Aufgeschobene Kur
Cura Resort, das öffentlich-private Projekt für ein Seniorenheim beim Meraner Krankenhaus, das die Landesregierung drei Jahre lang liegen ließ, gerät immer mehr unter Beschuss. Auch seitens der Grünen, die es seinerzeit mitgetragen haben.
von Thomas Vikoler
In den vergangenen Tagen geriet ein vierseitiges Dokument in Umlauf, das für einige Aufregung bei den Beteiligten sorgte: Es handelt sich um eine Eingabe an den Rechnungshof zu einem Projekt, welches das Land Südtirol vor sechs Jahren mit einem öffentlichen Aufruf startete: Der Bau eines Seniorenheims (in manchen Dokumenten ist auch von einem Langzeitkrankenhaus die Rede) auf einem landeseigenen Grundstück beim Tappeiner-Spital in Meran. Die Infrastruktur sollte von Privaten gebaut und teilweise geführt werden, während das Land eine Gebühr für die 25-jährige Nutzung der Gebäude zahlt.
Das Projekt Cura Resort, wie es halb lateinisch, halb englisch getauft wurde, ist nun politisch heftig unter Beschuss geraten, was auch damit zu tun hat, dass es die alte Landesregierung drei Jahre lang liegen ließ – u.a. wegen des Widerstandes des damaligen Sanitätslandesrates Thomas Widmann und Landesrätin Waltraud Deeg. Im November 2020 hatte es die Dienststellenkonferenz des Landes gutgeheißen und das öffentliche Interesse erklärt.
Am 14. November 2023, mitten in den Koalitionsverhandlungen, schloss die alte Landesregierung das Verwaltungsverfahren per Beschluss ab. Nun soll die Ausschreibung des sogenannten ÖP-Verfahrens (Project Financing öffentlich-privat) folgen, bei der – zumindest theoretisch – weitere private Interessenten mitbieten können.
Die Eingabe an den Rechnungshof (von der nicht bekannt ist, ob sie erfolgt ist und hinter der Ex-Landesrat Widmann vermutet wird) stellt das Projekt als ein glattes Verlustgeschäft für das Land dar, das am Ende einen „groben finanziellen Schaden“ davontragen werde. Und auch die grüne Landtagsfraktion äußert massive Zweifel an dem geplanten Deal mit den Firma Volcan GmbH und Veba Invest um die Unternehmensgruppe von Siegfried Unterberger. Sie sprechen von „zahlreichen ungeklärten Fragen“.
Ausgerechnet die Grünen, die das Projekt als stärkste politische Kraft der alten Meraner Stadtregierung mitgetragen und durch Änderungswünsche mitgestaltet haben. „Wir möchten lediglich sicherstellen, dass die öffentliche Hand nicht draufzahlt und die Privaten kräftig verdienen“, erklärt die grüne Landtagsabgeordnete Madeleine Rohrer, bis 2021 Urbanistikstadträtin von Meran.
Karl Zeller, Berater der Promotoren Volcan und Veba („nicht sie sind an das Land herangetreten, sondern die Landesverwaltung hat von sich aus private Interessenten gesucht“) wundert sich über die grüne Kehrtwende. „Es ist kurios, dass die Grünen sich nun auf einmal gegen das Projekt wenden, nachdem sie nicht nur von allen Details im Bilde waren, sondern dieses sinnvolle Projekt, als sie in Meran regiert haben, immer befürwortet haben“, sagt Zeller und fügt hinzu: „Es hat noch nie ein ÖP-Projekt in Südtirol gegeben, das so gründlich und wiederholt auf Herz und Nieren geprüft wurde“.
Rohrer wendet ein: „Seit 2020 haben sich einige Bedingungen geändert, zum Beispiel dass die Gemeinde Meran nun 15 Millionen Euro an eigenen Mitteln beisteuern muss. Und es ist weiter ungeklärt, was die Privaten mit der Antoniusklinik tun können“.
Das landeseigene Gebäude samt Grundstück des aktuellen Seniorenheims in der Meraner Cavourstraße 12, welches das Land mit seinen 75 Betten für zu klein und nicht erweiterbar erklärt hatte (der Grund für den Start des Cura-Projekts unter Landesrätin Martha Stocker), ist eine der finanziellen Gegenpartien der Operation: Sie soll auf die Bietergemeinschaft übergehen und wurde durch zwei Schätzungen mit 10.055.000 bzw. 9.760.000 Euro bewertet. Offen bleibt, ob damit auch ein Zusatzfläche von mehreren hundert Quadratmetern dazugehört. Laut heutigem Stand werden die Flächen der Antoniusklinik parallel zur Ausschreibung von einer Zone für öffentliche Einrichtungen in eine Hotelzone umgewandelt. Damit soll verhindert werden, dass aus dem ensemblegeschützten Gebäude im Villenviertel von Obermais, das früher einmal ein Hotel war, ein Wohn-Kondominium wird.
Laut Beantwortung einer Anfrage der Meraner Grünen durch Vizebürgermeisterin Katherina Zeller (SVP) gibt es sehr wohl Erweiterungsmöglichkeiten an der Antoniusklinik. Die aktuelle Baumasse von 16.500 Kubikmetern kann auf 18.886 Kubikmeter und der Bauindex von 2,5 auf 3,5 erhöht werden. Die Umwidmung erfolge, „sobald der Bedarf“ dafür bestehe, schreibt Zeller.
Diese Antwort nährt die Spekulationen, dass die Privaten erhebliche Spielräume für die Einnahmenmaximierung haben.
Die „Gesamtrechnung“ für ÖP-Projekt sieht nach dem jüngsten Beschluss der Landesregierung folgendermaßen aus: Die Kosten für den Bau des Seniorenwohnheims samt dreier Tiefgaragen-Geschoße mit 651 Stellplätzen wurden auf 60 Millionen Euro veranschlagt – inzwischen sind die Baupreise allerdings um rund ein Drittel gestiegen.
Die Privaten müssen – unterstützt von einem Kapitalbeitrag des Landes von 11 Millionen Euro, der Zuerkennung des Oberflächenrechts des Grundstücks im Wert von 4,8 Millionen Euro und einem der Gemeinde Meran von 15 Millionen Euro – auf dem landeseigenen Grundstück ein Gebäude mit hundert Betten und die Garage errichten. Für 25 Jahre erhalten sie dafür vom Land eine sogenannte Verfügbarkeitsgebühr von 5,3 bis 7,6 Millionen Euro jährlich (insgesamt rund 160 Millionen Euro), während der dreijährigen Bauphase zusätzliche elf Millionen Euro.
Nach Konzessionsende gehen die Gebäude auf das Land bzw. die Gemeinde Meran über.
Für Unklarheiten sorgen auch die Führungskosten, die laut der Eingabe an den Rechnungshof eine große Gewinnmarge für die Privaten enthalten. Gemäß Beschluss der Landesregierung müssen diese während der 25 Jahre für die technische, gewöhnliche und außerordentliche Instandhaltung von Seniorenheim und Parkplatz aufkommen, für das Anlagen- und Energiemanagement, für die Instandhaltung der Grünanlagen und den Schneeräumdienst.
Obwohl es in den Beschlüssen nirgends aufscheint, weist Proponenten-Berater Zeller darauf hin, dass die Tiefgarage vom Land selbst geführt werde.
Der Gesamtwert der Konzession beläuft sich laut dem jüngsten Beschluss der Landesregierung auf 185 Millionen Euro. Ob es bei diesem Betrag bleibt, ist ebenso unklar wie die künftige sanitäre Führung der Einrichtung. Nach dem Wunsch der Gemeinde Meran soll diese Aufgabe die von ihr kontrollierte Pitsch-Stiftung übernehmen, die derzeit für die Pflege in der Antoniusklinik zuständig ist.
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Kommentare (1)
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stanislaus
…und wo möchte man denn das Personal für das Cura Reaort rekrutieren? Im nahe gelegenen Meraner Krankenhaus, wie es die anderen privaten Strukturen machen…. wird sich sicher positiv auf die Wartezeiten auswirken….