Das runderneuerte Handy
Viele Menschen kaufen – dem Nachhaltigkeitsgedanken folgend – generalüberholte Handys und Elektrogeräte. Welche Rechte Verbraucher geltend machen können.
Dem Nachhaltigkeitsgedanken folgend oder auch einfach nur um Geld zu sparen, entscheiden sich viele Verbraucher:innen für den Kauf eines generalüberholten elektronischen Gerätes wie z. B eines Refurbished-Handys.
Online-Plattformen garantieren: Refurbished ist mehr als einfach nur gebraucht. Dies mag in Bezug auf die Aufbereitung solcher gebrauchten Geräte zutreffen, aber wie sieht es mit den Rechten in Bezug auf die gesetzliche Gewährleistung aus?
Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Italien – Büro Bozen versucht Klarheit zu schaffen und auf häufig auftretende Fragen zu antworten.
Was bedeutet eigentlich refurbished?
Der englische Begriff refurbished bedeutet „runderneuert“, „generalüberholt“ oder „wiederhergestellt“.
Bei solcher runderneuerten Ware wird versichert, dass sie zunächst von sog. Refurbishern genauestens unter die Lupe genommen wird und notwendige Reparaturen und Austausche vorgenommen werden, bevor sie auf dem Refurbished-Markt angeboten wird.
Wie lange steht mir bei Refurbished-Ware das Gewährleistungsrecht zu?
Rein rechtlich ist generalüberholte Ware als Gebrauchtware einzustufen. Hier sieht der Gesetzgeber die Möglichkeit der Herabsetzung der Gewährleistungsfrist von zwei Jahren, wie bei Neuware verpflichtend vorgeschrieben, auf ein Jahr vor.
Einige Online-Plattformen und Verkäufer:innen bieten in diesem Zusammenhang eine kostenpflichtige Verlängerung der Garantie auf ein weiteres Jahr an.
Hierbei handelt es sich jedoch um eine vertragliche und keine gesetzlich geregelte Garantie, die den Bedingungen des Anbieters unterliegt, und mit Auflagen oder Beschränkungen verbunden sein kann.
Wie sieht es mit den vom Hersteller beworbenen und zugesicherten Eigenschaften bei Refurbished-Ware aus?
Am Beispiel von generalüberholten Handys lässt sich diese Frage sehr gut beantworten:
Viele Hersteller:innen werben z. B. damit, dass ihre Geräte bis zu einer bestimmten Tiefe wasserdicht sind und garantieren diese Eigenschaft sogar über einen gewissen Zeitraum, häufig sogar über Jahre, hinweg.
Was aber, wenn Ihr Refurbished-Handy, das nicht einmal ein Jahr alt ist, ins Wasser fällt und Sie Ihr Recht auf Gewährleistung geltend machen möchten?
In diesem Fall folgt eine eindeutige Absage vonseiten der Refurbished-Händler:innen, der diese Eigenschaft von vorne herein ausschließt, da Refurbished-Geräte im Zuge der Generalüberholung geöffnet werden und somit Wasserdichte und auch andere vom Hersteller zugesicherte Eigenschaften verlieren.
Wer trägt die Beweislast in Bezug auf Mängel?
Das Gewährleistungsrecht sieht vor, dass Verkäufer:innen im ersten Jahr nach dem Kauf beweisen müssen, dass der Mangel durch einen Fehlgebrauch vonseiten der Verbraucher:innen verursacht wurde und dass er deshalb nicht von der gesetzlichen Garantie gedeckt ist.
Dieser Grundsatz jedoch erweist sich häufig als wenig vorteilhaft für Käufer:innen, da Händler:innen durch ein Gutachten, das von den hauseigenen Expert:innen durchgeführt wird, Fremdverschulden durch die Verbraucher:innen feststellen und somit zunächst eine Nachbesserungspflicht ausschließen können.
Kann ich, unter Umständen, auch einen Austausch eines defekten Refurbished-Gerätes oder, falls dies nicht möglich ist, die Rückerstattung des Kaufpreises verlangen?
Das Gesetz schließt auch bei Gebrauchtwaren einen Austausch nicht aus.
Auch eine Kaufpreisrückerstattung ist nicht ausgeschlossen und kann, sollten Reparatur und Austausch nicht möglich sein, gefordert werden.
Habe ich, auch wenn der Verkäufer ein Dritter ist, Rechte gegenüber der Verkaufsplattform?
Dies hängt davon ab, ob die Plattform Ihnen gewisse Garantierechte in den AGB (Allgemeinen Geschäftsbedingungen) zusichert. Hierbei garantiert die Plattform häufig Unterstützung bei der Abwicklung des Schadenfalles, organisiert z. B. die Einsendung defekter Ware, verpflichtet Verkäufer:innen, welche die Plattform nutzen, gewisse Fristen einzuhalten, und gewährt in einigen Fällen Teilrückerstattungen, falls ein Recht auf Nachbesserung verweigert wird.
Welche Tipps können hilfreich sein, um bestmögliche Chancen auf eine Nachbesserung zu haben?
- Kontrollieren Sie sofort nach der Lieferung den Zustand des Gerätes. Halten Sie kleine Kratzer, Gebrauchsspuren und ästhetische Mängel durch Fotos oder Videos fest. Dies dient dazu, im Falle einer Funktionsstörung beweisen zu können, welche Mängel bereits bei Erhalt des Gerätes vorhanden waren.
- Überprüfen Sie, sollte der Kauf über eine Plattform erfolgen, ob diese den Käufer:innen gewisse Garantierechte zusichert.
- Seien Sie sich bei der Benutzung des Refurbished-Gerätes bewusst, dass gewisse Eigenschaften, die der Hersteller über einen bestimmten Zeitraum hinweg garantiert (so z. B dass ein Handy wasserdicht ist), bei Refurbished-Geräten nicht mehr eingefordert werden können.
- Melden Sie auftretende Mängel unverzüglich schriftlich dem Verkäufer bzw. der Verkaufsplattform und setzen Sie eine Frist zur Nachbesserung (Reparatur oder Ersatz).
Abschließend sei gesagt, dass, bei all der Skepsis, die wir Rechtsberater:innen in Bezug auf die Gewährleistungsrechte bei generalüberholter Ware haben, ein Vorteil von Refurbished-Produkten doch unumstritten ist: Der Ankauf von Gebrauchtware ermöglicht eine sinnvolle Wiederverwendung von Produkten und verhindert deren Vernichtung.
Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit erhalten Refurbished-Geräte deshalb von uns 10 von 10 Punkten!
Zudem besteht die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens mit dem von der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) eingerichteten Schlichtungsorgan Onlineschlichter.it.
Besuchen Sie das Portal www.onlineschlichter.it, um das kostenlose Online-Schlichtungsverfahren zur außergerichtlichen Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten aus dem Online-Kauf von Waren und Dienstleistungen zu nutzen.
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