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Urlaub im Kosovo

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Im Prozess zur mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung in Gröden will die Verteidigung ein bedingtes verkürztes Verfahren beantragen. Das mutmaßliche Opfer soll erneut im Gerichtssaal angehört werden, die Staatsanwaltschaft ist dagegen.

von Thomas Vikoler

Dass die drei Angeklagten, drei junge Kosovaren im Alter zwischen 22 und 27 Jahren Anspruch auf ein verkürztes Verfahren (und damit ein Drittel Strafnachlass) haben, daran besteht inzwischen kein Zweifel.

Die Staatsanwaltschaft hat die Anklage, wie in der vorangegangenen Verhandlung angekündigt, inzwischen abgeändert bzw. verschärft. Sie geht nun vom erschwerenden Umstand der verminderten Abwehrfähigkeit des Opfers aus. Es handelt sich um eine 23-jährige Touristin aus Finnland, die Strafanzeige gegen die drei Männer erstattet hat, mit denen sie die Nacht auf den 19. Jänner 2023 zwischen einer Diskothek in Wolkenstein und einem Hotel unterhalb des Panider Sattels verbracht hatte.

Doch die abgeänderte Anklage konnte nicht allen Angeklagten zugestellt werden, weshalb die gestrige Verhandlung auf den 27. Mai verschoben werden musste. Zwei von ihnen – sie sind in Hotels in Gröden Tal angestellt – verbrachten zuletzt einen Urlaub bei ihren Familien im Kosovo. Die Zustellung des Landesgerichts erreichte sie deshalb nicht. Wie ihre Anwälte betonen, sind die beiden Angeklagten inzwischen nach Südtirol zurückgekehrt, sie hätten also nicht die Absicht zu flüchten und sich der italienischen Justiz zu entziehen.

Die drei Tatverdächtigen waren nach der Anzeige der Frau verhaftet und ins Trienter Gefängnis gebracht worden, später wurden sie in den Hausarrest – mit Arbeitserlaubnis – überstellt. Inzwischen sind sie auf freiem Fuß.

Die Strategie ihrer Verteidiger ist folgende: Auf der nächsten Verhandlung einen Antrag auf ein verkürztes Verfahren einbringen – allerdings mit der Bedingung der Anhörung von drei oder vier Zeugen.

„Es gibt viele Unstimmigkeiten, die im Gerichtssaal aufgeklärt werden müssen, bevor es zu einem Urteilsspruch kommt“, sagt der Anwalt Federico Fava, der einen der drei Angeklagten vertritt. Er nennt ein Beispiel: Laut Protokoll der Aussage des mutmaßlichen Opfers im Mai 2023 im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens am Landesgericht wurde sie von einem der Männer in das Hotel unterhalb des Panider Sattels „hineingezogen“.

Die Aufnahmen der Überwachungskameras zeigten etwas anderes: Die Frau betritt das Hotel Hand in Hand mit einem der Tatverdächtigen und verlässt es mit dem Handy in der Hand.

Deshalb fordert die Verteidigung, dass die in Stockholm lebende Frau noch einmal im Gerichtssaal angehört wird – und nicht etwa über eine Online-Schaltung. Die Staatsanwaltschaft ist gegen die erneute Einvernahme und verweist auf das Ergebnis eines abgeschlossenen Beweissicherungsverfahrens.

Weiters wird die Verteidigung am 27. Mai die Bedingung zum verkürzten Verfahren vorbringen, dass ein Gerichtsgutachter ernannt wird, der die Akten zur Untersuchung des Opfers im Bozner Krankenhaus analysieren soll.

Am Ende muss das Gericht unter Vorsitz von Stefan Tappeiner entscheiden, ob es die Bedingungen annimmt oder nicht. Ein verkürztes Verfahren wird es auf jedem Fall geben.

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