So geschah das Unglück
Die Staatsanwaltschaft ermittelt zum tödlichen Absturz von Erna Perathoner-Moroder auf der Seiser Alm zum Tatverdacht der fahrlässigen Tötung. Auf einem Video sind Probleme beim Einsteigen zu sehen.
von Thomas Vikoler
Eine Situation, wie sie sich an vielen Skiliften in Südtirol zuträgt bzw. zutragen kann: Beim Einsteigen in einen Sessellift kommt es zu einem kleinen Gerangel, weil die Fahrgäste nicht an der dafür vorgesehenen Stelle stehen und den Nebenstehenden in die Quere kommen.
Ähnlich ist am 25. Jänner am Goldknopf-Lift auf der Seiser Alm passiert. Nur das in diesem Fall die Folgen mehr als schwerwiegend waren: Auf der Höhe der ersten Stütze stürzten zwei Frauen rund sieben Meter in die Tiefe. Eine von ihnen, die 82-jährige Erna Perathoner-Moroder aus St. Ulrich, überlebte den Absturz nicht. Ihre 69-jährige Begleiterin musste mit schweren Verletzungen in das Bozner Spital geflogen werden.
Die Carabinieri und die Staatsanwaltschaft Bozen ermitteln seitdem zum Tatverdacht der fahrlässigen Tötung bzw. schweren Körperverletzung.
Ein wichtiges Beweismittel bei der Klärung der Unfallursache sind die Aufnahmen der Überwachungskamera der Talstation des Goldknopf-Lifts, die umgehend von den Carabinieri eingeholt wurden.
Skilift-Betreiber sind nicht verpflichtet, ihre Anlagen mit einem Videogerät auszustatten, im Zuge der 20-jährigen Revision im vergangenen Jahr wurde beim Goldknopf-Lift aber ein solches angebracht.
Auf den sichergestellten Aufnahmen von der Talstation ist der Absturz der beiden Frauen nicht dokumentiert (von diesem gibt es, jedenfalls bisher, keine Bilder), sehr wohl aber ihr Einsteigen in den Vierer-Sessel. Und tatsächlich sind dort Schwierigkeiten zu beobachten, nämlich wie sich ein Fahrgast auf einen eigentlich für die beiden Frauen vorgesehenen Bereich setzt. Und die Fahrt weitergeht.
Die Videoaufnahmen widerlegen jedenfalls ein Gerücht, das sich seit dem tragischen Absturz hartnäckig hält: Nämlich, dass die vier Fahrgäste unbegleitet in den Lift eingestiegen seien, weil der Liftmann sich absentiert hatte.
Auf dem Video aus dem Ermittlungsakt ist der zuständige Maschinist sehr wohl zu sehen, u.a. wie er einer der Frauen mit der Hand den Platz auf dem Sessel zuweist.
Er ging nach der Abfahrt des Sessels offenbar davon aus, dass sich die Sitz-Anordnung auf diesem richten würde – sonst hätte er den Lift wohl, wie vorgeschrieben, gestoppt.
Doch nach rund 70 Metern passierte es: Eine der beiden Frauen aus dem Grödental rutschte nach unten, ihre Begleiterin versuchte sie festzuhalten und stürzte mit ihr in die Tiefe. Unklar ist, ob der manuell zu betätigende Sicherheitsbügel gänzlich oder teilwiese geöffnet war.
Es ist derzeit offen, ob die Staatsanwaltschaft eine strafrechtliche Verantwortung für das Lift-Unglück feststellen kann. Zivilrechtlich hat der Fall mit Sicherheit Folgen.
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