arabien und Iran und die Sahelzone mit ihren Warlords. Bei der UN haben diese Regime die gleich Stimmrechte wie die westeuropäischen Staaten, die Meinung von Nordkorea und Norwegen ist gleichgewichtig ebenso wie Saudi-Arabien und Schweden oder Iran und Italien.
Auf Wiedersehen in einer Welt wo Hausverstand und Wohlstand koalieren