Epochales in schweren Zeiten
Das regionale Festival Musica Sacra der beiden Provinzen Bozen und Trient erlebt heuer seine 53. Ausgabe. Auf dem Programm stehen unter anderem Monteverdis „Marienvesper“, Strawinskys Psalmensymphonie, eine Motette von Busoni und ein Massenchor.
(sh) Ein epochales Werk hat der künstlerische Leiter des regionalen Festivals Musica Sacra Josef Lanz mit Claudio Monteverdis „Marienvesper“ auf das Programm der 53. Ausgabe gesetzt. Für den – wie er bei der Präsentation selbst ankündigte – scheidenden Präsident Hanns Egger ist die Aufführung ein Höhepunkt und das schönste Geschenk zum Abschied. Monteverdi war maßgeblich am Stilwechsel am Ende des 16. Jahrhunderts beteiligt. Bis heute ist nicht klar, ob die Marienvesper überhaupt einen Gesamtzusammenhang hat und nicht vielmehr eine Art lose Sammlung von Konzerten und Psalmen darstellt. Zumal Monteverdi in den musikalischen Stilen und dem Umfang der Besetzung sozusagen hin- und herspringt; mal gibt es expressive und virtuose Solo-Concerti, dann wieder entstehen wahre Klangkathedralen durch den Einsatz des Doppelchores, die an frühere Renaissance-Zeiten erinnern. Dieses epochale Werk wird in Schlanders (9. Mai um 20.00 Uhr in der Pfarrkirche), Bozen (10. Mai um 20.00 Uhr im Bozner Dom) und in Trient vom Ensemble für Alte Musik La florida Capella aufgeführt. Ideator und künstlerischer Leiter ist der Organist, Cembalist und Spezialist für Alte Musik Marian Polin, der unter anderem das Festival „Innsbrucker Hofmusik“ leitet.
Zum Auftakt des Festivals hat das Vokalensemble „Allabreve“ mit Blick auf die schweren Zeiten, in denen wir leben, ein anspruchsvolles, aber stimmiges Programm zusammengestellt. Unter der Leitung der ständigen Chorleiterin Frau Nataliya Lukina werden Schönbergs Opus 13, die expressionistisch emotionale Beschwörung des Friedens auf Erden, weiteres die doppelchörige Messe von Frank Martin, das bekannte Sakralwerk im Geiste moderner Psalmodie, und Strawinskys Psalmensymphonie in der Bearbeitung von Schostakowitsch aufgeführt. Letzteres ist ein absolutes Novum für Südtirol, das erst seit der Herausgabe dessen Gesamtwerks entdeckt wurde. Schostakowitsch hat das Werk so sehr bewundert, dass er die Orchesterfassung in komprimierter Fassung für gemischten Chor und Klavier vierhändig gesetzt hat und nicht müde wurde, es mit seinen Schülern zu studieren. Am Klavier spielen Andreas Benedikter und Stefan Huber. (4. Mai um 18.00 Uhr im Brixner Dom)
In einem weiteren regionalen Konzert wird das Oratorium Samson von Georg Friedrich Händel aufgeführt. Chor und Barockorchester Andrea Palladio kommen aus Vicenza und werden von Enrico Zanovello geleitet. (26. Mai um 17.00 Uhr in der Pfarrkirche Salurn)
Das Haydn Orchester von Bozen und Trient feiert im Rahmen des Festivals Musica Sacra den 100.Todestag des Komponisten, Pianisten und visionären Denkers Ferruccio Busoni . Neben der Berceuse élégiaque gibt es eine Erstaufführung der Motette „Gott erbarme sich unser“ 67. Psalm, op. 55 für Chor und Orchester aus dem Jahre 1880. Carlo Rizzari dirigiert das Orchester und den Coro Filarmonico Trentino.(4. Juni um 20.00 Uhr im Bozner Dom)
Neben den „regionalen Konzerten“ gibt es noch eine größere Anzahl von Konzerten, die die Vielfalt und Besonderheiten der beiden Provinzen, was Ausführende, Inhalte und auch Instrumente betrifft, darstellen. Am 25. Mai beispielsweise kann das Publikum im Brixner Dom (am 26. im Bozner Dom) ein großartiges neues Werk erleben: das Te Deum des lettischen Komponisten Rihards Dubra, für Massenchöre, Violine, Saxophon, Horn, Schlagzeug und Orgel. Ausführende sind: Südtiroler Landesjugenchor, Vinzentiner Mädchenchor, Vinzentiner Knabenchor, Männerchor Brummnet, Ladinia Women’s Chorus, Leonhard Lechner Chor , StimmMen, Jugend Domkantorei Salzburg sowie Instrumentalisten.
Alle weiteren Termine und Informationen unter www.festivalmusicasacra.eu
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