„Trend zur Spiritualität“
Auch heuer findet die Männer-Nachtwallfahrt von Brixen nach Neustift statt, die sich immer größeren Zuspruchs erfreut. Das Pilgern und Wallfahren ist zum Trend geworden. Wie die Katholische Männerbewegung darauf reagiert.
von Erna Egger
Georg Oberrauch ist ein passionierter Pilger und Wallfahrer: Ob er sich mit der Familie, nur mit Männern oder Jugendlichen auf den Weg macht – das ist für ihn nicht ausschlaggebend.
Dem Vorsitzenden der Katholischen Männerbewegung ist daher auch die Nachtwallfahrt nach Neustift ein besonderes Anliegen: Vor 37 Jahren fand die große Nachtwallfahrt zum ersten Mal statt. Es ist eine historisch gewachsene reine Männerwallfahrt: „Es gibt sowohl das Bedürfnis der Männer, nur mal als Männer auf einer Wallfahrt unterwegs zu sein, als auch bei Frauen, die unter sich bleiben wollen“, kommentiert Oberrauch.
Im vergangenen Jahr 2023 kamen trotz des wechselhaften Wetters rund 300 Männer aus allen Landesteilen nach Brixen und zogen vom Bischöflichen Institut Vinzentinum über die Auenhausbrücke, den Weinbergweg und den Hartmannweg nach Neustift. „Betend, schweigend und singend drücken wir aus, was christliche Gemeinschaft im Grunde zeigen will: dass der Mensch nicht alleine durchs Leben stolpert, sondern auf seinem Weg von sichtbaren Freunden und dem unsichtbaren Gott begleitet wird“, so Oberrauch.
Auch heuer lädt die Katholische Männerbewegung kmb am 13. Mai wieder zur Männer-Nachtwallfahrt. „Sofern schönes Wetter herrscht, rechnen wir durchaus mit Zahlen nach oben“, sagt Oberrauch.
Startpunkt ist um 21.00 Uhr beim Vinzentinum. Gemeinsam feiern die Männer nach Ankunft in der Stiftskirche von Kloster Neustift gegen 22.00 Uhr unter dem Vorsitz von Peter Kocevar einen Gottesdienst und setzen sich mit dem Frieden auseinander.
Die Nachtwallfahrt steht unter dem Motto „Habt Mut mitten in der Welt: damit ihr Frieden habt!“ Impulsfragen am Rand des Wallfahrtsweges laden zur stillen Auseinandersetzung mit dem Thema Frieden ein.
Wie Oberrauch feststellt, erfahren Wallfahrten immer größeren Zuspruch. „Es kommen sowohl Ältere als auch Jüngere“, sagt er.
Wallfahren und Pilgern sei mittlerweile ein Bedürfnis von Menschen, die auch abseits der Kirche ein religiöses Leben führen. „Wallfahrten sind eine historisch gewachsene Form von Spiritualität: Als Dank oder Bitte wird bewusst zu einem Wallfahrtsort gepilgert, dabei entsteht eine eigene Spiritualität“, sagt Oberrauch.
Betrachtet man den Jakobsweg, kann man fast von einem „Modetrend sprechen“, sagt Oberrauch.
Die Männerbewegung geht mit dem Trend mit. Sie hat letzthin eine Pilgergemeinschaft gegründet, die sich großen Zuspruchs erfreut. Die einzelnen Mitglieder sind unter anderem in mehreren Etappen von Bozen zum Endpunkt des Jakobweges, nach Santiago de Compostela, die Hauptstadt der nordwestspanischen Region Galicien gepilgert.
Andere sind jedes Jahr mehrere Wochen als Pilger unterwegs.
Diese Pilgergemeinschaft hat sich zur Aufgabe gemacht, die Pilgerwege in Südtirol besser zu beschriften und beschildern und Unterkünfte für die Pilger zu kommunizieren, damit diese auf ihrem Weg nicht lange nach Unterkünften suchen müssen. „Es gibt den Jakobsweg durch Südtirol und vielzählige Besinnungswege: Der Pilgerweg des Seligen Heinrich führt beispielsweise von der Heinrichskirche in Bozen bis nach Treviso, wo der Selige Heinrich verstorben ist. Jährlich begehen Fuß- und Radpilger diesen Weg“, schildert Oberrauch.
Zusätzlich läuft zurzeit eine Pilgerbegleiterausbildung, organisiert von der Männerbewegung und dem Zentrum Tau. Die Ausbildung ist ausgebucht: „Aufgrund der starken Anfrage und dem beeindruckenden Interesse an der Fachausbildung wurde die Anzahl der Teilnehmer von 20 auf 22 erhöht, mehr war technisch nicht möglich“, so Oberrauch. Diese werden künftig ein Angebot für Südtiroler Pilger erstellen und Gruppen begleiten.
Einer der größten Pilgermärsche in Südtirol mit bis zu 1.000 Teilnehmern ist die Wallfahrt der Ladiner: Alle drei Jahre ziehen die Pilger aus den zwölf Pfarreien des Gadertales zu Fuß über die Jöcher nach Villnöß. Frühmorgens am darauffolgenden Tag marschiert die Prozession, ausschließlich Männer, betend weiter bis nach Klausen ins Kloster Säben. Am dritten Tag wird der beschwerliche Heimweg angetreten. Aufgrund Corona wurde die Wallfahrt zuletzt vom Jahr 2021 auf das Jahr 2022 verschoben.
Um wieder zum bisherigen Dreijahresrhythmus zurückzukehren, wird sie heuer nach nur zwei Jahren, von 6. bis 8. Juni 2024, stattfinden.
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