Sepp düpiert Franz
Bei der Wahl der Kommissionsvorsitzenden wurde die SVP-Fraktion einmal mehr ihrem Ruf als heillos zerstrittener Haufen gerecht.
Von Matthias Kofler
Harald Stauder versucht, den peinlichen Vorfall herunterzuspielen: „Wir haben unser Ziel erreicht: Die Vorsitzenden aller vier Ausschüsse gehören der Mehrheit an“, sagt der SVP-Fraktionschef. Franz Locher schluckt seinen Ärger und seine Enttäuschung herunter und erklärt unmittelbar nach der Abstimmung, dass er sich dem unbedingten Wunsch von Sepp Noggler gebeugt habe, um den Fraktionsfrieden zu wahren. Außerhalb des Sitzungssaals klatscht Thomas Widmann zufrieden mit seinen neuen Oppositionskollegen Brigitte Foppa, Madeleine Rohrer und Sandro Repetto ab: „Mission erfüllt.“
Was ist passiert?
Die Mitglieder von drei der vier Gesetzgebungskommissionen des Landtags sind gestern zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammengekommen. Auf der Tagesordnung stand die Wahl des Vorsitzenden, seines Stellvertreters und des Schriftführers. Da die Mehrheit ein enormes Personalproblem hat, sind alle Kommissionen paritätisch besetzt: Opposition und Mehrheit stellen also gleich viele Abgeordnete. Der Posten des Vorsitzenden, dessen Stimme bei Gleichheit doppelt zählt, ist also äußerst begehrt. Allerdings benötigt die Mehrheit, um den Präsidenten zu stellen, bei der geheimen Wahl Stimmen der Minderheit.
Brigitte Foppa ist es in zähen Verhandlungen gelungen, einen Kompromiss mit Mitte-Rechts auszuverhandeln: Damit die Minderheit keine eigenen Kandidaten ins Rennen schickt (bei einem Unentschieden wäre der Mandatar mit mehr Vorzugsstimmen bei den Landtagswahlen der Sieger), sollte die Mehrheit ihr alle vier Vizepräsidentschaften überlassen – ein Novum im Landtag.
So ist es auch gekommen: Mit Alex Ploner (1. Kommission), Madeleine Rohrer (2.), Paul Köllensperger (3.) und Zeno Oberkofler (4.) haben den Stellvertreterposten bekommen. Sollte der Präsident abwesend sein, wäre ihre Stimme bei Gleichheit entscheidend. Ein beachtlicher Erfolg, findet Brigitte Foppa. Die Arbeit im Landtag, die ihr so sehr am Herzen liegt und bei der es angesichts der instabilen Mehrheitsverhältnisse geschickte und erfahrene PolitikerInnen braucht, macht es der Grünen-Politikerin auch so schwierig, bei den EU-Wahlen im Juni in den Ring zu steigen: Nicht die fehlende Lust ist das Problem, sondern die Verantwortung, die auf ihren Schultern liegt angesichts des Generationenwechsels bei den Grünen, der ihr Sprung nach Brüssel unweigerlich zur Folge hätte.
Die Posten der Schriftführer ging ebenfalls an vier Oppositionelle: Myriam Atz-Tammerle (1), Sandro Repetto (2), Brigitte Foppa (3) und Franz Ploner (4).
Auch für die Mehrheit verliefen die Wahlen weitestgehend nach Plan: Anna Scarafoni (1) und Waltraud Deeg (4) erhielten auf Anhieb die notwendigen Stimmen, um den Kommisionsvorsitz übernehmen zu können. Harald Stauder war bereits vor einigen Wochen zum Chef der 3. Kommission gekürt worden.
Alle Abgeordneten stellten sich schon auf einen geruhsamen Feierabend ein. Doch eine Kommission fehlte noch: nämlich die für Landwirtschaft und Urbanistik zuständige 2. Hier kam es in den Reihen der Mehrheit zum Eklat: Die Mehrheit schlug – wie bereits in der SVP-Fraktion einstimmig beschlossen – den Sarner Franz Locher für den Vorsitz vor. Damit war aber sein Kollege Sepp Noggler nicht einverstanden: „Du hast schon genug Posten“, erklärte der Vinschger mit Verweis auf Lochers Ämter in der Regionalregierung und im Landtagspräsidium – und teilte mit, als Gegenkandidat ins Rennen gehen zu wollen, damit die Abgeordnete eine Auswahl hätten. Gegenüber Oppositionsvertretern begründete Noggler den gewagten Schritt damit, dass Locher von LH Arno Kompatscher „eingekauft“ worden sei. Vor einigen Wochen hatte Noggler noch großspurig erklärt, an keinen Zusatzposten interessiert zu sein. Von einer Kehrtwende will er aber dennoch nichts wissen: „Ich musste notgedrungen in zwei Kommissionen, weil die Mehrheit zu wenig Abgeordnete hatte. Im Gegensatz wollte ich zumindest einen Vorsitz übernehmen“, so der Vinschger.
Die SVP-Fraktionschefs Harald Stauder und Waltraud Deeg sahen sich gezwungen, die Sitzung zu unterbrechen, um Locher zum Verzicht zu bewegen. Ihre Befürchtung: Thomas Widmann, der ebenfalls Mitglied der Kommission ist, könnte ebenfalls antreten. Und wenn sich zwei streiten, freut sich meistens der Dritte.
Locher, der bereits in der abgelaufenen Legislatur Chef der 3. Kommission war, gab sich geschlagen und ließ Noggler den Vortritt. Dieser erhielt zunächst nur vier, im zweiten Wahlgang schließlich die nötigen fünf Stimmen, weil auch mindestens ein Oppositioneller – wahrscheinlich Thomas Widmann – für ihn gestimmt haben. „Ich hätte kein Problem gehabt, wenn Locher mehr Stimmen bekommen hätte – schließlich ist die Präsidentschaft nur Mehrarbeit“, sagt der Vinschger. Wer in gewählt habe, wisse er nicht. „Seit kurzem wissen wir, dass man bei geheimen Wahlen den Stimmzettel nicht herzeigen kann“, so Noggler.
Die Episode zeigt einmal mehr, wie brüchig die rechte 18er-Mehrheit im Landtag ist – und wie leicht es deshalb für Widmann und Co. ist, Zwistigkeiten in die Truppe zu bringen. Waltraud Deeg sagt, dass sie mit der Art und Weise, wie man bei der Besetzung der Landesregierung mit ihr vorgegangen sei, nach wie vor nicht einverstanden sei. Jetzt müsse man aber endlich mit der Arbeit beginnen. Den Streit zwischen Locher und Noggler erklärt sich die Ex-Landesrätin mit der nach wie vor mangelhaften Kommunikation innerhalb der SVP. Auch finde sie es nicht in Ordnung, dass die Landesregierung Anträge immer erst ganz kurzfristig den Ausschussmitgliedern vorlege. Das müsse sich dringend ändern.
Kommentare (34)
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