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Lügner & Possen

Weil sie mit ihren Kernthemen Freiheit, Corona und Impfen im Landtag auf Granit beißen, wird die No-Vax-Front um Renate Holzeisen ,Andreas Colli und Co. zunehmend nervös. Ein Stimmungsbericht.

von Matthias Kofler

Sie gehörten zu den großen Gewinnern der letzten Landtagswahl: Die Impfskeptiker und „Freiheitskämpfer“ eroberten im Oktober 2023 auf Anhieb drei Mandate, womit wohl auch die kühnsten Optimisten nicht gerechnet hatten. Seitdem ist es auffallend ruhig geworden um Renate Holzeisen, Jürgen Wirth Anderlan und Co. Abgeordnete aus den anderen Fraktionen berichten, dass sich ihre neu gewählten Kollegen im Hintergrund sehr passiv zeigen würden. In den Sitzungen der Fraktionssprecher, in denen die Arbeit des Landtags geplant wird, würden sie häufig durch Abwesenheit glänzen. Ihre Beschlussanträge, Tagesordnungen und Gesetzentwürfe lassen sich an den Fingern einer Hand ablesen. Bemerkenswert war der Auftritt von JWA-Kopf Anderlan bei der Schlussabstimmung über das Haushaltsgesetz, wo er erklärte, er habe in der Debatte nicht mitgewirkt, weil das Thema für ihn zu komplex sei.

Je mehr die Corona-Pandemie bei der Mehrheit der Bevölkerung in Vergessenheit gerät, desto schwieriger ist es für die No-Vax-Abgeordneten, mit ihren Lieblingsthemen Fuß zu fassen. Das liegt vor allem daran, dass sie damit bei der Landesregierung, aber auch mit den anderen Fraktionen auf Granit stoßen. In der Aktuellen Fragestunde riss Renate Holzeisen bei einer Frage zur Impfpflicht in Kindergärten der Geduldsfragen, weil sich Gesundheitslandesrat Hubert Messner kategorisch weigerte zu sagen, wer in Südtirol entscheidet, was Fake News sind und was nicht. Das sei ein „Skandal“, schimpfte die Vita-Politikerin, Messner ein „Nicht-Gesundheitslandesrat“ und ein „Lügner“. Es sei die Pflicht von Regierungsmitgliedern, auf Anfragen transparent zu antworten und die Bürger über die Maßnahmen, die während der „Plandemie“ getroffen worden seien, zu informieren. Messner ließ Holzeisen auflaufen, indem er nicht auf die Provokationen einging und lediglich klarstellte, dass er sich nicht als „Lügner“ bezeichnen lasse. „Wenn das ein Problem ist, dann zeigen Sie mich doch an“, entgegnete Holzeisen.

Landeshauptmann Arno Kompatscher präzisierte, dass niemand, auch nicht die Kollegin Holzeisen, über die Richtigkeit der Nachrichten entscheide. Die Oppositionsabgeordnete redete sich richtig in Rache, als Brigitte Foppa den Abschlussbericht über die Unvereinbarkeit von Abgeordneten verlas. Der Wahlprüfungsausschuss hatte beschlossen, die Vereinbarkeitsprüfung im Fall von Holzeisen, die drei Gerichtsverfahren gegen das Land anhängig hat, bis zu einer Entscheidung des Verfassungsgerichts auszusetzen. „Ich rufe Sie, Herrn Landeshauptmann, auf, die Sanktionen aufzuheben, weil sie eindeutig nicht evidenzbasiert waren“, wetterte die Juristin. Sie verteidige ein „Menschenrecht“, weshalb die Stellungnahme des Wahlprüfungsausschusses eine „Farce“ und eine „Posse“ sei.

Der LH erklärte, dass im Zweifelsfall die Gerichte über die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen entscheiden müssten. Man habe diese damals auf der Grundlage der ISS-Richtlinien getroffen. Außerdem halte er es nicht für gerecht, dass sich ein Abgeordneter nicht gegen ungerechtfertigte Vorwürfe wehren könne, ohne sein Mandat aufgeben zu müssen. Das Gleiche drohe auch ihm, verwies Kompatscher auf eine mögliche Strafzahlung wegen der Überschreitung der Wahlkampfspesen. Brigitte Foppa erinnerte daran, dass es der Landtag – und damit auch Kompatscher selbst – war, der dieses Wahlgesetz geschrieben hat. Diese strenge Auslegung gebe es in anderen Regionen nicht, sie könnte also korrigiert werden.

Doch nicht nur Renate Holzeisen, sondern auch der JWA-Vertreter Andreas Colli versuchte, sich im Landtag in Szene zu setzen. Der ehemalige Bürgermeister von Kastelruth kündigte an, gegen die Bestätigung der Kinder- und Jugendanwältin Daniela Höller zu stimmen. Die Begründung: Höller habe sich für „sogenannte Impfungen, auch gegen den Willen der Erziehungsberechtigten“ ausgesprochen. Die Juristin erhielt bei ihrer Wahl dennoch breite Zustimmung. Maria Elisabeth Rieder fällt nach den jüngsten Auftritten der No-Vax-Mandatare ein vernichtendes Urteil: „Einige haben scheinbar nie die Geschäftsordnung gelesen und führen sich auf wie im Gasthaus.“

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