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„Das ist ziemlich verrückt“  

 

Der Ex-Parlamentarier Karl Zeller sieht in der Aktion von Andreas Leiter Reber eine Verantwortungslosigkeit zum Quadrat – und erklärt, warum Neuwahlen unwahrscheinlich sind.

TAGESZEITUNG: Herr Zeller, was sagen Sie zur Leiter-Reber-Bombe?

Karl Zeller: Wir haben jetzt leider italienische Verhältnisse, sprich: totale Instabilität, so wie es früher – vor den Reformen – in Italien zuging. Damit wird das Arbeiten schwierig, weil einige wenige darauf fokussiert sind, den anderen ein Haxl zu stellen.

Die Außenwirkung ist fatal?

Natürlich, man riskiert jetzt, dass ein jahrzehntelanges Erfolgsmodell den Bach runter geht. Es kommt die Schlagkraft abhanden. Wie will man mit Rom verhandeln, wenn man vor allem damit beschäftigt ist, die Mehrheit im Landtag zu retten? Und das Schlimme ist: So wie es jetzt dem LH jetzt ergeht, wird es auch seinem Nachfolger ergehen. Alles zerbröselt.

Aber so überraschend kommen diese argen Turbulenzen nicht …

Es war absehbar, dass sich in einer 5-Parteien-Regierung die Unsicherheitsfaktoren multiplizieren, überraschend ist, dass es so schnell zum Eklat gekommen ist. Die stabilsten sind kurioserweise die italienischen Koalitionspartner. Für sie ist die Zersplitterung nichts Neues und sie haben daraus gelernt.

Wie geht es jetzt mit der Landesregierung weiter?

Das hängt davon ab, wie kompakt die Regierung ist. Ich glaube nicht, dass neu gewählt wird. Neuwahlen brächten wohl nur für Paul Köllensperger oder Sven Knoll Vorteile, für die anderen nicht. Im Fall von Neuwahlen würden all jene bestraft, die die Koalition zum Scheitern gebracht haben, vor allem die Freiheitlichen riskieren, aber auch die SVP würde bestraft. Und ohne das Zugpferd Kompatscher ist es fraglich, ob sie noch auf 10 Mandate kommt. Die Fratelli und die Lega wollen ebenfalls nicht wählen. Die einzige Alternative ist also das Weitermachen, wenn auch mit einer fragileren Mehrheit.

Für die Menschen im Lande ist die politische Ist-Situation, die von Posten-, Flügel- und Machtkämpfen gepärgt ist, nicht nachvollziehbar …

Schlimm sind die Heckenschützen. Das sind Leute, die nur an sich denken und sich nicht bewusst sind, dass sie – wenn sie dauernd Löcher in die Bordwand des eigenen Schiffes schlagen – mit diesem untergehen.

Namen?

Ich nenne keine Namen. Aber die Leute, die jetzt als Heckenschützen agieren, wären im Fall von Neuwahlen ebenfalls weg vom Fenster, sie würden sicher nicht mehr gewählt und vielleicht gar nicht mehr als Kandidaten aufgestellt.

Mit einem LH Peter Brunner wäre das Problem gelöst?

Der eventuelle Nachfolger von Kompatscher hätte dieselben Probleme. Meinen Sie, dass dann ein Leiter Reber in die Mehrheit zurückkäme? Leiter Reber sagt selbst, dass er mit Kompatscher gut auskommt.

Die SVP könnte Thomas Widmann in die Mehrheit holen?

Auch damit löst man das Problem nicht.

Man könnte das Team K in die Mehrheit holen, anstatt der Freiheitlichen …

Ich glaube nicht, dass Köllensperger das machen würde. Er geht wohl lieber aufs Ganze, also Richtung Neuwahlen.

Was wird jetzt geschehen?

Zu schauen ist, ob die Titanic tatsächlich auf den Eisberg auffährt. Eine Rettungsschaluppe haben nur wenige. Und auch die Heckenschützen werden sich mit vielen anderen auf dem Grund des Atlantik wiederfinden.

Wie erklären Sie sich Leiter Rebers Aktion?

Es gibt in der Politik immer wieder diese suizidalen Aktionen aufgrund von Kränkungen oder Verletzungen. Wenn er nach einem Jahr gesagt hätte: Ich steige ich aus, weil das Programm nicht umgesetzt wurde, dann hätte man das vielleicht verstehen können. Aber vor vier Wochen hat Leiter Reber das Koalitionspapier unterschrieben und sagt heute noch, das Programm ist super. Gleichzeitig tritt er aus der Koalition aus, bevor diese überhaupt angefangen hat zu arbeiten. Das ist ziemlich verrückt …

Einige vermuten Thomas Widmann als den großen Strippenzieher im Hintergrund …

Das kann gut sein, Leiter Reber war in der Vergangenheit öfter das Sprachrohr von Thomas Widmann, wenn dieser nicht selbst aufscheinen wollte.

Einige lachen sich jetzt ins Fäustchen …

Diese Leute lachen vielleicht zu früh. Denn, erstens, glaube ich nicht, dass Abgeordnete, die viel Geld in den Wahlkampf gepulvert haben, nach einem Jahr Neuwahlen wollen. Die meisten dieser Abgeordneten haben nicht die großen beruflichen Alternativen. Und ein konstruktives Misstrauensvotum …

… das es für eine Abwahl des LH braucht …

… das schaue ich mir an, wie sich ein Wirth Anderlan mit der Frau Foppa, mit dem PD und mit Paul Köllensperger auf einen gemeinsamen LH einigt. Die Aktion von Leiter Reber ist jedenfalls eine politische Verantwortungslosigkeit zum Quadrat und ein Verrat an seiner Partei, er hätte ja von vornherein sagen können, dass er nicht mitmacht.

Wollte er Ulli Mair eins auswischen?

Das weiß ich nicht. Vielleicht ist er frustiert,  dass Ulli Mair seine Spitzenkandidatin entmachtet hat und nun in der Partei dominiert. Vielleicht stört es ihn, dass er hinter Ulli Mair in die zweite Reihe zurücktreten musste. Vielleicht hat sie ihn zu wenig gehegt und gepflegt. Im italienischen Parlament gibt es für solche Fälle einen Minister für die Beziehungen zum Parlament, nun brauchen wir in Südtirol wohl auch so eine Figur.

Interview: Artur Oberhofer

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (52)

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  • ummagumma

    So so, dass ein jahrzehntelanges „Erfolgsmodell“ den Bach heruntergeht.
    Ist ein „Erfolgsmodell“ end und zeitlos und nicht irgendwann zum scheitern verurteilt wenn die großen Stücke des Kuchen immer in den gleichen Mäulern geschoben werden!
    Wir erleben ein Politik, die mit/durch Menschen vertreten ist, die bewusst die Macht zu ihrem eigenen Nutzen missbraucht haben. Das nennt man Postenschacherei und im nichts anderes geht es den Herrschaften und dieser Partei. Dies Koalition mag rechtens sein aber sie wurde sicher nicht vom Vollk gewollt. Verlierer holen sich Verlierer mit ins Boot und glauben ihre Schwächen und Verfehlungen der lezten Jahre damit überspielen zu können. LIebe Edelweißen, wärd ihr von Eurem hohen Ross eine oder zwei Stufen herabgestiegen, anstatt zu glauben es gehe ewig so weiter dann würden wir jetzt anders dastehen. Meine Meinung!

    • pingoballino1955

      ummagumma,perfekt argumentiert,schönes Wochenende!

    • besserwisser

      @ummagumma: die these von den verlieren stimmt nicht. gewinner ist wer in der mehrheit ist, so ist das nunmal mit der demokratie. wer die meisten stimmen vereinen kann reigiert.
      der ehemalige tiroler student der sich ständig als lh bewirbt hat die stimmen nicht um zu regieren. nur weil er mehr stimmen als beim letzten mal bekommen hat ist er noch lange kein sieger …

    • artimar

      Wird jemand deshalb glaubwürdiger oder gar zur moralischer Instanz, weil man kurz mal andere medial anpatzt oder weil man das Geburtshaus des S. Magnago in Meran kaufen konnte?
      Ist das Vermächtnis des ehemaligen Obmanns nicht vielmehr ein anderes, das bindende Gebot: „Du sollst Deiner Partei dienen und nicht dich ihrer bedienen“?
      Hat Magnago damit nicht schon damals (indirekt) das Kernproblem der Sammelpartei abgebildet?
      Denn ohne eigene (moralische) Integrität funktionieren auch Appelle an Zusammenhalt und Loyalität, d.h. die Wahrnehmung der Interesse des Landes und der besonderen Verantwortung als einzige seit 1945 von der it. Regierung anerkannte dt./(lad.) Minderheitenvertretung offenbar immer weniger.

    • hallihallo

      ummagumma, wenn er mit team k regiert hätte, hätte er dann wohl auch mit verlierern regiert? oder haben die für dich gewonnen?

  • steve

    Ausgerechnet ein Leiter Reber schafft es mit seiner Charakterlosigkeit italienische Verhältnisse in den südtiroler Landtag zu bringen.

    Darüberhinaus haben wir eine solche Situation dem opportunistischen Spaltpilz Köllensperger zu verdanken.

    Einer der Wasser predigt und 600€ einsteckt.
    Einer dem es nicht zu blöd ist, den Nas Abhörchef auf seine Liste zu nehmen.

  • franz19

    Der Herr Reber verdient auch sehr gut ohne Verantwortung übernehmen zu müssen…Ich würde mich als Mensch schämen sowas auf zuführen oder ich trete ganz zurück..Sesselkleber, naja wer würde es nicht für 100.000 Euro im Jahre tun,Wasser predigen und brav Wein trinken!!

  • unglaublich

    Ja ja Herr Zeller! Ihr „Erfolgsmodell“ besteht darin, dass junge Leute sich keine Wohnung mehr leisten können, dass die Sanität herunter gewirtschaftet ist und deshalb Privatkliniken wie Pilze aus dem Boden wachsen, dass die Bildung zur Betreuungseinrichtung wurde, dass die Arbeiter und Angestelltrn eine enorme Lebensstandarteinbuße erleben mussten und die Sicherheit gewaltig gelitten hat.
    Soweit zum Erfolgsmodell!

  • gulli

    „Die meisten dieser Abgeordneten haben nicht die großen beruflichen Alternativen.“
    wahre Worte!

  • criticus

    Man hat alles viel zu lange hinausgezögert. Besser wäre es gewesen wenn der Landeshauptmann nach der SAD-Affäre reinen Tisch gemacht hätte. Das Problem wurde vor sich hergeschoben, es haben sich innerhalb der SVP 2 Gruppen gebildet, die sich heute noch bekämpfen. Fakt ist, einmal macht die eine und ein andermal macht die andere Gruppe Geländegewinn indem ein Abgeordneter auf die Hinterbank verbannt wird. Für mehr reicht es nicht, keine der beiden Gruppen kann alleine herrschen. Sagen wir es mal so, die Strippenzieher der „östlichen Gruppe“ und der „Mediengruppe“ müssen hinausgeschmissen werden, dann wird endlich Ruhe eintreten. Und Landeshauptmann muss eine Neuer gewählt werden.

  • carlo

    Es wird immer wieder die Forderung laut, Herr Reber möge doch den Landtag ganz verlassen, so als ob das eine moralische Pflicht wäre. Das sehe ich nicht so. Es steht ihm zu, dies frei zu entscheiden.
    Mich stört eher, dass die rechte Hand von Frau Mair, Herr Domanega, jetzt hinter den Kulissen oder in der Rumpelkammer 😉 im Landtag schalten und walten kann.

  • andreas69

    Das ist der Preis, wenn man bei der Regierungsbildung auf „machtlose“ Kleinstparteien setzt, um die eigene Fraktion stark aussehen zu lassen, obwohl die SVP eindeutig bei den Verlierern war. Nicht gerade weitsichtig. Dafür muss die SVP die Verantwortung übernehmen. Sie als „Verliererin“ hat eine Regierung mit Verlierern geschmiedet.

  • leser

    zeller
    jetzt wäre die direkte wahl des LH s die du immer erfolgreich abgeblockt hast die lösung gell
    dass die SVP schrumpft hat man seid 19 jahren schon gewusst
    wenn du dich bereits früher von den ebners abgesoalten hättest dann hötten wir bessere abgeordnete und nucht eine mehrheit von hinterhältigen heckenschützen

  • franz1

    Da hat der Sven von Anfang an Recht.
    Eine Regierung der Verleirer-Parteien.
    Der Zeller muß sich an den Kopf fassen, sind es doch diese Alten SVPler die der Partei am meisten Schaden, do Luis wor jo gonz dafir (der genießt die Pension) …

  • kritischerbeobachter

    Herr Zeller, das jahrzehnte lange Erfolgsmodell Südtirolpolitik, geht nicht wegen Herrn Reber den Bach runter, sondern genau wegen der Politik, wie Sie sie und ihre Partei inclusive LH und Parteiobmann betreiben.
    Sie vergaßen und vergessen, dass die Politik dem Volk dienen soll und nicht das Volk beherrschen bzw. bevormunden muß.
    Wenn ihr das nicht ändert, wird es weiterhin bergab gehen.

  • placeboeffekt

    Herr Zeller ist offensichtlich ein gewiefter (Ex) Politiker, sonst wäre er nicht so weit gekommen

    Nun kann man kaum von einem Poltiker kritische Selbstreflektion erwarten

    Im Gegenteil, sogar die größten Versager werden ihr Wirken noch als Erfolg verkaufen.

    „Hätte ja alles noch viel schlimmer kommen können…ich habe euch davor bewahrt „

    Allerdings darf man schon die Ungleichmäßigkeit des Südtiroler Erfolgsmodells anmerken.

    Da genügt es, ein bisschen in der Welt herumzukommen, und Gespräche mit den Südtiroler expats zu führen, die man nicht nur im deutschsprachigen Ausland, sondern- surprise surprise- auch Iim Silicon Valley antrifft.

    Dabei kommt unweigerlich das Gespräch auf die beschissene Industriepolitik der SVP , welche den Landwirten und Touristikunternehmen Geld großzügig in den Rachen wirft, aber europaweit Schlusslicht im Bereich Forschung und Entwicklung ist.

    Eine Abwanderung der klugen Köpfe ist immer das Merkmal von geistiger Unterentwicklung oder eines repressiven Regimes in einem Land.

    • rumer

      @placeboeffekt
      die SVP macht ja Forschung und Entwicklung…..aber im komplett falschen Bereich:
      1. Zig Millionen in Wasserstoff vom Walter Huber…..rausgeschmissenes Geld.
      2. die IDM an sich ist Schrott und gehört aufgelöst.
      3. In der Eurac sitzen auch keine Leute mit Ahnung von Forschung

  • morgenstern

    Mit „jahrzehntelangen Erfolgsmodell“ meint der Zeller doch hoffentlich nicht das System wo sich einige Wenige den Reichtum unseres Landes auf sich aufgeteilt haben während man mit Almosen in Form von Beiträgen und sonstige Zuwendungen den Wahlschafen immer wieder aufs Neue das Gefühl vermittelte am Kuchen mit naschen zu dürfen.

  • eiersock

    Seit Oktober geats lei um Posten!!! und sunst …….nichts!!!!
    Enk fahlts jo olle!

  • krautnock

    „Die meisten dieser Abgeordneten haben nicht die großen beruflichen Alternativen.“
    Diese Aussage ist einfach genial, die muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Aber ja, es stimmt, ein Lachammer, eine Ulli, ein Sven usw. haben wirklich nichts anderes gelernt außer Politiker, was sollten diese denn außerhalb der Politik machen? Die will doch niemand.

  • carlo

    @krautnock

    Da muss ich Ihnen jetzt leider widersprechen.
    Frau Mair und Herr Achammer haben durchaus berufliche Alternativen und zwar im Gastgewerbe. Im Gastgewerbe wird händeringend nach qualifiziertem Personal gesucht.

  • carlo

    Apropos Philipp Achammer,

    was sagt der Herr Landesrat für Bildung, der selbst nicht einmal einen Universitätsanschluss hat, dazu, dass sein erklärter Freund Ex-Kanzler Sebastian Kurz gestern wegen Falschaussage für schuldig befunden wurde?
    Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
    Man könnte den Landesrat trotzdem mal fragen,
    geschätzter Herr Oberhofer 🙂

  • pingoballino1955

    Kurz sitzt momentan in Amerika,dem geht dieser Prozess am A…….. vorbei denn er weiss,wenn er auspackt,,dann fliegen grosse Köpfe in der Österreichischen SUMPFPOLITIK,,und das wissen die auch,deshalb wird es Schmidt als KRONZEUGE schwer haben. Da kommt noch was nach mit Benko da könnte es gefährlicher für diese GELD JOUNGLEURE werden.

    • pingoballino1955

      Laut mm hat Kurz in kürzester Zeit in Amerika schon wieder 200 Millionen mit den Arabern verdient??? Dann kann er sich einen Mammutprozess in Österreich mit Staranwälten leisten,die werden alles zu seiner Zufriedenheit richten.Hoffentlich zahlt ihm BENKO,was er ihm anscheinend noch schuldet,hahaha! Achi was sagst du dazu?

      • leser

        pingo
        solange er privatleute abzockt ist es ok
        aber indem moment wenn man steuergelder missbraucht gehören diese typen in den knast
        nur ist es so dass kein einziger konsequenzen zu erwarten hat
        schliesslich geben sie sich ihre gesetze und die notwendigen amnestieen ja bei bedarf selber

      • leser

        pingo
        man weiss auch ganz offiziell dass sein amerikanischer arbeitgeber mäzen und hauptsponsor extremrechter konservativorganusationen ist
        aber ds ist im land der unbegrenzten möglichkeiten ähnlich wie in der fremdenlegion
        ken mensch fragt woher du kommst und was du gemacht hast
        die bereitschaft zu machen muss stimmen

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