„Brauchen mehr Gehör“
„Anpacken für unsere Zukunft“: Unter dieses Motto hatte die Südtiroler Bauernjugend ihre Mitgliederversammlung im Bozner Waltherhaus gestellt.
Den besten Beweis dafür, dass junge Menschen hochmotiviert sind, aktuelle Herausforderungen aktiv anzugehen und die eigene Zukunft zu gestalten, hat die Südtiroler Bauernjugend mit ihrer Mitgliederversammlung am Sonntag geliefert. Der Raiffeisen-Jungbergbauernpreis geht heuer ins Sarntal.
„Anpacken für unsere Zukunft“: Unter dieses Motto hatte die Südtiroler Bauernjugend ihre Mitgliederversammlung im Bozner Waltherhaus gestellt. Was darunter zu verstehen ist, machten Landesobmann Raffael Peer und Landesleiterin Anna Knottner bei der Versammlung klar.
Knottner betonte eingangs: „Besonders für uns jungen Leute ist die Zukunft ein wichtiges Thema, mit dem oft Vorfreude, aber auch Sorgen und Ängste verbunden sind. Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt schon vorausschauend mögliche Probleme erkennen und Chancen zu unserem Vorteil nutzen.“
Knottner ging auf das Ehrenamt ein, das zurzeit mit hohen bürokratischen Hürden und Auflagen zu kämpfen hat: „Es ist fundamental, die Funktionäre nicht weiter durch immer mehr Auflagen zu belasten, sondern eine Erleichterung für all jene zu schaffen, die sich aktiv für unser Land und den Erhalt unserer Kultur einsetzen.“
Einen nachhaltigen Zugang zu Wasser und Energie verortete Knottner als eine der wichtigsten Herausforderungen für Südtirols Landwirtschaft: „Bereits heute merken wir, wie knapp das Wasser in vielen Landesteilen werden kann und welche negativen Auswirkungen dies auf die Natur hat. Wir müssen innovative Lösungen finden, um sicherzustellen, dass wir auch in Zukunft genügend Wasser für die Landwirtschaft und die gesamte Bevölkerung zur Verfügung haben.“
Bei der Energieversorgung gehe es darum, möglichst unabhängig von anderen Ländern zu werden: „Es ist wichtig, dass wir schon jetzt vorausdenken und innovative Methoden schaffen, um nachhaltig und auch langfristig Energie produzieren zu können. Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, damit auch die bereits bestehende Infrastruktur genutzt werden kann und innovative Projekte einfacher und ohne großen Aufwand umgesetzt werden können“, forderte Knottner.
Raffael Peer fand klare Worte zu einigen der Themen, die aktuell auf der Tagesordnung stehen: „Anbindehaltung verbieten, Flächen stilllegen, hohe Grundstückpreise und niedrige Erlöse: Immer mehr – vor allem junge – Bäuerinnen und Bauern denken angesichts solcher Diskussionen ans Aufgeben. Wir als Bauernjugend denken nicht daran, wir sind bereit, anzupacken und diese Themen wieder in die richtige Richtung zu lenken!“ Nach wie vor sorgt die Landwirtschaft dafür, dass es Lebensmittel gibt, Europa müsse sich wieder stärker darauf besinnen und seine landwirtschaftliche Produktion selbst in die Hand nehmen.
„Wir brauchen mehr Gehör für wissenschaftliche Fakten als für ideologische Diskussionen. Es muss klar sein, dass es ohne Pflanzenschutz keine Produktionssicherheit gibt. Die positiven Signale, die derzeit auf EU-Ebene zum Wolf ausgesandt werden, dürfen keine kleinen Lichter bleiben, sondern müssen ein Lauffeuer werden. Und in Sachen Tierwohl muss klar werden, dass flächendeckende Laufställe bei uns unrealistisch sind“, unterstrich Peer. Ein besonderes Anliegen sei der Bauernjugend der drohende Ausverkauf der Heimat: „Für Bauern ist es kaum mehr möglich, Höfe zu erwerben, weil finanzkräftige Investoren den Preis nach oben treiben. Wir müssen die Regeln für den Verkauf geschlossener Höfe ändern: Wer einen geschlossenen Hof kauft, muss diesen auch aktiv bewirtschaften und dort leben!“, forderte Peer.
Der umfangreiche Tätigkeitsbericht über das abgelaufene Jahr zeigte die Bauernjugend als lebendige Organisation, die großen Einsatz für die Landwirtschaft und das Brauchtum zeigt, die eng mit anderen Jugendorganisationen im In- und Ausland verbunden ist und innovative Ideen fördert. Auch 2024 hat die Bauernjugend wieder viel vor.
Jungbergbauernpreis an Sarner Familie
Der von den Raiffeisenkassen gestiftete Jungbergbauernpreis geht in diesem Jahr an die Familie Thaler vom Scharr Hof im Sarntal. Andrea Aster und Benjamin Thaler bewirtschaften den Hof in der Fraktion Auen oberhalb von Sarnthein. Mit am Hof leben Sohn Raphael, Oma Christine und Opa Florian, welche alle tatkräftig mithelfen. Andrea ist 35 Jahre jung, besuchte die Volks -und Mittelschule in Sarnthein und absolvierte die Fachoberschule für Landwirtschaft in Auer.
Die Haflingerpferde liegen ihr sehr am Herzen, weshalb sich Andrea zur Nationalen Rasseexpertin ausbilden lässt. Aktuell repräsentiert sie die Haflingerrasse als amtierende Haflinger-Königin. 2006 nahm Andrea an den Europameisterschaften der Waldarbeiter teil, wo sie sich den Titel „Vizeeuropameisterin“ holen konnte.
Benjamin absolvierte die Lehre zum Tischler und arbeitet aktuell in Vollzeit in einem Holzverarbeitungsbetrieb. Auch er teilt mit seiner Frau die Leidenschaft zu den Tieren am Hof. Neben seiner Passion als Jäger engagiert sich Benjamin auch im Rodelclub als Ausschussmitglied.
Der Scharrhof ist ein Kälbermastbetrieb, welcher auf einer Meereshöhe von 1150 m liegt und in der Höfekartei mit 86 Erschwernispunkten eingetragen ist. 2018 übernahm Andrea den geschlossenen Hof, worauf anschließend 2019 die Neuerrichtung von Stall und Stadel folgte. Insgesamt gehören ca. 20 Hektar land- und forstwirtschaftliche Fläche zum Betrieb. 4,4 Hektar bestehen aus Wiesen, welche zwei Mal im Jahr gemäht werden.
Dabei kommen Mähmaschine und Sense zum Einsatz. Die restlichen 15 Hektar sind Waldfläche.
Neues Projekt Erbschaft
Raffael Peer stellte das Projekt Erbschaft vor, mit dem die Südtiroler Bauernjugend, der Südtiroler Bauernbund und der Bäuerliche Notstandsfonds den Nachlass eines deutschen Landwirtschafts-Freundes sinnvoll verwenden möchten. „Wir wollen mit dem Projekt Erbschaft Projekte fördern, welche zum Erhalt der Landwirtschaft im Berggebiet beitragen, das Verständnis der nicht bäuerlichen Bevölkerung für die Landwirtschaft verbessern oder einen sozialen Zweck wie eine Erlebnisschule oder Altenpflege am Hof erfüllen wollen. Alle zwei Jahre soll auf der Mitgliederversammlung der Bauernjugend ein gefördertes Projekt vorgestellt werden. Mehr Informationen gibt es auf der Webseite www.sbj.it.
Abschließend gab es auch noch viel Applaus für drei langjährige Funktionäre der Südtiroler Bauernjugend, die mit dem Ehrenzeichen in Gold ausgezeichnet wurden: Doris Marini war erst Ortsleiterin-Stellvertreterin, dann Ortsleiterin in St. Michael/Eppan sowie Bezirksleiterin im Bezirk Bozen. Alex Perathoner war jahrelang Ausschussmitglied in der Ortsgruppe Wolkenstein und zuletzt acht Jahre lang Bezirksobmann im Bezirk Eisacktal. Angelika Springeth war erst Ortsleiterin in der Ortsgruppe Gries, dann Bezirksleiterin im Bezirk Bozen und dann Landesleiterin der Südtiroler Bauernjugend. Bei der Ehrung von Angelika Springeth erhoben sich alle im Saal von ihren Sitzen.
Lob von Ehrengästen, Dank für SBB-Ehrenobmann
Bauernbund-Landesobmann Daniel Gasser ging auf die fragwürdige Umsetzung der EU-Agrarpolitik in Italien ein: „Bei der Umsetzung der Öko-Schiene ist einiges daneben gelaufen. Wir wollen, dass die Gelder für die Weidehaltung wieder dort ankommen, wo sie hingehören und wofür sie auch gedacht waren – ins Berggebiet.“ Weil die Landwirtschaft oft als Sündenbock für alles Mögliche herhalten muss, brauche es noch mehr Engagement, um Menschen wieder auf die Leistungen und die Bedeutung der Landwirtschaft hinzuweisen.
Landesrat Philipp Achammer verwies auf die Begeisterung und Leidenschaft, die für ein Fortbestehen der Landwirtschaft unersetzlich ist: „Wir haben heute eine Überreglementierung, die vielen diese Begeisterung nimmt. Wir brauchen wieder einen Weg des gesunden Hausverstandes, der Dinge einfacher macht, nicht schwerer. Viel Applaus gab es abschließend auch für den ehemaligen und nun Ehrenobmann der Südtiroler Bauernbundes, Leo Tiefenthaler. Raffael Peer dankte ihm: „Du hast immer gesagt: Wer die Senioren hat, hat die Mehrheit. Wer die Jugend hat, hat die Zukunft. Für uns warst du immer ein Vorbild, dem wir nacheifern.“
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