Entlastendes Gutachten
Im Strafverfahren zur Benutzungsgenehmigung der Gemeinde Bozen für ein Innenstadt-Lokal wird Werner Frick, damaliger persönlicher Referent des Vizebürgermeisters, von einem graphologischen Gerichtsgutachten entlastet.
von Thomas Vikoler
Mit hoher Wahrscheinlichkeit stammt der handschriftliche Zusatz, mit dem aus dem gedruckten Wort „Dach“ „Dachflächen“ wurden, nicht von Werner Frick.
Zu diesem Ergebnis kommt die Graphologin Simona Tosi in einem Gerichtsgutachten, das sie gestern in einer Verhandlung am Bozner Landesgericht präsentierte.
Ein Gutachten, das den damaligen persönlichen Referenten des Bozner Vizebürgermeisters Christoph Baur, im Strafverfahren zum Vorwurf der Aufforderung zu einer Leistung oder zum Versprechen eines Vorteils, eine mildere Form der Erpressung im Amt nach Strafrechtsartikel 319quater, entlastet.
Fricks Verteidiger Francesco Coran wird auf der nächsten Vorverhandlung am 30. Mai die Einstellung des Verfahrens gegen den früheren Landesrat beantragen.
Es geht in dem Strafverfahren um die Benutzungsgenehmigung für das Innenstadtlokal Italia & Amore in der Silbergasse, das zuvor umgebaut worden war. Um die Inbetriebnahme ermöglichen zu können, stellte die Gemeinde am 30. Oktober eine Teil-Benutzungsgenehmigung aus. Dies, obwohl weiter ungeklärt war, ob die ohne Baugenehmigung errichtete Belüftungsanlage auf der Dachterrasse des Lokals rechtens war oder nicht. Inzwischen ist die Angelegenheit baurechtlich saniert worden.
Weiter aufrecht ist die Strafanklage gegen Frick und Paolo Bellinzier, dem Leiter der Urbanistikabteilung der Gemeinde Bozen. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft ebenfalls die Verletzung von Artikel 319quater vor, nämlich indem er einen Gemeindegeometer und einen Gemeindeingenieur darauf gedrängt haben soll, ein Feststellungsprotokoll abzuändern.
Und was soll Werner Frick, der persönliche Referent des Vizebürgermeisters, getan haben?
Ihm ordnet die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage den handschriftlichen Zusatz zum Entwurf für die Benutzungsgenehmigung zu, auch wenn das eigene graphologische Gutachten von einer 50-zu-50-Wahrscheinlichkeit ausgeht.
Durch das Wort „Dachfläche“ weitete sich laut Anklage der Bereich des nutzbaren Gebäudes aus, während im gedruckten Entwurf die „Anlagen“ von der Benutzungsgenehmigung ausgenommen worden waren. Mit Anlagen war die widerrechtlich errichtete Abzugsanlage gemeint, die insbesondere für den Betrieb der Küche notwendig war. Ohne diesen hätte das Lokal wohl nicht eröffnet werden können.
Gerichtsgutachterin Tosi kam jedenfalls zum Schluss, dass der handschriftliche Zusatz mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Frick stammt – sondern von einer dritten Person. Wer das sein könnte, muss etwaig die Staatsanwaltschaft herausfinden.
Der Beschuldigte, der inzwischen für René Benkos Signa Holding tätig ist, dürfte damit strafrechtlich aus dem Schneider sein. Vom graphologischen Gutachten unberührt ist hingegen die Position von Paolo Bellinzier, der von Luciano Andrea Miori verteidigt wird.
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Kommentare (1)
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pingoballino1955
Hochbrisant,natürlich gilt die Unschuldsvermutung?