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Ein bisschen Small-Town-Girl

Die 21-jährige Boznerin Carmen Sciullo hat unter ihrem Vornamen ein selbstproduziertes Album herausgebracht. Eine kleine Pop-Sensation.  

von Thomas Vikoler

Ein Titel kann nicht alles auf den Punkt bringen, was in einem Musik-Album drinsteckt.

Carmen Sciullo alias Carmen nennt ihr erste Veröffentlichung „Kill The Small-Town Girl“, milder ausgedrückt die Verabschiedung der Kindheit in einer kleinen Stadt. Carmen Sciullo ist 21 und lebt seit zwei Jahren in Berlin, wo sie an der Fachhochschule SRH Musikproduktion studiert.

„Ich hänge nach wie vor an Bozen und habe manchmal Heimweh. Der Album-Titel spielt auf den Prozess an, einen Abschnitt in meinem Leben hinter mir zu lassen“, erzählt die Studentin und Musikerin im Gespräch mit der TAGESZEITUNG.

Ein bisschen Small-Town-Girl sei sie weiterhin, auch wenn ihr Lebensmittelpunkt nun die Großstadt ist, räumt Sciullo ein und fügt hinzu: „Das mit der Musik wollte ich schon immer machen“.

Ihr erste Album klingt jedenfalls alles andere als provinziell, es ist das Ergebnis eines souveränen Umgangs mit den unerschöpflichen Spielarten des Pop und klingt stellenweise – so wie viele aktuelle Produktionen – sehr nach 1980iger Jahren. Etwas, das mit Sicherheit nicht allein in einer Fachhochschule lernen kann.

Carmen hat ihr Album, wie sie verrät, allein auf der Musiksoftware Logic eingespielt, das Mastering erfolgte in einem Studio. Vertrieben wird „Kill The Small Town-Girl“, wie heute üblich, über die Streaming-Plattformen, erschienen ist aber auch eine CD, was durchaus Sinn macht.

Die elf Stücke, zu denen singlemäßig mehrere Videos gedreht wurden, funktionieren als geschlossenes Album. Ein Album über intensive Gefühle und Stimmungen, das bei all den unterschiedlichen Ausdrucksweisen von der vielfarbigen Stimme Sciullos getragen und zusammengehalten wird. Exemplarisch dafür steht die Piano-Ballade „Words“, die stilistisch an Nick Cave erinnert.

Hier finden Text, Stimme und Musik zu einer höheren Einheit zusammen. In „Coco“, eine jazzige Mid-Tempo-Nummer, wandelt Carmen in Soul-Gefilden, in „Poison“ zeigt sie, dass sie auch Rock kann. Manchmal, etwa in „When I‘ m Gone“, verliert sie sich in technischen Spielereien. Eine der Fallen des digitalen Überangebots an Sound-Material.

Stilistisch liefert „Kill The Small-Town Girl” nichts wirklich Neues (welcher Interpret, welche Interpretin kann dies im Jahre 2024 auch von sich behaupten?), es besticht aber durch seine melancholisch-groovigen Helligkeit, die von einer 21-Jährigen eigentlich nicht erwartbar war.

Doch genau das macht Carmens Erstlingswerk zu einer kleinen Pop-Sensation.

Die junge Musikerin will ihr Album bald auch live aufführen, sie ist dabei, eine Backing-Band zusammenzustellen.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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