Südtirol-Krimi in der Kunstszene
Der erste Krimi von Edit Meraner, Direktorin der Berufsschule Johannes Gutenber, ist eine verwickelte Geschichte mit vielen Personen und gibt Einblicke in die Ökonomie der Kunst.
von Sandra Fresenius
Zwei Tote: ein Freitod und ein Mord. So startet der Südtirol-Krimi von Edit Meraner. Die Direktorin der Berufsschule Johannes Gutenberg in Bozen gibt in ihrem ersten Buch einen Einblick in die wirtschaftliche Seite der Kunst und den steinigen Weg hin zu einem etablierten Künstler, den nur wenige erfolgreich bestreiten.
Claudia, eine junge Künstlerin, hat nach scharfer Kritik von Thomas Thaler an ihrer Ausstellung Selbstmord begangen. Eben dieser stürzt nach der Wiedereröffnung des Kunstmuseums in Bozen von einem der oberen Stockwerke in die Tiefe und stirbt. Im Blut des Toten wird eine ungewöhnlich hohe Menge eines blutdrucksenkenden Medikamentes sowie eines Schlafmittels gefunden. Daraufhin wird Staatsanwalt Jacob Morandt mit den Mordermittlungen beauftragt. Das Mordopfer hat sich von einem kunstbegeisterten Bergbauernbub aus Ulten, zu einem etablierten Künstler und Kunstkritiker hochgearbeitet. Langsam und beharrlich hat er sich Macht und Einfluss aufgebaut und man vertraute seinem Urteil, während er für sich selbst Deutungshoheit in Anspruch nahm. Die Sucht nach Anerkennung und Macht aber verändert ihn. Und sie bringt auch Abhängigkeitsverhältnisse– vor allem zu Galerist Josef Stollberg und Johannes Herzog, seinem Förderer und Finanzier. Erstmals trifft Thaler ihn auf einer Studentenparty. Im Verlaufe der Zeit werden sie zu Partnern aber auch zu Kontrahenten. Johannes erkennt Thomas‘ Talent und seinen Ehrgeiz und beschließt, ihn als Künstler zu fördern – und ihm seine Freundin Mia auszuspannen. Da Thomas Geld braucht, um sein Studium zu finanzieren, startet Johannes einen niederträchtigen Plan, der den angehenden Künstler Thaler in seine Abhängigkeit bringt.
Johannes wird aufgrund der schwierigen und wechselhaften Beziehung zu Thomas schnell zum Hauptverdächtigen im Mordfall auserkoren, aber auch Museumsdirektor Ludwig Greis und Künstler Lukas Pirer, Widersacher und Konkurrent Thalers, der durch dessen Aufstieg seine eigene Bevorzugung in der Kunstszene verloren hat. Weitere Verdächtige sind Mia und Laura Moser, die Ehefrau von Johannes, sowie die Eltern von Claudia. Alle hätten ein Motiv.
Die Geschichte entspinnt sich abwechselnd zwischen Rückblenden und der gegenwärtigen Ermittlungsarbeit. Dabei begibt sich nicht Staatsanwalt Morandt allein auf die Suche nach dem Mörder Thalers, sondern ebenso Laura mit ihrer Kenntnis über den wirtschaftlichen Hintergrund des Kunstmarktes sowie Mia, die, nachdem sie mit Johannes liiert war, wieder zu Thomas zurückgekehrt war. Neben vielen falschen Fährten führen ungewöhnliche Geldbewegungen, ein blaues Bild, der Ankauf einer Sammlung, ein Seegrundstück und ein Tauschgeschäft schließlich zum Täter.
Edit Meraner: Tod eines Künstlers. Edition Laurin, 320 Seiten.
„Meine persönliche Seite“
Edit Meraner erzählt von ihrer Liebe zur Kunst und welche biographischen Elemente sich in ihrem Krimi finden.
Tageszeitung: Frau Meraner, wie sind Sie zum Schreiben gekommen?
Edit Meraner: In der langjährigen Zeit als Geschäftsführerin des Südtiroler Künstlerbundes habe ich ein Sachbuch über Kunst und Ökonomie geschrieben. Da habe ich mir gedacht, dass es schön wäre, auch mal selbst Figuren erfinden und Handlungsstränge verwickeln zu können. Aber erst in einer Auszeit habe ich es mit dem Schreiben probiert. Es war dabei von Anfang an klar, dass die Geschichte in der Kunstszene spielen muss, weil ich stark mit dieser verbunden bin.
Warum haben Sie sich für einen Krimi entschieden?
Erstens lese ich selbst sehr gerne Krimis, zweitens gibt es bei einem Krimi im Vergleich zur Liebesgeschichte viel mehr Möglichkeiten. Die Gefühle Neid, Hass, Rachsucht und Egoismus sind vielleicht hier auch viel stärker, weil sie mit einer existenziellen Bedrohung zusammenhängen. Die vielen Personen im Krimi haben alle einen sehr unterschiedlichen Charakter. Für einen Krimi gibt es sehr viele Personen. Ich wollte eine kompliziertere Geschichte entwickeln mit verschiedenen Handlungssträngen und verschiedensten Geschichten in einer Geschichte. Darüber hinaus war es mir wichtig, den unterschiedlichen Zugang zur Kunst zu zeigen und vor allem die Verletzbarkeit der Künstler.
Finden sich auch autobiographische Züge in der Geschichte?
Die im Buch erwähnten Städte spielen alle eine Rolle in meinem Leben. Es ist ein Südtirol-Krimi., aber mir ist auch wichtig, diese Offenheit – auch in meinem Denken – zu zeigen. Es ist kein begrenztes kleines Land. Es spannt sich ein Bogen von dem, was ich erlebt habe von Künstlern vor ihrer Ausstellungseröffnung, und mir: Was wird mein Umfeld zur Veröffentlichung des Buches sagen?
Werden weitere Krimis folgen?
Am Ende des Buches ist bereits ein wenig angekündigt, dass es mit dem Staatsanwalt weitergeht. Diese Figur ist sehr interessant, weil sie die italienische und die deutsche Seite in sich vereint. Ich möchte gerne seine Geschichte intensivieren. Ich hatte Lust und den Wunsch, den zweiten Band zu schreiben. Eine Seite ist der Beruf, der mir auch sehr wichtig ist, aber das Schreiben zeigt die persönliche Seite von mir.
Wem würden Sie das Buch empfehlen?
Die Zielgruppe sind Krimileser mit einer Vorliebe für verwickelte Geschichten und Leute, die sich für Kunst interessieren. Aber auch für Leute, die gar keinen Bezug zur Kunst haben, kann es interessant sein, genauso für die, die sich für Südtirol und seine Eigenheiten interessieren.
Interview: Sandra Fresenius
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