Du befindest dich hier: Home » Gesellschaft » Südtiroler Impfmuffel

Südtiroler Impfmuffel

Foto: lpa/123rf

In Impfstatistiken bildet Südtirol im nationalen Vergleich regelmäßig das Schlusslicht. Das Institut für Allgemeinmedizin hat nun untersucht, warum die Südtiroler so impfzögerlich sind.

von Markus Rufin

Eigentlich ist man es bereits gewohnt: In nahezu jeder Impfstatistik befindet sich Südtirol im italienweiten Vergleich auf den hinteren Rängen, häufig bildet das Land das Schlusslicht. Auch während der Corona-Pandemie war das häufig der Fall.

Das Institut für Allgemeinmedizin und Public Health hat zwischen 2021 und 2023 in Zusammenarbeit mit dem Landesinstitut für Statistik und dem Forum Prävention fünf umfangreiche Studien zum Impfverhalten der Bevölkerung in Südtirol durchgeführt. Die Studien zeigen auf, warum die Südtiroler so zögerlich bei Impfungen sind, und diese ablehnen.

Eine der Studien zeigt auf, dass die Skepsis in Bezug auf die Corona-Impfstoffe 2023 sogar zugenommen hat. „Wir haben keine Vergleichsmöglichkeiten mit der Situation vor der Pandemie, es ist aber davon auszugehen, dass die Skepsis immer schon deutlich höher war als in Trient“, führt Professor Christian Wiedermann, Forschungskoordinator des Institutes aus. „Während der Pandemie war die Skepsis gleich hoch wie in Trient, nach der Pandemie hat sie aber wieder zugenommen.“

Daher sei davon auszugehen, dass die Corona-Impfskepsis aufgrund der unmittelbaren Bedrohung und des Drucks der Gesundheitspolitik gesunken sei, nach der Pandemie aber wieder zugenommen habe. Durch die Pandemie habe es jedenfalls ein deutlich größeres Impfbewusstsein in Südtirol gegeben, gleichzeitig habe es aber auch einen Vertrauensverlust in die Gesundheitspolitik gegeben.

Die Pandemie habe insgesamt zu einer Polarisierung beigetragen, so Wiedermann: „Es gab eine Gruppe von Menschen, die vorher schon impfbereit war und jetzt noch überzeugter ist, es gibt aber auch jene Gruppe, die vorher schon skeptisch war und jetzt noch skeptischer ist.

Gefruchtet haben aber auch die Maßnahmen des Sanitätsbetriebes zur Impfkampagne. Dadurch sei die Bereitschaft gestiegen, im nationalen Vergleich blieb Südtirol aber auch bei Corona-Impfungen Schlusslicht. „Es hat sich dabei um erprobte Maßnahmen gehandelt, die später auch in Italien angewandt wurden. Wir haben daher angenommen, dass es andere Faktoren für die Impfzögerlichkeit in Südtirol gibt“, erklärt Wiedermann. Durch die Studien sei dies nun bestätigt worden.

So seien die Mentalitätsunterschiede zwischen den Sprachgruppen ein wesentlicher Grund für die Impf-Zögerlichkeit.Deutschsprachige Bürger weisen laut den Studien eine höhere Impfzögerlichkeit auf als Bürger talienischer Muttersprache. Hintergrund könnten sowohl kulturelle als auch historisch gewachsene Unterschiede sein.

Das Institut hat gemeinsam mit dem Forum Prävention und Astat vertiefte Interviews mit Teilnehmern geführt, die das Problem anhand eines Beispiels veranschaulichen, berichtet der Forschungsleiter: „Eine deutschsprachige Mutter schreibt im Browser ,Kind und Impfstoff‘ ein, wodurch automatisch Informationen aufscheinen, die aber nicht aus Südtirol stammen. In Deutschland oder Österreich haben wir aber ganz andere Regeln als in Italien. Das sind Dinge, die Verwirrung stiften.“

Die Studien zeigen außerdem, dass auch das Bildungsniveau Einfluss auf das Impfverhalten hat. Die Bereitschaft bei höheren Bildungsgraden sei höher. Das habe auch damit zu tun, wie Information verschafft und verstanden wird, glaubt Wiedermann: „In Südtirol gibt es also eher ein Misstrauen gegenüber zentralstaatlichen Vorgaben. Hinzu kommt eben die sprachliche Herausforderung.“

Eine weitere Erkenntnis der Studien sind die deutlichen Unterschiede zwischen ländliche und städtische Gebiete. Bereits eine Analyse des Sanitätsbetriebes habe gezeigt, dass die Meereshöhe der Wohngemeinde damit zusammenhängt, ob jemand geimpft ist. Das könne laut Wiedermann mit den geographischen Verhältnissen zu tun haben. Die Zugangsmöglichkeiten zu Gesundheitsdiensten und Informationen sei nicht immer einfach. Statt Hausärzten, die zu den größten Vertrauenspersonen im Gesundheitswesen zählen, beschaffen sich Menschen in Berggemeinden ihre Informationen von Freunden, Familienangehörigen oder aus den sozialen Medien.

Letzteres sei auch der Grund dafür, weshalb die Impfbereitschaft im Alter höher sei als bei Jüngeren. „Personen, die sich hauptsächlich über Social Media und das Internet informieren, sind möglicherweise stärker Desinformationen und impfkritischen Botschaften ausgesetzt. Die Algorithmen sozialer Netzwerke neigen dazu, Nutzer mit Inhalten zu versorgen, die ihre bestehenden Überzeugungen bestätigen, was zur Bildung von Echokammern führen kann, in denen impfskeptische Ansichten verstärkt werden“, erklärt Christian Wiedermann. Dafür haben die Studien aber gezeigt, dass sich die jungen Menschen für die Impfung aus altruistischen Gründen entschieden haben, während für ältere Menschen die eigene Sicherheit eine größere Rolle gespielt habe.

Das Institut hat im Rahmen der Studien auch fünf Handlungsempfehlungen für eine höhere Impfbereitschaft ausgearbeitet. Wichtig sei es, leicht verständliche Informationen für alle Bevölkerungsgruppen Südtirols bereitzustellen. Außerdem müsse man transparent über die Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe informieren. Auf die individuellen Ängste und Anliegen müsse man mit maßgeschneiderten Botschaften eingehen. Auch die Förderung von Bildungsprogrammen zur Verbesserung der Medienkompetenz sei elementar, um Fake News zu erkennen. Zuletzt müsse man Südtirols Meinungsbildner – neben den Hausärzten, die ein besonders großes Vertrauen genießen zähle dazu auch die Politik – einbinden, um das Vertrauen in die Impfung zu stärken.

Dies sei nicht zuletzt auch aufgrund der gehäuften Masernfälle in einigen europäischen Regionen wichtig, denn aktuell sei ein Herdenschutz nicht gegeben. Wiedermann bestätigt, dass sich das Institut ´bereits in enger Zusammenarbeit mit dem Sanitätsbetrieb befindet, um die Handlungsempfehlungen umzusetzen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (30)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

  • unglaublich

    Ich denk momentan darüber nach, was intelligenter, bzw. gesünder ist. Das Bildungsniveau oder der Hausverstand. Der Hausverstand ist bei den Dirigenten nicht beliebt.

    • placeboeffekt

      Laut Hausverstand gäbe es keine Newtonsche Mechanik und keine Relativitätstheorie.

      Als Galileo behauptete, die Periodendauer eines Pendels sei unabhängig von der Auslenkung, wurde er ausgelacht

      Der menschliche hausverstand ließ die Menschen jahrhundertelange glauben, Hexen und böse Blicke würden die Pest bringen.
      Hoffentlich sind Sie in der Hinsicht etwas weiter.

  • ummagumma

    Bildung heißt gar nichts! In meinem Bekanntenkreis studierten sie Psychologie, Pharmazie, Pädagogik etc. meist aber mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung, die ihre Fähigkeiten total überschätzen und die Fähigkeiten anderer herunterzuspielen.
    Sie glauben besonders talentiert zu sein mit dem Drang ständig bewundert werden zu wollen und einer Anspruchshaltung.
    Meist sind es Menschen mit starken Empathieproblemen!

  • andreas1234567

    Hallo zum Morgen,

    der übliche Geimpfte hatte zwischen drei und vier Impfungen und dazwischen trotzdem noch einige Infektionen. Nicht gerade der Sinn und Zweck einer Impfung.Und überzeugend gleich dreimal nicht..
    Dazu immer wieder das Mantra „schützt vor Ansteckung und Weitergabe“sonst hätte man wohl kaum hunderte Pflegekräfte zum Teufel jagen können.Am Ende, eskaliert wurde gewiss nicht von denen die diese neuartige Wunderspritze aus einem gesundem Misstrauen heraus eben nicht wollten, erpresst, gedroht, ausgegrenzt haben andere und erschreckend viele, darunter auch Amtsträger und Verbandsbonzen.Und natürlich die liebe barmherzige Kirche.

    Apropos gesundes Misstrauen, die in Südtirol massgeblichen Pandemie-Wortführer Widmann, Franzoni, Kaufmann und Zerzer haben auf diesem Medium lustig-tragische Berühmtheit erlangt, da gab es gewisse Telefonmitschnitte. Auch das dürfte viele Impfskeptiker mehr wie bestätigt haben. Die Genannten hatten schlicht das Pech abgehört zu werden, hätte man in Berlin, Wien oder Rom die Telefone von einem Speranza, einem Mückstein oder Spahn abgehört wäre Ähnliches zu hören gewesen, in D werden gerade einige Wortprotokolle an die Oberfläche gespült die den damaligen Pandemiezirkeln alles andere als „Wissenschaftlichkeit“ bei ihrem Handeln bescheinigen.

    Letzten Endes bleibt die Erinnerung an einen breiten Angriff auf so ziemlich alle eigentlich unveräusserlichen Grundrechte in einer atemberaubenden Geschwindigkeit und noch erschreckender die schiere Anzahl an Klatschhasen und Mitläufern die das einfach toll fanden.

    Bei mir bleibt ein massives Misstrauen in Politik,Kirchen und „Wissenschaft“ zurück, ein Misstrauen welches die in der Studie mehr oder weniger als hinterwäldlerische Bergbevölkerung titulierte Gruppe welche man als „Impfmuffel“ ausgemacht hat seit jeher haben, vor allem gegenüber allem „was aus Rom kommt“.
    Hab mich immer dort wohlgefühlt und seit diesen dunklen Zeiten um so mehr, Hausverstand und praktisches Denken ist auch meins und dort findet sich das noch in erfrischender Reinheit.

    Was haben diese 5 „Studien“ eigentlich gekostet? Ich hätte gratis diese Auskunft gegeben..

    Apropos gekostet, allein die Hunderte Milliarden welche die EU als Kredit aufgenommen hat und dann großzügigste auch in Rom verteilt hat (die Meloni verteilt gerade nach Gusto die 200 Milliarden, wenn PNRR draufsteht ist Corona-Hilfsgeldtopf gemeint) werden vorsichtig geschätzt um 2060 abbezahlt sein.Schönes Erbe..

    Auf Wiedersehen in Südtirol

  • robby

    Hier in diesem Forum bestätigt sich die Statistik:je dümmer desto impfskeptischer.

  • kritischerbeobachter

    In Südtirol gibts holt no mehr Leute die selber denken, was ja schon fast verboten ist.
    Es wäre ja wirklich interessant, eine ehrliche Statistik zu haben, wo weniger geimpft wird, ob es dort eine höhere Todesrate gibt?
    Leider werden solche Daten sehr oft manipuliert.
    Durch KI wird das selberdenken fürs normale Volk immer schlimmer.

    Glaube wenig – Hinterfrage alles – Denke selbst!

    • naja

      Wenn der eigene IQ dazu ausreicht, ja….ansonsten, naja….man könnte auch die eigene Rentenvorsorge jedem/jeder selbst denkenden überlassen….ich wette, in der Zukunft würden über 50% der Rentner unter der Brücke leben….in Südtirol denken manche zuviel oder mit der falschen Körperregion…

  • nochasupergscheiter

    Dem kann ich nichts hinzufügen.
    Natürlich wenn man hinter einer Sache 100prozentig gestanden hat, sich von den vorgegebenen Aussagen verleiten hat lassen, ja sogar jegliche Diskriminierung anderen gegenüber als gut befunden hat, dann ist jetzt schwer zuzugeben, der schwurbler hatte zu 80 Prozent recht.
    Krebs Medikamente müssen Jahrelang getestet werden, obwohl die in wenigen Wochen zum Tode verurteilten sie sofort nehmen würden… Da gibt’s aber keine ausnahme…
    hier hat man ein völlig neu entwickeltes Medikament, selbst Kindern und schwangeren gespritzt…
    du kommst nicht in den Schulbus, du kannst dein Kind gefälligst auf der strasse kriegen… So hat man gesagt..
    Wie kann man das jetzt rechtfertigen, wo herausgekommen ist dass weder das Medikament genutzt und nebenwirkungsfrei war, noch die masken effektiv sondern sogar schädlich und mit vielen krebserregenden Stoffen verunreinigt… Wer trug sie stundenlang? Die Kinder… All das ist nicht erfunden, sondern belegt.. Verantwortliche entschuldigen sich jetzt nichts gewusst zu haben… Ob das wirklich so ist wenn man die seitenweise geschwärzten rki protokolle betrachtet? .Warum hat man das nötig wenn alles ok und richtig war?

  • ummagumma

    @robby, so oft wie ich über Südtirol hinaus war kannst du nur träumen! Bis auf wenige Ausnahmen haben die Menschen die Scheuklappen nirgends so eng wie hier. Vor allem bei den Schlumpfbefürwortern!

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen