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Das Rätsel der kaputten Rippe

Foto Sigrid Gröber: pax.bz.it

Im Schwurgerichtsprozess zum Tötungsfall Sigrid Gröber läuft alles auf ein verkürztes Verfahren für den angeklagten Partner Alexander Gruber hinaus. Stammen die Rippenbrüche tatsächlich, wie die Verteidigung behauptet, von Wiederbelebungsmaßnahmen?

von Thomas Vikoler

Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf ein Sofortverfahren für Alexander Gruber war rechtskonform, weil die Rechte des Beschuldigten stets gewahrt waren. Und: Das Land Südtirol wird als Nebenkläger im Hauptverfahren zugelassen (siehe dazu eigenen Bericht).

Das sind die beiden Antworten des Schwurgerichts unter Vorsitz von Stefan Tappeiner auf die in der vergangenen Verhandlung gestellten Anträge. Das bedeutet: Der Prozess zum Tötungsfall Sigrid Gröber wird fortgesetzt und es wird ein Urteil ergehen.

Es wird ein mildes Urteil sein. Der 56-jährige Alexander Gruber hat seine 39-jährige Partnerin unbestrittenerweise vor ziemlich genau einem Jahr (in der Nacht vom 18. auf den 19. Februar 2023) im Innenhof der Hotelfachschule Kaiserhof in Meran schwer verprügelt und in der Kälte liegengelassen. Sigrid Gröber starb später im Krankenhaus an Atemversagen. Dennoch dürfte Gruber, Hausmeister der Schule, mit einer Strafe von sieben bis acht Jahren Haft davonkommen.

Bei der gestrigen Verhandlung deutete sich dieser Ausgang des Schwurgerichtsprozesses bereits an: Alle Prozessparteien wollen in der nun beginnenden Beweisaufnahme die Umstände und Gründe des Ablebens der 39-jährigen Mühlwalderin vertiefen. Auf der nächsten Verhandlung am 20. März wird der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Gerichtsmediziner Dario Raniero angehört. Raniero hatte die Leiche Gröbers im Bozner Spital obduziert und stellte an ihr mehrere schwere Vorerkrankungen fest. Sein Schluss: Die Schläge und Tritte, die der Frau versetzt wurden, sind nicht die alleinige Todesursache.

Daraufhin schwächte die Staatsanwaltschaft die Vorhaltung gegen Gruber von vorsätzlicher Tötung auf Körperverletzung mit Todesfolge („omicidio preterintenzionale“) ab, wodurch auch der Strafrahmen von potenziell lebenslänglich auf zehn bis 18 Jahre Haft gesenkt wurde.

Claudia Benedetti und Alessandra Alessandra D`Ignazio, den beiden Verteidigerinnen Grubers, reicht dies freilich nicht: Ihr Ziel ist die Abänderung der Anklage durch die Staatsanwaltschaft, wodurch sich wieder die Tür für einen Antrag auf ein verkürztes Verfahren öffnen würde. Wegen eines Versäumnisses ihres Vorgänger-Anwalts war der ursprüngliche Antrag zu spät am Landesgericht eingelangt. Ein verkürztes Verfahren bringt ein automatisches Drittel Strafnachlass.

Inwiefern soll die Anklage abgeändert werden?

Laut Guido Cavagnoli, dem gerichtsmedizinischen Sachverständigen der Verteidigung, sind die gebrochenen Rippen Gröbers nicht wie in der Anklageschrift festgehalten, auf Fußtritte Gubers zurückzuführen, sondern auf Wiederbelebungsmaßnahmen der Rettungskräfte. Dario Raniero wird auf der Verhandlung am 20. März mit dieser Hypothese konfrontiert werden.

Wie gesagt: Ändert die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift lediglich geringfügig ab (die entsprechende Bereitschaft hat Oberstaatsanwaltschaft Axel Bisignano bereits signalisiert), besteht für den Angeklagten ein Anrecht auf den Drittel-Skonto.

Martin Fill, Anwalt der in der gestrigen Verhandlung anwesenden Nebenkläger (die Angehörigen von Sigrid Gröber), sieht die Sachlage etwas anders: Er geht, auch aufgrund der Einschätzungen seines Sachverständigen Piergiorgio Tubaro, der ebenfalls vom Gericht angehört wird, von einer vorsätzlichen Tötung der 39-jährigen Frau aus. Wegen der Schwere der ihr zugefügten Körperverletzungen und weil Gruber seine Partnerin für mehrere Stunden nackt in der Kälte zurückließ und ihr Handy mitnahm. Dadurch sei dem Opfer verunmöglicht worden, die Rettung zu verständigen.

Grubers Verteidigerinnen arbeiten derweil an einer weiteren Strafreduzierung für ihren Mandanten. Bei der gestrigen Verhandlung hinterlegten sie Material zur Krankengeschichte des gebürtigen Sterzingers, in dem viel von Alkoholismus, Drogen- und Tablettensucht die Rede ist. Sie beantragten dazu die Ernennung eines Gerichtsgutachters, der aufgrund der Daten und einer aktuellen medizinischen Untersuchung klären soll, ob Gruber chronisch abhängig ist oder nicht. Im ersteren Fall brächte dies dem Angeklagten einen mildernden Umstand. In der derzeitigen Anklage der Staatsanwaltschaft wird Grubers Alkoholismus hingegen (neben dem Partnerschaftsverhältnis und der verminderten Abwehrfähigkeit) als erschwerender Umstand gewertet.

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