Regionales Saatgut
Die Produktion heimischer Wiesenblumen-Samen und ihr Einsatz als Einsaaten im Obstbau – das ist der Inhalt eines dreijährigen Projektes am Versuchszentrum Laimburg.
Vor wenigen Tagen stellten Expertinnen und Experten bei einer Informationsveranstaltung am Versuchszentrum Laimburg den Weg zur Herstellung von Saatgut vor und diskutierten über die damit verbundenen Herausforderungen.
Einsaaten in der Landwirtschaft haben Potenzial: Je nach Art des Saatguts tragen sie dazu bei, die Biodiversität zu erhöhen, den Boden zu verbessern oder sie dienen als Nahrungsquelle beispielsweise für bestäubende Insekten.
Im Rahmen eines 2023 begonnenen dreijährigen Projektes erarbeiten die Forscherinnen und Forscher der Arbeitsgruppe „Ökologischer Anbau“ und des Fachbereichs Berglandwirtschaft am Versuchszentrum Laimburg Ansätze zur Produktion von Wiesenblumen-Samen aus und für Südtirol. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen praxisnah aufbereitet und zunächst für die Begrünung der Zwischenzeilen biologisch bewirtschafteter Obstwiesen verwendet werden.
Nun hat das Versuchszentrum Laimburg eine Informationsveranstaltung organisiert, um Wissen zur Gewinnung und Vermehrung von regionalem Saatgut weiterzugeben sowie Erfahrungen aus benachbarten Regionen und Ländern zu teilen.
Der Direktor des Versuchszentrums Laimburg, Michael Oberhuber, unterstrich: Die über 90 Teilnehmenden der heutigen Veranstaltung verdeutlichen exemplarisch das wachsende Interesse und die Bedeutung von heimischem Saatgut. Mit dem Projekt ‘Regionales Saatgut’ verfolgen wir die von uns gesetzten Ziele unseres Forschungsschwerpunktprogramms 2021-2030 und tragen dazu bei, die Landwirtschaft in Südtirol nachhaltiger zu gestalten.“
Elena Wilhelm, Forscherin am Versuchszentrum Laimburg und Projektreferentin, betont: „Mit diesem Projekt können wir landwirtschaftliche Praxis und Förderung der Biodiversität verbinden: Unsere Kulturlandschaft wird ökologisch aufgewertet und ein Beitrag gegen die globale Verarmung der Biodiversität geleistet. Damit stellt das Projekt einen Schritt in Richtung zukunftstaugliche Landnutzung dar.“
Samen mehrjähriger Blühpflanzen als Einsaaten für den Obstbau
Ziel des Projektes „Regionales Saatgut“ ist es, ein System zur Vermehrung wilder, blühender Kräuter und einheimischer Gräser zu entwickeln. Im Sommer sammeln die Forschenden blühende Arten in ausgewiesenen Biodiversitätsflächen von Hand, um sogenanntes Basissaatgut zu gewinnen. Anschließend reinigen sie das gesammelte Material: Sie trennen keimfähige Samen vom Rest des Samenstandes und entfernen Verunreinigungen sowie unerwünschte Samen. Die Forscherinnen und Forscher prüfen die Keimfähigkeit der Samen und ermitteln das Tausendkorngewicht. Diese zwei Parameter sind wichtig, um im nächsten Schritt eine hochwertige Saatgutmischung in den richtigen Verhältnissen der Einzelarten zusammenstellen zu können.
Vermehrung von Basissaatgut
Insgesamt wurden im Jahr 2023 etwa 15 Arten sorgfältig von Hand besammelt. Im Fokus standen Arten wie der Wiesenkümmel (Carum carvi), der Spitzwegerich (Plantago lanceolata), die Hohe Schlüsselblume (Primula elatior) oder der Wiesensalbei (Salvia pratensis).Dieses Jahr erfolgt die Vermehrung der einzelnen Arten des gesammelten und gesäuberten Basissaatguts auf dem Feld. Die reifen Samen müssen dabei alle zwei Tage von Hand geerntet werden, um dem natürlichen Verbreitungsmechanismus der Pflanze zuvorzukommen. Ab Herbst 2024 testen die Forschenden die verschiedenen Mischungen auf ihre Eignung in den Obstanlagen.
Bei vorherigen Versuchsarbeiten am Versuchszentrum Laimburg konnten bereits erste Arten auf den Versuchsflächen in Eyrs im Vinschgau erfolgreich vermehrt werden: Die Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea) hat einen sehr hohen Nektar- und Pollenwert und ist von großer Bedeutung für Honig- und Wildbienen, welche wichtig für die Bestäubung der Apfelblüte sind. Die Acker-Witwenblume (Knautia arvensis) ist bei Käfern und Schwebfliegen sehr beliebt und dadurch aus Sicht der funktionalen Biodiversität integraler Bestandteil einer krautigen Zwischenzeilen-Einsaat. Die rote Lichtnelke (Silene dioica) ist nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern dient auch Tagfaltern als Nahrungsquelle.
Saatgut für die bäuerlichen Betriebe
Das so gewonnene Saatgut soll primär für die Zwischenzeilenbegrünung biologisch bewirtschafteter Obstwiesen dienen. In einem zukünftigen Schritt wird eine höherwachsende Saatgut-Mischung für den Randbereich von Obstwiesen entwickelt, um Säume zu etablieren. Säume sind wertvolle ökologische Elemente, um die Biodiversität zu fördern. Besonderes Augenmerk liegt auf mehrjährigen Pflanzen, die vielen Insekten, darunter Nützlingen und Bestäubern, sowohl Nahrung als auch Lebensraum bieten. Langfristig soll Südtiroler Saatgut nicht nur für den Obstbau, sondern auch für andere landwirtschaftliche Bereiche wie den Weinbau sowie für Interessensgruppen wie z.B. Gemeinden oder Privatpersonen verfügbar sein.
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