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Wink mit dem Zaunpfahl

Mit ihrer Aktion gegen JWA will die SVP ihr schlechtes Gewissen beruhigen. Und ihren rechten Partnern zeigen, dass es auch alternative Mehrheiten im Landtag gibt, wenn …

von Matthias Kofler

Jürgen Wirth Anderlan wäre nicht JWA, wenn er nicht Katz und Maus mit den Medien, seinen politischen Kollegen und seinen Wählern spielen könnte. Gestern Nachmittag hat der Abgeordnete einen Status auf WhatsApp gepostet, den manche Mitglieder des Landtags bereits als Rücktrittsankündigung interpretiert hatten. „Ich werde heute zurück-treten“, schrieb Anderlan.

Doch wer dachte, der Kalterer würde sich nach den Protesten gegen seine Wien-Rede einsichtig zeigen, sah sich getäuscht. JWA legte in einem Pamphlet, im dem er gegen die „Systemparteien und -medien“ wetterte, noch einmal nach. JWA ist nicht zurückgetreten, sondern er hat zurückgetreten!

Ein Großteil seiner Coolness und seines Wortwitzes ist wohl aufgesetzt. Jene, die den Ex-Schützenchef besser kennen, wissen, dass die heftige Kritik, die in den letzten Tagen auf ihn eingeprasselt ist, nicht spurlos an ihm und seiner Familie vorübergegangen ist. Im Gegenteil.

Die neue Landesregierung, seit knapp 100 Tagen im Amt, ist peinlich berührt, weil sie noch kein Rezept gegen den rechten Provokateur gefunden hat. Die 5er-Koalition ist außerstande, in den trivialsten Fragen auf einen grünen Nenner zu kommen, wie am Dienstag bei der Aktion auf dem Magnago-Platz eindrucksvoll zu sehen war. Fakt ist: In weltanschaulichen Fragen trennen SVP und La Civica von den Freiheitlichen, den Fratelli d’Italia und der Lega Welten. Und die eine Hand will nicht so recht wissen, was die andere tut.

Während die SVP symbolisch „rote Linien“ gegen Hass und Hetze zieht, glänzen die rechten Partner mit Abwesenheit. „Ich bin für die freie Meinungsäußerung und überzeugt, dass die Demokratie auch überspitzte Formulierungen aushält“, begründet Ulli Mair ihre Abwesenheit. Und fügt hinzu: „Im Ernstfall liegt die Entscheidung beim Rechtsstaat.“ Auf der gleichen Linie liegt ihr Ex-Kollege Andreas Leiter Reber, der der rechten Mehrheit inzwischen den Rücken gekehrt hat. „Ich stelle mich nicht neben eine moralinsaure SVP, die mit dem Finger auf JWA zeigt und zugleich mit Melonis Jüngern Händchen hält.“ Der „Freie“ Mandatar glaubt, dass JWA von der Aktion vor dem Landtag profitiert hat, weil über ihn berichtet wird. Die demokratiepolitischen Defizite und politischen Versäumnisse in Südtirol würden dagegen in den Hintergrund treten.

Mit der klaren Abgrenzung gegen den rechten Schaumschläger will die „neue“ SVP ihr Profil schärfen – und das Gewissen beruhigen, das während der Koalitionsverhandlungen in Mitleidenschaft gezogen wurde. Rosmarie Pamer und Co. nutzen die Gelegenheit, gegen rechts zu demonstrieren, nachdem im Dezember die Bürger noch gegen ihre Koalition auf die Straße gegangen waren. Beim Gruppenfoto vor dem Landtag wurde deutlich, dass sich viele Edelweißler in der Gesellschaft von Grünen, PD und Team K viel wohler fühlen – weil sie sich für nichts rechtfertigen müssen. „Das ist der versteckte Untertitel des Bildes“, sagt Brigitte Foppa mit einem Augenzwinkern. Wie schon in der letzten Legislatur schäme man sich für die Partner und kommuniziere kaum miteinander. Der Schwenk der SVP nach rechts war pragmatisch und opportunistisch motiviert. LH Arno Kompatscher erhofft sich Fortschritte beim Autonomieausbau und die Fortführung der bisherigen Verwaltungstätigkeit. Mit Brigitte Foppa oder Maria Elisabeth Rieder wäre das Regieren schwieriger, obwohl man in den Grundwerten näher beieinanderliegt als mit Ulli Mair oder Marco Galateo.

Die „Rote-Linie“-Aktion am Magnago-Platz war ein Wink mit dem Zaunpfahl: Die SVP signalisiert, dass es notfalls auch eine andere, „manierlichere“ Mehrheit geben würde. Neuwahlen sind in weite Ferne gerückt.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (25)

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  • criticus

    Frau Pamer und Co, Freiheitliche, Grüne, Team K und PD, wann steht ihr hinter der roten Linie für die teuersten Strompreise Europas, für die Wohnungsnot, zu hohe Politikerlöhne, Rentenerhöhungen, Umwelt, leere Wobi-Wohnungen, sofortige Auszahlung der Abfertigung für Landesangestellte, zu lange Wartezeiten für Landesbeiträge, usw? Zuviel bla, bla, bla und keine Lösungen, oder? Euer Verhalten fördert leider weitere JWAnderlans!

    • heracleummantegazziani

      Whataboutismus in Reinkultur. JWA kommt gerade dieses Verhalten entgegen, wenn man seinen peinlichen Ausrutschern nicht entgegentritt, kann er munter weitermachen und die Latte immer höher legen. Als Nächstes wird er dann Bücher verbrennen.

      • rumer

        @hera
        geht euch Linksgrün-Verhunzten der Hintern auf Grundeis?
        Wo bleibt eure immer geforderte Toleranz?
        Ach so, tolerant nur gegenüber dem Islam und den Wölfen.

        • heracleummantegazziani

          Grün ist sicherlich eine schönere Farbe als Braun Mörl-Bauer. Diese Tönung überlasse ich Ihnen. Befassen Sie sich doch mit dem Popper-Paradoxon bezüglich Toleranz, vielleicht hilft Ihnen das weiter. Vorausgesetzt Sie verstehen es, was bei einer Karikatur eines Mitläufers aus der Zeit zwischen 1933 und 1945, wie Sie es sind, nicht unbedingt garantiert ist.
          Es ist bezeichnend für Ihren kranken Geist, dass Sie die Sager JWAs laufend verteidigen.

    • netzexperte

      alles was rechtlich irrelevant ist, fällt unter freie Meinungsäußerung. Und das sollte von allen tolleriert werden – denn DAS ist Demokratie. Wenn schon, antwortet man darauf rethorisch (und das stellt bei den meisten wohl das größte Problem dar) und nicht mit so einer Kindergartenreifen rote-Linie-Aktion. Es folgen persönliche Angriffe (hier im Forum sowieso) und jetzt wird sogar seine Familie „angegriffen“ um den Druck auf ihn zu erhöhen. Unterste Schublade, wie vielleicht auch einzelne Passagen seiner Rede in Wien, selbes Niveau. Und genau die meinen, man müsse Zeichen setzen. Nein, in Südtirol muss keiner Zeichen setzen gegen Aussagen eines Einzelnen – das muss man nur, wenn man von eigenen Defiziten ablenken muss oder sonst nichts hat, um das man sich kümmern kann oder will.

      • andreas

        Und warum meinst du die Spielregeln des Widerspruchs festlegen zu können?

        Es ist nebenbei duchaus legitim ihn verbal oder durch solche Aktionen, auch wenn ich sie lächerlich finde, anzugreifen, die Familie natürlich auf keinen Fall.
        Wobei im Artikel nicht steht, dass die Familien angegriffen wurde, nur dass es ihr zusetzt, was bei solchen Aussagen von ihm aber selbstverschuldet ist.

    • franz19

      Hat die SVP auch eine rote Linie gezogen mit all seinen Skandale…?

    • artimar

      Wie sind denn die konkreten Lösungsvorschläge des JWA dazu? Ihre?

  • andreas

    „…neben eine moralinsaure SVP,..“
    Da wollte wohl der 0 Euro Bauer Leiter Reber, welcher offenbar solidarisch mit dem 0 Euro Bauer Anderlan ist oder der rechte Hofberichterstatter Kofler, mit einem Wort glänzen, welches wohl viele googeln müssen.

    Für Knoll ist Diffamierung Politik, für Anderlan rechtsradikales Geschwafel und für Köllensperger Petitionen.

    Wird werden wohl akzeptieren müssen, dass wir als Volk nicht schlauer sind, da die Politioker ein Querschnitt der Bevölkerung sind, also was solls, wir haben wohl keine besseren. 🙂

  • morgenstern

    Nur wer Angst vor der Demokratie stellt sich hinter der roten Linie. Eine echte Demokratie hält nämlich solche „Schaumschläger“ problemlos aus. Freiheit für JWA !!!

  • pingoballino1955

    Die SVP hat sich verzockt ,das merkt man jetzt schon nach 100 Tagen.bewiesen ist,die herangekarrten fratelli und die Mair mit ihren Freiheiltichen wissen auch nicht wo sie stehen DÜRFEN gegen die Svp.Chaos perfekt! So passieren die politischen grossen Fehler ,wenn man sich als SVP RECHTS UND ULTRARECHTS ins sinkende Boot holt!

  • opa1950

    Diese Landesregierung ist wie sie momentan ist überhaupt nicht tragbar.Ihr wäre ein Rücktritt wärmstens zu empfehlen.

  • hoi_du

    … bin immer noch der Meinung, dass die svp längst die rote Linie überschritten hat … liest man den vom LH eingebrachten Gesetzesentwurf, so stolpert man immer wieder über das Wort „kann“ mit welchem sich immer mehr Ermessensspielraum anstatt klarer regeln gesichert wird … ebenso enthält es Passage wo sich das Land rückwirkend kostenlos privates Eigentum aneignen möchte … ebenso mit dem Gesetzentwurf bzgl. Nutzungsgüter, auch hier kostenlose Enteignung von Eigentum … wäre hier ein Wink mit dem Zaunpfahl nicht schon lange überfällig? Und eine Erinnerung an die Verfassung würde auch nicht schaden …

  • nochasupergscheiter

    Wegen der 0 Euro… Bauern…
    Das wird schon system svp sein dass alle Bauernhöfe nicht angegeben werden müssen weil unsere svp Exponenten vielleicht derer genug haben und das sonst blöd ausschaut…
    Nicht umsonst sind viele lohnelemente bei der vorgeschriebenen Veröffentlichung der löhne der hohen landesbeamten auch nicht auf der Liste, sonst würden unser aller Augen noch grösser werden

  • artimar

    Mit Ersatz- und Symbolhandlungen gegen Grenzüberschreitungen eines JWA, Galateos … kann es doch nicht getan sein.
    Ansonsten verkommt „Zeichnen setzen“ zu inflationären Reflexhandlungen. Gegen das Tandem aus Dummheit und Gewalt sind Handlungsfähigkeit und freier Wahl des Subjekts, eine Architektur von Komplexität das beste Antidot.
    Es gilt die Debatte über Ursachen selbst zu favorisieren.
    Es macht überhaupt keinen Sinn ernsthafte Diskussionen über Witzfiguren zu führen, die uns permanent vorführen, wie wir im Spiegel der Lächerlichkeit an der Verzerrung unserer eigenen Fähigkeiten mitwirken.

    • heracleummantegazziani

      Nein, es macht absolut Sinn, diese Auftritte zu thematisieren. Es geht dabei nicht um eine Witzfigur, sondern um einen Vertreter der höchsten Institution im Land und vor allem geht es weniger um die Person, sondern um das was sie sagt. Sich nicht damit zu beschäftigen würde bedeuten seine Monologe zu dulden.

  • sepp

    Gscheider isch a rotes Band vor der SVP grössere rechte gibs keine wie in LB und lachhammer

  • opa1950

    Was ist denn von der Rebellin Mair vom Jahr 2000- 2010 noch übrig geblieben? Nichts.

  • exodus

    @opa1950 Uns Steuerzahlern bleiben mit Gewissheit die Kosten dieser Politiker, die Probleme muss man sich auch selbst lösen, wenn man etwas erreichen will, um nicht im Sumpf zu versinken!!

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