„Botschafter des Landes“
Sandro Pellegrini ist der neue Präsident des Südtiroler Wirtschaftsrings. Er sagt: Die größte aktuelle Herausforderung der Wirtschaft sei der Mangel an Arbeitskräften.
Am Donnerstagabend erfolgte im Rahmen der jährlich stattfindenden Generalversammlung des Südtiroler Wirtschaftsrings die offizielle Übergabe der Präsidentschaft. Diese ging von Federico Giudiceandrea vom Unternehmerverband an Sandro Pellegrini vom Handels- und Dienstleistungsverband.
Federico Giudiceandrea, welcher im Juni 2021 das Amt des SWR-Präsidenten übernommen hatte, blickte in seiner Rede auf eine bewegte Zeit im SWR-EA zurück. Er unterstrich die Bedeutung des Ehrenamtes und wie wichtig es sei, dass sich Menschen ehrenamtlich für die Sache einsetzen. Als SWR-Präsident habe er umfassende Einblicke in sämtliche Wirtschaftssektoren des Landes bekommen und diese auch besser verstanden. Es habe geholfen Brücken aufzubauen und Vorurteile abzubauen. In seiner Amtszeit habe er den Fokus auf Themen wie Nachhaltigkeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, leistbares Wohnen sowie Erreichbarkeit gelegt.
Zudem habe er sich dafür eingesetzt, dass die „Junge Wirtschaft“ in Zukunft stärker im SWR eingebunden wird. Er wünschte seinem Nachfolger Sandro Pellegrini alles Gute für seine Amtszeit und er hoffe, dass einige der Themen, die unter seiner Präsidentschaft vertieft worden waren, weiterhin verfolgt werden.
Nach der offiziellen Übergabe der Präsidentschaft hielt der neue Präsident Sandro Pellegrini seine Antrittsrede. Nach einer kurzen Vorstellung seiner Person zog er Bilanz über die Herausforderungen, denen sich die gemeinsame Plattform der sechs repräsentativsten Südtiroler Wirtschaftsverbände – Handels- und Dienstleistungsverband, Hoteliers- und Gastwirteverband, Wirtschaftsverband Handwerk- und Dienstleister, Südtiroler Bauernbund, Unternehmerverband und Vereinigung Südtiroler Freiberufler – in den kommenden Jahren stellen müsse.
Wichtige Herausforderungen, die über die „eigenen vier Wände“ hinausgehen, seien die Schwierigkeit, Personal zu finden, die Schwierigkeit, Wohnraum zu finden, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Mobilität und Erreichbarkeit des Territoriums, welche für die Entwicklung und den technologischen Fortschritt, dem der Abend gewidmet ist, notwendig seien, so der neue Präsident.
Die Themen seien viel stärker miteinander verwoben, als man meinen könnte, sagt Sandro Pellegrini und regt zum Nachdenken an.
Eine der großen Herausforderungen sei es, Arbeitnehmer zu finden, wenn ihnen kein preiswerter Wohnraum angeboten werden kann. Zugleich verweist Sandro Pellegrini aber auch auf die Schwierigkeiten, die der Wohnungsmarkt hätte, wenn es ein zu großes Angebot gäbe. „Man müsste den Unternehmen die Möglichkeit geben, ihren Arbeitnehmern Wohnraum anzubieten“ so der neue Präsident. Zudem betonte er die Professionalität, an der es immer mehr mangelt. „Man findet zwar Leute, die auch ein gewisses Interesse an der Arbeit haben, aber man muss sie oft von Grund auf neu ausbilden, eine Aufgabe, die man nicht allein den Unternehmen überlassen kann“, sagt Sandro Pellegrini. Andererseits betont er, dass es viele gut ausgebildete Frauen gibt, die motiviert wären, sich nach dem Mutterschaftsurlaub beruflich zu betätigen, sich aber zwischen Karriere und Familie entscheiden müssen, weil die öffentlichen Strukturen ihren familiären Bedürfnissen nicht gerecht werden.
In seiner Antrittsrede hebt Sandro Pellegrini zudem hervor, dass das Wohlergehen eines Landes oder einer Gemeinschaft in direktem Verhältnis zur Leistung seiner Wirtschaft steht, die unterstützt, gefördert und respektiert werden muss. Denjenigen, die sich entschließen, ein Unternehmen zu gründen, gebühre Lob und Wertschätzung. Dies gelte umso mehr für diejenigen, die das Unternehmen schon seit Jahren führen, denn die Unternehmen müssen unterstützt und begleitet werden, damit sie so reibungslos wie möglich arbeiten können. Ihre Aufgabe sei es, Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen, sowie das das BIP zu erwirtschaften, und nicht, dem Papierkram und der Bürokratie hinterherzujagen, so der neue Präsident des SWR-EA.
Dabei lobte er die Südtiroler Unternehmer als Botschafter des Landes, weil sie „unser“ Südtirol exportieren, das nicht nur eine Landschaft, sondern auch eine Denkweise sei. Man müsse unsere Territorialität verteidigen, so Sandro Pellegrini weiter.
Im Anschluss darauf unterstreicht er die Themen, die mit den Institutionen angegangen werden müssten, wenn konkrete Ergebnisse erzielt werden sollen, die dem Gebiet weiterhin Wohlstand bringen. So etwa das Thema der Erreichbarkeit. Die zu erwartenden starken Verkehrsbehinderungen aufgrund der teilweisen Sperrung der Luegbrücke ab 2025 mit der wahrscheinlichen Umleitung des Verkehrs auf die anderen Alpenübergänge könnten zu schädlichen, ja sogar unwiderruflichen Folgen führen.
Abgesehen davon gebe es den Bedarf an Infrastruktur, um erreichbar zu sein und um Waren schnell und einfach zu den Kunden transportieren zu können.
Ein weiteres Thema sei das Klima, denn sicherlich könne und müsse hier viel getan werden. Hier sei jedoch die Politik gefordert, für eine entsprechende Einbindung der Wirtschaft zu sorgen, damit die Expertise der Wirtschaft bestmöglich genutzt und das Thema gemeinsam so angegangen werden kann, dass es auch für Südtiroler Unternehmen nachhaltig ist.
Der neue Präsident ruft zur Zusammenarbeit mit den verschiedenen Landesräten auf, um die einzelnen Themen behandeln zu können, und bedankt sich bei Landesrat Marco Galateo und dem Landeshauptmann, mit denen er bereits sprechen konnte. Das Gespräch mit Landesrat Luis Walcher sei schon geplant und würde demnächst erfolgen.
Die Rede von Pellegrini schloss mit dem Vortrag von Ingenieur Walter Riviera, der über künstliche Intelligenz und die Art und Weise, wie sie unsere Arbeit in den kommenden Monaten und Jahren verändern wird, gesprochen hatte. Eine interessante neue Herausforderung, die als neue Chance ergriffen werden sollte, so der neue Präsident.
Zur Person:
Sandro Pellegrini, 51 Jahre alt, glücklich verheiratet und stolzer Vater von 2 Kindern.
Er hat an der Universität von Bologna das Jura Studium abgeschlossen und betreibt zusammen mit seinem Bruder Andreas und seinem Vater Mauro ein Familienunternehmen, die Bäckerei Lemayr, die neben dem Produktionsstandort in Bozen auch eigene Verkaufsstellen im Trentino, Veneto und der Lombardei betreibt.
Außerdem ist er zusammen mit seinem Bruder Andreas Teilhaber des Unternehmens Partner s.r.l., das belegte und gefüllte Brötchen herstellt, die zu 70% im Ausland verkauft werden: Österreich, Deutschland, Frankreich, Slowenien, Kroatien, Bosnien, Schweden, Finnland und die Vereinigten Arabischen Emirate.
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Kommentare (4)
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robby
Liebe Wirtschaftstreibende, versucht es doch mit guten Löhnen und familiengerechten Arbeitszeiten.
placeboeffekt
„ Mangel an Arbeitskräften“
Ein Euphemismus für
„Mangel an billigen und willigen Ressourcen „
Wer klug ist, wandert entweder aus, tritt in den öffentlichen Dienst oder macht sich selbstständig.
Das Arbeitsklima und die Bezahlung in den Südtiroler Betrieben bleibt, gemessen an der verlangten Leistungsbereitschaft und den Lebenshaltungskosten, unterirdisch.
summer1
Ja, liebe Arbeitgeber, dann veröffentlicht doch in euren Stellenangeboten mal die Brutto- bzw. Nettolöhne, so wie das in Österreich sogar längst Pflicht ist.
Das hat nämlich zwei Vorteile:
1. Frauen können mit ungefähr denselben Gehältern rechnen wie ihre männlichen Kollege und
2. kann jeder sehen, woran der Fachkräftemangel tatsächlich liegt: am unverschämt niedrigen Lohn.
Man braucht sich nur die Stellenanzeigen anschauen: Wer das ganze Jahr inseriert, findet wohl aus einem klaren Grund keine Fachkräfte bzw. warum werden denen von anderen Betrieben ständig die Arbeiter abgeworben?
olle3xgscheid
Hm, coole Idee, das mit dem veröffentlichen.