Der Öko-Hammer
Das EU-Parlament will mehr Klimaschutz bei Gebäudesanierungen. Was auf Südtirols Hausbesitzer zukommt. Und warum Herbert Dorfmann für – und Matteo Gazzini gegen die strengen Regeln gestimmt hat.
von Matthias Kofler
Matteo Gazzini spricht von einem „Angriff auf unsere Ersparnisse“, Herbert Dorfmann von einem „wichtigen und vernünftigen Schritt“.
Das Europäische Parlament in Brüssel hat am Dienstag mit breiter Mehrheit neue Sanierungsvorgaben beschlossen, die der EU helfen sollen, ihre Klimaziele zu erreichen. Wohngebäude müssen bis 2030 durchschnittlich 16 Prozent weniger Energie verbrauchen. Das Parlament will, dass alle neuen Gebäude ab 2030 emissionsfrei sind, das heißt sie dürfen keine Treibhausgase aus fossilen Brennstoffen ausstoßen. Bis 2040 dürfen keine Gas- oder Ölheizungen mehr verwendet werden. Die für die Umsetzung der Richtlinie zuständigen EU-Staaten müssen ab 2025 die Förderung von Heizungsanlagen einstellen, die mit fossilen Brennstoffen wie Öl oder Gas betrieben werden. Außerdem müssen ab 2027 schrittweise Solaranlagen auf öffentlichen Gebäuden und Nichtwohngebäuden installiert werden, sofern dies technisch, wirtschaftlich und funktional machbar ist.
Die strengen Bestimmungen wurden von den italienischen Rechtsparteien stark kritisiert, die einstimmig dagegen stimmten. „Diese Richtlinie über umweltfreundliche Wohnungen hätte nie verabschiedet werden dürfen, auch wenn sie gegenüber der ursprünglichen Fassung deutlich abgeschwächt wurde. Denn sie wird sich auf unsere Häuser auswirken und von allen Eigentümern energetische Verbesserungen verlangen, die viel Geld kosten werden“, warnt der Leiferer Abgeordnete und Forza-Italia-Chef Gazzini. Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission hatte viele Hausbesitzer aufgeschreckt, weil er eine Renovierung bis 2033 vorgeschrieben hätte. Die betroffenen Gebäude hätten schnell Mindeststandards für die Effizienz erreichen müssen, etwa durch Dämmung oder Fensterisolierung. Dies hätte Hausbesitzer schnell überfordern können; in manchen Fällen lohnt sich die teure Sanierung kleiner Wohngebäude nicht mehr.
Nach Angaben des EU-Chefunterhändlers Ciarán Cuffe sind in der neuen Fassung keine Anforderungen für einzelne Gebäude enthalten. Eines ist jedoch klar: Mittelfristig führt in den meisten Fällen kein Weg an der energetischen Sanierung von Privathäusern vorbei, wenn das EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050 erreicht werden soll. Die Aufgabe ist enorm. Schlechte Isolierung, geringe Energieeffizienz, Feuchtigkeit und Schimmel im Inneren: Schätzungen zufolge sind fast 75 Prozent der bestehenden Gebäude in der EU nicht energieeffizient. Wie sich die Anforderungen konkret auf Hausbesitzer und Wirtschaft auswirken, hängt von den Entscheidungen der Mitgliedsstaaten ab. Gazzini zeichnet ein düsteres Bild: „Stellen Sie sich eine Familie vor, die nach 30 Jahren ihre Hypothek abbezahlt hat und nun aufgefordert wird, Zehntausende von Euro für Energiemaßnahmen auszugeben“, warnt der Europaabgeordnete.
Er ist daher erstaunt über das Verhalten von Herbert Dorfmann, der mit Gazzini um eine Kandidatur für Forza Italia bei den Wahlen im Juni ringt und als einziger Abgeordneter der FI-Fraktion für die rigorosen Bestimmungen gestimmt hat. „Für die Sparer ist es wahrscheinlich sinnvoller, ihr Geld für Heizöl auszugeben“, kontert Dorfmann mit ironischem Unterton. Und fügt hinzu: „Vielleicht ist Herrn Gazzini entgangen, dass wir in Südtirol mit dem KlimaHaus bereits gezeigt haben, wie es geht.“
Der SVP-Politiker aus dem Eisacktal ist überzeugt, dass die Sanierung von Gebäuden, wie sie in Südtirol bereits stattfindet, wichtig ist. Die Fristen seien aufgrund des Kompromisses im Europäischen Parlament stark gestreckt worden und es gebe viele Ausnahmen, zum Beispiel für historische Zentren, landwirtschaftliche Gebäude und denkmalgeschützte Gebäude. Daher habe er aus Überzeugung für die EU-Richtlinie gestimmt.
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Kommentare (17)
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steve
Es wird ja eh schon jedes Haus, das saniert wird, auch gleich isoliert und ob statt Öl oder Gasheizung gleich eine effiziente Wärmepumpe eingebaut wird, macht kaum einen Unterschied!
Natürlich wollen da ein paar rechte Schreier Kapital draus schlagen!
Auch Söder meinte bei einer seiner Bierzeltreden, Wärmepumpen würden 300000 € kosten.
Da hat er wohl, weils so gut gschmeckt hat, noch gleich eine Null hinten drangehängt!
andreas
https://www.welt.de/politik/deutschland/article245770810/Gruene-versuchen-seit-Jahren-vergeblich-eine-Waermepumpe-in-die-Parteizentrale-einzubauen.html
Nach über 4 Jahren haben es die Grünen in Berlin nicht auf die Reihe gebracht, ihre Parteizentrale zu sanieren und eine Wärmepumpe einzubauen, da es bei Altbauten gar nicht so einfach ist.
Bis jetzt hat sie der Spaß 5 Millionen Euro gekostet.
Die 300.000 Euro bei Mehrfamilienhäusern vom Söder sind also gar nicht so abwegig.
Mit diesem Wissen, es dann doch uneingeschränkt von Privaten zu fordern, ist einer der Punkte, warum es besser ist, wenn Grüne ein paar Frösche über die Straße tragen, als meinen, Politik machen zu müssen.
Wobei, wilde Katzen fangen wäre auch eine äquadante Beschäftigung.
steve
Natürlich wenn man bedenkt, dass Wärmepumpen auch in Flugzeugen verbaut sind, kann man beim Gesamtpreis locker noch eine Null mit dranhängen!
Du kannst natürlich auch noch weiterhin die Abwärme deiner Harley zum Heizen deines Wohnzimmers verwenden und dich, wie ein Sechzehnjähriger, darüber freuen, dass du gegen den Strom schwimmst!
Übrigens werden in Finnland, wo es wohl auch nicht wärmer ist als hierzulande, bereits zu 70% Wärmepumpen verbaut.
andreas
Sag mal, bist du effektiv zu dämlich um einen Text zu lesen und zu kapieren oder macht es das Alter, dass recht senil bist und an der Sache vorbei argumentierst?
steve
Was verstehst du daran nicht, dass ein Flugzeug mit Wärmepumpe noch weit teurer sein kann?!
placeboeffekt
Die Wärmepumpe ist eine gute Idee, wenn man genügend billigen Strom und ein auf Stromheizungen ausgelegtes Netz hat. Ähnlich wie es die Versorger in den 50ern in den USA gemacht haben, als dort die Nachfrage nach Klimaanlagen sprunghaft anstieg.
Bei uns ist alles umgekehrt: Erst verknappt man den Strom und verteuert die Energie, dann schreibt man Stromheizungen vor, für die das Netz gar nicht ausgelegt ist – und wundert sich dann, dass zu diesen Bedingungen niemand bauen will.
opa1950
Vergesst doch bitte den Dorfmann.Dieser Herr ist nicht mehr Wählbar.
@alice.it
Zuallererst könnten die Bürgermeister aller Südtiroler Gemeinden angehalten werden, die größten Stinker im Lande, gemeint sind jene mit den alten Holzöfen, aus dem Verkehr zu ziehen.
2xnachgedacht
@alice.it
habe keinen prinzipiellen einwand…und doch ist mir ein alter spruch in den sinn gekommen:
mit vollen hosen lässt sich gut stinken. die erklärung dazu, finden sie im net.
tirolyam
Was soll das Theater .
Durch die Klimaerwärmung ist es zB in Bozen und Umgebung so viel wärmer geworden daß man eh nur mehr drei Monate heizen muss .
Wenn jemand sein Haus nicht perfekt isoliert hat , darf er dann bitte in seiner Wohnung oder Haus im Winter einen Pullover anhaben oder muss er auf Druck der Lobbypolitiker wie Herrn Dorfmann den ganzen Winter in kurzen Hosen und T-Shirt herum laufen .
Meine Großeltern hatten gar keine Heizung , kein warmes Wasser einen Herd in der Küche und sind auch nicht erfroren .
Eine Solaranlage für warmes Wasser auf dem Dach im Sonnenverwöhnten je nach Zone vollkommen ausreichend .
netzexperte
In erster Linie geht es bei diesen Vorschriften um die Bedienung der Lobbies, in erster Linie Industrie und Bauwirtschaft. Hackschnitzel und Pellets gehören auch zu den fossilen Brennstoffen, sind nachhaltig und CO2-neutral, werden mit dieser Verordnung aber mit Gas und Heizöl gleichgesetzt. Ein Witz.
tirolyam
Südtirol
foerschtna
Wir werden uns wundern, was den EU-Bürokraten noch so alles einfallen wird. Aber der Krug geht bekanntlich so lange zum Brunnen, bis er bricht.
kritischerbeobachter
Herr Gazzini Daumen HOCH !
Herr Dorfmann Daumen RUNTER !!!
robby
Ich bin gerade am Zweifeln ob wir zuerst den Dorfmann, die Grünen oder doch die EU mit ihren durchgeknallten Bürokraten abschaffen sollten.
murega
Ich hatte bis vor 3 Jahren eine Wohnung (Klimahaus D) mit autonomer Gasheizung. Nun eine Wohnung in Klimahaus A+ mit Wärmepumpe. Die Kosten sind nun deutlich höher, auch um die Teuerung der letzten Jahre zurückgerechnet.
Den Grund dafür konnte mir bis jetzt keiner erklären.
steve
Schlecht eingestellte Wärmepumpe?!