Die Vulnerablen
Wie kann man dem Rückgang familiärer und sozialer Bindungen und der damit einhergehenden zunehmenden sozialen und psychischen Verletzlichkeit in der Gesellschaft entgegenwirken?
Der Rückgang familiärer und sozialer Bindungen sowie die steigende Armut haben zu einer zunehmenden sozialen und psychischen Verletzlichkeit in der Gesellschaft geführt.
Wie können wir dieser Entwicklung entgegenwirken?
Diese Frage steht im Mittelpunkt der Tagung „Vulnerabilität, Agency und Autonomia“, die am Dienstag, den 14. Mai am Campus Brixen vom Kompetenzzentrum für Soziale Arbeit und Sozialpolitik der unibz veranstaltet wird. Im Mittelunkt: eine Bestandsaufnahme mit Fachleuten aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich und die Vorstellung bewährter Praktiken aus anderen Teilen des Landes und aus dem Ausland.
Trotz des Wohlstands und des gut ausgebauten Sozial- und Gesundheitsnetzes in Südtirol gibt es auch in der Provinz Bozen viele Menschen in schwierigen Lebenssituationen. Wie kann Unterstützung für diejenigen aussehen, die am meisten gefährdet sind? Indem Voraussetzungen geschaffen und Mittel zur Verfügung gestellt werden, um auf ihre jeweilige Situation zu reagieren und ihre Autonomie zu stärken. Expert:innen bezeichnen Handlungs- und Gestaltungskompetenz oder Agency – bewusstes Handeln basierend auf den persönlichen sozialen und individuellen Voraussetzungen mit dem Ziel der Selbstbestimmung – als eines der Instrumente, mit denen Menschen in sozial, psychologisch, individuell oder kollektiv vulnerablen Situationen auf ihre Situation einwirken können. Dabei geht es darum, ein qualitativ hochwertiges autonomes Leben zu gestalten.
Armut, digitale Kommunikation, verschiedene Formen der Behinderung und das Wohlbefinden der Menschen sind die Themen der Tagung „Vulnerabilität, Agency und Autonomia“, die das Kompetenzzentrum für Soziale Arbeit und Sozialpolitik am 14. Mai von 8:45 – 14 Uhr an der Fakultät für Bildungswissenschaften in Brixen für Fach- und Führungskräfte des Sozial- und Gesundheitsbereichs sowie die interessierte Öffentlichkeit organisiert.
„Die Tagung beschäftigt sich in diesem Jahr mit dem Thema Agency und lenkt damit unsere Aufmerksamkeit auf Ressourcen und Fähigkeiten sowie auf die sozialen Kontexte und gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die menschliche Vulnerabilität erhöhen oder verringern können. Agency ermöglicht Lebensqualität und Autonomie und ist zugleich Grundlage gesellschaftlicher Entwicklung. Das Kompetenzzentrum möchte mittels partizipativer Forschung und Kommunikation einen Beitrag zu einer sozial verantwortungsvollen Gesellschaftsentwicklung leisten”, erklärt Prof.in Ulrike Loch, Direktorin des Kompetenzzentrums.
Die verschiedenen Facetten der Vulnerabilität. Workshops der Tagung
Die Hauptvorträge von Marina Della Rocca (unibz), Francesca Pistone (Universität Florenz) und Veronika Magyar-Haas (Universität Freiburg, CH) beinhalten die Themen geschlechtsspezifische Gewalt, Behinderung und Resilienz bei Jugendlichen. Im Anschluss daran finden parallel fünf Workshops zu spezifischen Themen und den verschiedenen Facetten von Vulnerabilität und Agency statt: „Selbstbestimmung von Menschen mit Lernschwierigkeiten“ (mit Vertreter:innen von People First Südtirol, die Projekte zur Unterstützung eines selbstbestimmten Lebens vorstellen werden), „ Digitale Kommunikation“, „Autonomie und Jugendarmut“, „Sozialarbeiter:innen im Gesundheitswesen“ und „Durante e Dopo di Noi – Während und Nach uns“.
Im letztgenannten Workshop werden Prof.in Loch und ihre Kolleg:innen von der LUMSA in Rom, Giuseppina Signorello und Folco Cimagalli, die Ergebnisse der in Zusammenarbeit mit Francesca Marchetto und Wolfgang Obwexer (Lebenshilfe) durchgeführten Forschung zur Einführung des Gesetzes „Dopo di Noi” (l. 112 vom 22. Juni 2016) präsentieren. Dieses Gesetz zielt darauf ab, die Selbstbestimmung und das Wohlbefinden von Menschen mit Behinderungen und ihren Familien zu fördern. Dazu wird eine Familie Einblicke in ihre Erfahrungen mit „Dopo di Noi” teilen. In Südtirol wurde vor kurzem die Stiftung „Dopo di noi – Nach uns“ gegründet, die unter anderem von der Lebenshilfe, der Stiftung Sparkasse und Vertreter:innen von Verbänden getragen wird.
Bei der Konferenz in Brixen wird es erstmals eine Simultanübersetzung in Leichte Sprache geben. Fachpersonal der Gesundheitsberufe, die CME-Punkte für ihre berufliche Fortbildung erwerben möchten, sich auch über das Portal www.ecmbz.it anmelden. CME-Punkte werden für folgende Gesundheitsberufe vergeben: Ärzt:innen, Psycholog:innen, Krankenschwestern und -pfleger, Logopäd:innen, Therapeut:innen für Neuro- und Psychomotorik im Entwicklungsalter, Techniker:innen für psychiatrische Rehabilitation, Berufspädagog:innen, Assistent:innen im Gesundheitswesen. Darüber hinaus wurde die Akkreditierung durch die Kammer der Sozialassistent:innen beantragt. Alle Interessierten können sich im Sekretariat des Kompetenzzentrums für Soziale Arbeit und Sozialpolitik zu dieser Tagung anmelden: [email protected]
Kompetenzzentrum für Soziale Arbeit und Sozialpolitik
Das Kompetenzzentrum für Soziale Arbeit und Sozialpolitik ist ein Kompetenzzentrum für Forschung, Netzwerkarbeit und wissenschaftlichen Austausch unter Einbezug von lokalen, nationalen und internationalen Forschungskontexten und Entwicklungen. Hauptziel des Kompetenzzentrums ist die Forschung in den Bereichen Soziale Arbeit und Sozialpolitik zu thematischen Schwerpunkten, die in Südtirol von großer Relevanz sind. Die Bearbeitung der Themen findet aufgrund der strategischen Position der Freien Universität Bozen unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungen in den deutschsprachigen Ländern und in den anderen Teilen Italiens mit einem methodischen Schwerpunkt auf partizipativer Forschung statt.
Im Anhang das Programm der Tagung und ein Foto von Prof.in Ulrike Loch, Dozentin an der Fakultät für Bildungswissenschaften und Direktorin des Kompetenzzentrums für Soziale Arbeit und Sozialpolitik.
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