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„Falsche Richtung“

Europäischer Mindestlohn, günstige Elektromobilität, Europaticket für Öffis: Die Grüne Brigitte Foppa formuliert ihre Schwerpunkte für die europäischen Parlamentswahlen und kritisiert die bestehende EU-Politik.

von Christian Frank

Ihre Augen sind schon nach Brüssel gerichtet, die Begeisterung ist ihr förmlich ins Gesicht geschrieben. Nach anfänglichen Vorbehalten der Grünen, einen Kandidaten zu nennen, zeigt sich Brigitte Foppa nun umso bestimmter, für das Bündnis Aleanza Verdi-Sinistra für das Europaparlament zu kandidieren.

„Ich habe in den letzten Wochen so vieles über die Strukturen und Inhalte der Europäischen Union gelernt. Es ist wahnsinnig umfassend, doch genauso interessant“, schwärmt Foppa und verleiht mit ihrem Enthusiasmus den engen Räumlichkeiten des Grünen Büros in der Bindergasse einen Hauch von Brüssel. Der Südtiroler Landtag scheint für die Grünen-Fraktionsvorsitzende bereits allmählich im Rückspiegel zu sein. Mit viel Euphorie und auch Kritik stellt sie die programmatischen Schwerpunkte für Europa vor, und diese zeigen: Foppa bleibt den Prinzipien der Grünen treu, doch ihr politisches Selbstverständnis wandelt über die Charakterisierung einer Umweltpartei hinaus. „Wir sind mehr als nur eine Umweltpartei für Natur“, proklamiert die 55-Jährige und ihre Anliegen auch sozial verankert: „Nur eine soziale, bezahlbare Klimapolitik ist eine tragfähige Klimapolitik.“ In diesem Sinne führt sie die bisherigen Verfehlungen in den politischen Bemühungen der EU im Agrarsektor auf.

„Die Europäische Agrarpolitik zeigt, was die falsche Richtung ausmacht“, lamentiert Foppa. Täglich müssen rund 1.000 Bauernbetriebe schließen, so die Grünenpolitikerin. Das Einkommen von Bauern und Bäuerinnen sei in den letzten 20 Jahren um 46 Prozent gesunken. Grund für diese Missstände sieht Foppa in der unverhältnismäßigen Verteilung der EU-Gelder: „80 Prozent der Gelder fließen an 20 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe.“ Bei diesen handelt es sich, so Foppa, um landwirtschaftliche Großbetriebe. In Zuge dessen kritisiert sie auch Landsmann und EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann. Dorfmann habe den politischen Fokus zu sehr auf die Landwirtschaft reduziert und dabei auch noch eine solche Ungerechtigkeit geschehen lassen. Foppa findet, dass der Schritt einer gerechteren Verteilung der Subventionen zu einer ökologischeren Agrarpolitik führen wird.

Dahingehend betont sie mit Zugzwang die Wichtigkeit des Green Deals und des Social Deals. „Europa soll bis 2040 klimaneutral sein, das ist eine relativ kurze Zeit und dennoch handeln viele in der Politik weiter wie bisher“, bemängelt Foppa. Um der Energiewende für das gesetzte Datum realistische Voraussetzungen zu verschaffen, zieht die EU-Kandidatin vorangehende Fristen: Kohleausstieg bis 2030, Ausstieg aus fossilem Gas und Öl bis 2035. Des Weiteren soll die Förderung nachhaltiger Energiequellen den fossilen Brennstoffen den Gar ausmachen und geopolitische Abhängigkeiten vermeiden. Großer Kritikpunkt Foppas liegt auf dem Individualverkehr, dem sie unter anderem mit der Forderung eines EU-Klimatickets für Öffis (ganz nach österreichischem Vorbild) entgegenwirken will.

Dem Selbstanspruch, mehr als nur eine Umweltpartei zu sein, gerecht zu werden, fordert Foppa umfassende Absicherungen für Menschen aus allen sozialen Milieus. Das beinhaltet einen europäischen Mindestlohn, Rechtsschutz von LGBTQIA+ und die Gleichstellung der Frau.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (30)

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  • artimar

    Fordern und wünschen kann jede. Im Landtag, im Europaparlament. Mal schauen, ob das so klappt.

    • rumer

      Die Grünen sollten sich mal folgendes überlegen:
      Im Biolandbau sinken die Erträge auf die Hälfte. Die fehlenden Lebensmittel kommen dann aus Indonesien und Südamerika, aus Gebieten, in denen Regenwald gerodet (abgebrannt) wird.
      Stellt Europa 100ha von konventionell auf Bio um, brennen 20-30 ha Regenwald!

  • steve

    Deutschland hat unter der Regierung Merkel das Pariser Klimaschutzabkommen unterzeichnet, das klare Verpflichtungen enthält.
    Jetzt wird von der Cdu/Csu so getan als wären die Maßnahmen komplett aus der Welt, obwohl sie die Energiepreise stabilisiert haben.
    Überhaupt wird von schwarzen Kreisen in Deutschland eine kindische Kampagne betrieben:“Wenn ich nicht regieren darf dann bin ich beleidigt und schlag um mich!“ ( genau wie Summer!)

    Die Grünen sind weit besser als ihr Ruf und versuchen Probleme anzugehn statt zu Schwafeln wie der beleidigte Merz!

    • artimar

      @steve, das mag für die BRD gelten. In Südtirol verwechseln in ihrer Wahrnehmung aufgrund der Mediennutzung von ARD und ZDF viele „Verdi – Alto Adige“ mit den politischen Grünen in der BRD, die tatsächlich einen Umbau angeschoben haben – auch wenn bei der Umsetzung Fehler passiert sind.

    • andreas

      Habecks Heizungsgesetz hat zu einen Rekordwert beim Verkauf von Gasheizungen geführt.
      https://www.fr.de/wirtschaft/heizungsgesetz-waermewende-oelheizung-gasheizung-pellets-waermewende-habeck-gebaeudeenergiegesetz-zr-92840729.html#:~:text=Nach%20einem%20Rückgang%20im%20Jahre,gegenüber%20dem%20Vorjahr%20auf%20112.500.

      Die Grünen sind nicht besser als ihr Ruf, denn recht viel ungeschickter und das ist noch sehr wohlwollend ausgedrückt, kann man sich eigentlich nicht verhalten.
      Schon dass sie von der Bevölkerung den Einbau einer Wärmepumpe verlangen, in ihrer Parteizentrale aber bisher 5 Millionen investiert haben und sie die Wärmepumpe nach 5 Jahren immer nocht nicht installiert haben zeigt, dass sie weltfremde Träumer sind.

      • steve

        In den skandinavischen Ländern und in Japan werden fast ausschließlich Wärmepumpen verbaut, Länder die als besonders industrialisiert und fortschrittlich gelten.

        Das Leben ist ein Kreis -Andreas kommt wieder ins Trotzalter! 😉

      • artimar

        @Andreas, stimmt es braucht Pragmatismus.
        In der BRD hatte es zuerst unter Kohl, dann unter Merkel keinerlei Reformen (Reform-Stau), kaum bis gar keine zukunftsorientierte Investitionen…
        Ist das etwa die Lösung auf die drängenden Herausforderungen?

        • andreas

          Kohl hatte die Wiedervereinigung zu stemmen, welche die Deutschen in den 90gern verständlicherweise zum Sorgenkind Europas gemacht hat.
          Schröder hat Reformen umgesetzt und die Merkel hat die Deutschen durch die Lehman- und Griechenlandkrise geführt und sie zur Lokomotive Europas gemacht.

          Deutschland ist ein Industrieland mit einigen Weltmarktführern und ist auf günstige Energie angewiesen.
          Es können nun mal nicht alle, wie von den Grünen vorgelebt, Studienabbrecher sein und in Politik oder sozialen Berufen unterkommen.

          Natürlich kann man, wie die Grünen vorhaben, die Schwerindustrie aus dem Land vertreiben, nur ist das volkswirtschaftlich nicht wirklich zielführend.

          • steve

            Wie oft werd ich dir noch schreiben müssen, dass Merkel D von russischem Gas abhängig gemacht hat, das jetzt teuer ist!
            Erneuerbare machen den Strom billig!
            Heute Mittagszeit D -36€/MWh Italien über 70€.
            In D kriegst du heute über Mittag bezahlt wenn du Strom verbrauchst dank Erneuerbarer!

          • andreas

            @steve
            Ich tendiere eher dazu den Aussagen in Interviews der CEOs der Chemie- und Stahlindustrie zu glauben als dir.
            Habe nun mal keine naive und sozialromantische Ader wie du.

            Ohne dem billigen Gas hätte Deutschland nicht annähernd diese
            wirtschaftliche Stärke erreicht, war also kein Fehler, sondern eine pragmatische Entscheidung.

          • steve

            @andreas Gas ist halt nun mal nicht mehr billig!
            Schuld der Grünen ist es nicht!
            Sozialromantisch ist höchstens dein Wunsch Putin zu befrieden!

          • artimar

            Kohl (1982 bis 1998), Merkel auch 16 Jahre. Fehlende Investitionen in Schulen, öffentliche Infrastruktur, Bahn, Straßen, Brücken, digitalen Umbau und … – und das trotz Bundesschatzscheine mit Minuszinsen – das gehört auch zu deren Bilanz.
            Dass das die Ampel-Regierung in nur einer Legislaturperiode nun alles und gleich, zudem unter den derzeitigen (internationalen) Bedingungen schafft, konnte/kann wohl nicht erwarten werden.

          • steve

            Ja billiger als die eigenen Fehler anderen vorzuwerfen kann man Oppositiinsarbeit nicht geatalten!

      • jorge

        @andreas
        Du verdrehst, die Maßnahmen, die eigentlich gut und zukunftweisend sind, wenn sie nicht von deinen politischen Freunde kommen, so nach deinem Belieben ins Schlechte, damit sie nach außen nun einmal schlecht erscheinen sollten. Das ist hintertückisch, boshaft und verlogen.

  • andreas

    Schon wenn sie einen „europäischen“ Mindestlohn“ fordert zeigt, dass ihr der Realitätssinn fehlt.
    Wie sollte denn das bewerkstelligt werden, mit diesen unterschiedlichen BIP/pro Kopf?

    Den Ausstieg aus Gas/Öl/Kohle zu fordern ist ja in Ordnung, diese Träumer sollten aber dazu verpflichtet werden ein tragbares Konzept vorzulegen, wie die Netzstabilität gewährleistet werden kann.
    Ein paar Wochen trübes Wetter und wenig Wind und ein Staat steht still.
    Französicher Atomstrom ist nicht die Lösung, da diese offensichtlich die Anlagen nicht anständig warten und teilweise zu wenig Wasser zur Kühlung haben.

    Europa wird von den Großmächten USA und China immer weniger ernst genommen, auch wenn wir den größten zusammengeschlossenen Wirtschaftsraum haben.
    Europa gab mal die Standards vor, nun linken uns Onkel Sam und China wo es geht, mit Elementen wie der v.d.Leyen, wird sich das aber nicht ändern.

    Die Übermacht Chinas werden die Deutschen am meisten spüren, denn ihre Autoindustrie hat sich vom chinesischen Markt abhängig gemacht und da chinesiche Hersteller bei Elektroautos weit besser sind als VW oder Mercedes, werden diese Konzerne untergehen, eine Frage der Zeit.
    Die USA plant Einfuhrzölle für chinesische Elektrokarren von 100%, geht also auf Konfrontation mit China, die EU wird aus Rücksicht auf die Deutschen, bzw. die werden immer dagegen stimmen, aber gar nichts machen.

    Das Dümmste, was derzeit international durch die Gegend fliegt, ist diese Grüne, welche deutsche Außenministerin ist und teilweise 11.000 Euro monatlich für Friseure und Visagisten zur Restaurierung ausgibt und die wäre nicht mal so alt.
    Und den größten Schwachsinn in Deutschland, das Heizungsgesetz, hat der Grüne Kinderbuchautor verbrochen.

    Grüne können es nicht.

    • foerschtna

      Andreas, genau so ist es. Die Grünen haben von Wirtschaft null Ahnung. Ist allerdings auch kein Wunder, wenn man sich ihr politisches Personal ansieht. Die grüne Fraktion im deutschen Bundestag hat im Verhältnis am meisten Berufspolitiker, Studenten und Studienabbrecher, d.h. Personen, die ihr Lebtag nie gearbeitet haben, anderen aber vorschreiben wollen, wie sie zu arbeiten und zu leben haben.

    • jorge

      Du kannst es auch nicht, du verlogener Mensch, uns mit deinen Schlechtmachereien zu überzeugen. Meinst wohl mit deinen einseitigen Darlegungen und gemeinsam mit “ Onkel Sam und China“ uns Europäern Entwicklungshilfe geben zu müssen.

  • brutus

    Foppa und die Grünen haben nicht verstanden, dass Bauern nicht auf Subventionen angewiesen sein wollen!

    • andreas

      Die Produktionskosten der mittleren und kleinen Bauern sind in Europa zu hoch und sie können nicht mit den Marktpreisen aus dem Osten oder Süd- oder Nordamerika mithalten, die Subventionen sichern ihnen einigermaßen ein Einkommen.

      Entweder man erhöht massiv die Zölle, was zu einer Gegenreaktion der anderen Länder bei anderen Artikeln führen würde, nicht sonderlich klug, da Europa auch exportiert oder man subventioniert halt die Bauern, welche dafür dankbar sein sollten und sich das Rumjammern sparen könnten.

      Möchte mal sehen wie Südtirols Obstbauern oder Speckhersteller reagieren würden, wenn andere Länder Zölle auf Äpfel, Wein und Speck einführen würden, um die eigenen Produzenten zu schützen.

    • ostern

      @Brutus
      So ein Schwachsinn, lebst du auf dem Mond? Soviel Subventionen und steuerliche Vorteile hat niemand, ausser die Bauern in Südtirol. Im restlichen Italien zahlen die Bauern ICI wie jeder andere Bürger. Das ist nur EIN Beispiel wie südtiroler Bauern bevorzugt werden.Von einer Einkommenssteuer (Irpef) reden wir schon gar nicht.

      • rumer

        @ostern
        schreib doch keinen Schwachsinn! Das genaue Gegenteil ist der Fall:
        im Rest von Italien zahlen die Bauern KEINE ICI bzw. IMU auch nicht auf Agriturismo.
        Nur in Südtirol zahlen die Bauern IMU für Urlaub auf dem Bauernhof usw. (außer natürlich auf die Erstwohnung).
        Hat sich mal eine Kuh in dein Gehirn erleichtert oder warum schreibst du immer Lügen über die Landwirtschaft?

      • hermannh

        ostern: Großteil der Steuergesetze sind nationale Gesetze und nicht Südtiroler.

        Die italienischen Betriebe sind zudem zum Großteil größer als bei uns, in ähnlich strukturierten Gebieten wie Südtirol liegen viele Höfe brach, so schlecht scheint Südtirols Politik also nicht zu sein…

        Es ist Zeit, dass mit der Bauernhetze aus Unwissenheit aufgehört wird!

  • placeboeffekt

    Im Grunde sind die Grünen eine Tragödie.

    Gestartet sind sie mit hehren Absichten die Welt zu retten.

    ausgestattet mit naiven Vorstellungen, dass in der Kommune ein einfaches und vom bösen Erwerbsleben und Kapitalismus unabhängiges Dasein möglich sei.

    wenn man denn nur bereit ist, Verzicht zu üben und sich nur noch im Einklang der Natur den wirklich wichtigen Lebensfragen hingibt.

    Wenn man dann endlich an der Macht ist, kommt das böse Erwachen.

    umzingelt von der Realität, merkt man dass das grüne Paradies unfassbar teuer ist, nicht wirklich dem Klima hilft und das eigene Volk und der Rest der Welt sich starrköpfig dem entgegen stellt.

    Es muss schon sehr schmerzhaft sein, wenn man so langsam erkennen muss, dass die eigene Ideologie irgendwie mit der Realität übers Kreuz kommt, sich einfache Konzepte nicht einfach so auf ganze Volkswirtschaften und schon gar nicht auf die Welt übertragen lassen, dass das ganze einige Nummern zu groß ist und man vielleicht doch nicht die einzig richtige Wahrheit besitzt.

    Falls diese Erkenntnis jemals in die Grünen Köpfe durchdringt.

    • jorge

      Falls es jemals in die Köpfe von ‚placeboefekt‘ und co. eingeht, dass gerade sie es sind, die unsere Erde kaputt machen und genau das verursachen, was er den Grünen andichtet.

  • karel

    Diese Konstellation von Linken und Grünen ist wackelig, laut Prognosen, wenn die Liste die Sperrklausel erreicht, geht man davon aus, dass Mimmo Lucano in Süden, Leoluca Orlando in den Inseln, Ignazio Marino im Zentrum und Ilaria Salis im Nord-Westen den Einzug im Europarlament erreichen. Wenn unsere südtiroler Kandidatin es schaffen würde, schwierig im Wahlkreis Nord Osten (außer in Südtirol sind die Grünen nur in der Emilia stark), wird es wahrscheinlich keine gemeinsame Gruppe in EU Parlament geben, die einen werden zu den Linken gehen und vielleicht zwei zu den Grünen.

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