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Die Evakuierung

Felsstürze in Ridnaun: Ein Hof muss bis auf Weiteres geräumt werden. 

von Erna Egger

„Dass der Hof jetzt evakuiert werden muss, kam für mich überraschend. Ich bin davon ausgegangen, dass die Bewohner im Gebäude wohnen bleiben können. Aber mir wurde nun die Anordnung von den Fachleuten schriftlich übermittelt: Dieser muss ich Folge leisten und die Verordnung ausstellen“, sagt Sebastian Helfer, Bürgermeister von Ratschings.

Seit Jahrzehnten gehen nach der Schneeschmelze und auch noch im Verlauf des Sommers unterhalb der Wetterspitze (2706 Meter) in Ridnaun in der Gemeinde Ratschings Gesteine ab.

Letzthin haben sich diese Ereignisse gehäuft und es sind massive Felsbrocken abgebrochen. Den beliebten Rad- und Wanderweg hat Helfer schon vor einigen Wochen aus Sicherheitsgründen sperren lassen.

Vergangene Woche hat der Bürgermeister zusätzlich das Amt für Geologie informiert. „Um festzustellen, ob diese Felsstürze gefährlich sind“, sagt der Bürgermeister. Die immer häufiger werdenden Abbrüche von massiven Felsbrocken hatten ihn besorgt. Zwar befindet sich in der Nähe nur ein bewohnter Hof, der laut Gefahrenkarten relativ sicher ist, aber die Felder wurden letzthin mit Steinen übersät.

Mit Geologen vom Amt für Geologie wurden am Freitag ein Lokalaugenschein und Rundflug über dem Gelände durchgeführt. Der Leiter der Forststation Ratschings, Thomas Windisch, erklärt: „Die großen Felsbrocken, die mittlerweile abgebrochen sind, haben den Schutzwald zerstört.“ Die Gesteine donnern daher immer weiter ungebremst talwärts. Eine Wiederbewaldung auf dem Schuttkegel dauert.

Am Montag wurde nochmals eine Bewertung der Lage vorgenommen. Nun steht fest: Der Hof muss aus Sicherheitsgründen evakuiert werden. Dieser wird von einer Familie – Mutter und Tochter – bewohnt.

Am Dienstag Nachmittag hat Helfer den Bescheid zugeschickt bekommen und die betroffenen Personen kontaktiert. Gemeinsam wurde abgeklärt, wo sie künftig wohnen werden.

Volkmar Mair, Direktor im Amt für Geologie und Baustoffprüfung, über die drohende Gefahr.

Tageszeitung: Herr Mair, wie stellt sich die Gefahr in Ridnaun dar?

Volkmar Mair: Wir hatten am Montag noch eine Dringlichkeitssitzung mit der Gemeinde, der Gemeindekommission für den Lawinenschutz und dem Zivilschutz. Es wurde beschlossen, dass die Bewohner eines Gebäudes evakuiert werden müssen.

Wie viele Personen betrifft es und wann müssen diese ihr Haus verlassen?

Es betrifft Mutter und Tochter. Diese wurden noch am Montag evakuiert. Anderes können wir nicht tun. Wir können nur abwarten.

Wie lange dürfen die Bewohner nicht zurück in ihr Haus?

Das können wir noch nicht sagen. Dies ist sehr schwierig einzuschätzen.

Kann es auch sein, dass diese Bürger überhaupt nicht mehr zurückkönnen?

Es gilt nun abzuwarten. Theoretisch könnte dies möglich sein.

Warum hat sich die Situation nun dermaßen zugespitzt?

Im Herbst hat sich durch die intensiven Niederschläge im bekannten Rutschungsbereich viel Wasser angestaut. Hinzu kamen die neuerlichen Niederschläge. In den Klüften ist das Wasser gefroren und wieder aufgefroren. Das Material bricht nun ab.

Wie viel Kubik ist abbruchgefährdet?

Das kann man derzeit ebenfalls nicht sagen. Man muss abwarten. Noch sind einige hundert Kubikmeter Material oben, die abbrechen könnten. Vor allem sind es massive Steinblöcke, die sich lösen könnten. Das bereits abgebrochene Material hat mittlerweile den Graben aufgefüllt. Früher hat sich in diesem tief eingeschnittenen Kanal das Gestein abgelagert. Weil dieser nun voll ist, kann man nicht simulieren, auf welcher Seite die Gesteine nun effektiv abgehen. Einige massive Blöcke sind jetzt schon in der Nähe der Höfe abgegangen. Daher muss man von schlimmeren Situationen ausgehen.

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