Lebenslang zum Zweiten
Das Bozner Oberlandesgericht bestätigt den Schuldspruch für den 43-jährigen Mustafa Zeeshan, der seine Frau Fatima laut Urteil vor vier Jahren ermordet hat.
Von Thomas Vikoler
Das Oberlandesschwurgericht nimmt sich viel Zeit und Raum für die Urteilsfindung. Knapp sechs Stunden inklusive einer Mittagspause. Ein Schwurgericht müsste sich in dieser Phase eigentlich gänzlich von der Außenwelt isolieren.
Gegen 18.00 Uhr, früher als angekündigt, wird es verkündet, das Berufungsurteil im Mordfall Fatima Zeeshan. Die 27-jährige Frau aus Pakistan, im achten Monat schwanger, wurde am Morgen des 30. Jänner 2020 tot in der gemeinsam mit ihrem Mann Mustafa bewohnten Wohnung in Vierschach aufgefunden. Sie war schwer verprügelt und, wahrscheinlich mit einem Kissen, erstickt worden.
Und auch für das Oberlandesgericht kann niemand anderes der Täter gewesen sein als er, der Ehemann Mustafa Zeeshan, bis zu seiner Festnahme Pizzabäcker in einem Lokal in Vierschach. Der im Jahre 2021 erstinstanzlich zu einer lebenslänglichen Haftstrafe Verurteilte ist bei allen drei Verhandlungen des Berufungsverfahrens anwesend, neben ihm seine Verteidiger Federico Fava und Amanda Cheneri sowie eine Übersetzerin.
Bei seiner ersten Einvernahme in der Carabinieri-Kaserne von Innichen hatte Mustafa Zeeshan Italienisch gesprochen und dem ermittelnden Staatsanwalt mitgeteilt, dass er am Zug sei, ihm die Tat zu beweisen. Weitere Hinweise wie ein im Gefängnis abgehörtes Telefonat mit Verwandten legen nahe, dass sich der 43-Jährige des Geschehenen bewusst war. Die Verletzungen an seinen Füßen, wahrscheinlich eine Folge der Fußtritte, waren außerdem nicht zu leugnen.
In den Verhandlungen beider Instanzen war seitens der Verteidiger wiederholt von einer Schlafkrankheit und einer psychischen StörungMustafas die Rede. Entsprechend beantragten die Anwälte Fava und Cheneri im Berufungsverfahren entweder eine Haftreduzierung mit Zuerkennung von allgemein mildernden Umständen oder eine Erneuerung des psychiatrischen Gerichtsgutachtens, das Zeeshan für voll zurechnungsfähig erklärte.
Das Oberlandesgericht unter Vorsitz von Silvia Monaco sieht hingegen keine Notwendigkeit für ein neues Gutachten. Und für allgemein mildernde Umstände – etwa wegen der Teilnahme an den Verhandlungen und seiner bisherigen tadellosen Lebensführung – schon gar nicht. Das Urteil der ersten Instanz mit einer lebenslänglichen Haftstrafe (inklusive sechs Monate Isolationshaft) wird bestätigt.
In ihrem Schlussplädoyer erklärte Verteidigerin Amanda Cheneri, dass ein klares Tatmotiv nicht erkennbar sei. Auch nicht eine mögliche VerärgerungMustafas darüber, dass das ungeborene Kind im Körper Fatimas weiblich war – was ihr Mann laut Aussagen der Hebamme gar nicht wusste.
Die Verteidigung bestreitet außerdem, dass Mustafa seine im Jahre 2019 nach Italien nachgereiste Ehefrau in der Wohnung in Vierschach eingesperrt habe. „Fatima hatte Geld und konnte auch das Haus verlassen“, erklärte Verteidiger Fava in der Verhandlung am Samstag.
Das nützte alles nichts. Der Fall geht nun vor die Kassation, gegen das nun ergangene Berufungsurteil werden die Verteidiger Beschwerde einlegen.
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