Ronja und Reiher
In regelmäßigen Abständen muss es wiederholt werden: Animiert bedeutet nicht automatisch kindgerecht. Wer mit Kindern ins Kino geht, sollte sich vorab informieren.
von Renate Mumelter
Kürzlich saß ich beim japanischen Animationsfilm „Der Junge und der Reiher“. Ein Kind saß auch im Saal, begleitet. Später kamen noch zwei Kinder dazu, eins klein, das andere ganz klein, vielleicht 2, höchstes 3 Jahre alt. Die Eltern waren dabei. Sie blieben etwas mehr als 30 Minuten, dann ging’s nicht mehr. Kein Wunder, denn auch wenn Kids draufsteht, ist nicht immer Kids drin.
Der Film von Altmeister Hayao Miyazaki ist nicht primär für Kinder gedacht. Er dauert satte 125 Minuten, in denen sogar mein Sitzleder gefordert war. Die Geschichte spielt in der realen, aber auch in einer Anderswelt, sie ist ständig musikbegleitet, hat relativ viel Text und ist handgezeichnet. Hayao Miyazaki ist nicht auf PC oder KI umgestiegen, und dafür wird er besonders gelobt. Aber das ist den Kindern im Kino wohl egal.
Die Geschichte vom Jungen und dem Reiher wird mit viel Anspruch erzählt, sie kann gemocht werden oder nicht, aber Kinder überfordert sie (vor allem kleinere). Animation ist eben nicht gleichzusetzen mit Kinderfilm. Dieses Missverständnis ist wohl schwer auszuräumen.
Kinder und Kino
sind überhaupt ein spannendes Thema. Weil Kino groß ist, kann es für kleinere Kinder zu groß sein. Sie saugen nämlich mit allen Sinnen auf, und das kann viel werden. Im Kino sind sie deshalb nicht richtig, Kasperltheater ist da wesentlich besser. Wer größere Kinder ins Kino mitnimmt, sollte sich im Vorfeld genau über das informieren, was auf die Leinwand kommt. Und noch eins: Kinder müssen ins Kino begleitet werden – sie dort abzustellen, ist keine gute Idee.
Ronja Räubertochter (ab 8)
Und damit drehe ich den Fokus aufs Positive und empfehle „Ronja Räubertochter“ aus dem Jahr 1984. Tage Danielsson verfilmte die Geschichte nach dem Drehbuch von Astrid Lindgren. Er war für Olle Hellbom eingesprungen, der kurz vor dem Dreh verstorben war. Hellbom hatte die meisten, heute noch äußerst beliebten Lindgren-Geschichten filmisch erzählt, angefangen bei Pippi Langstrumpf, über die Kinder aus Bullerbü, Michel aus Lönneberga bis zu Karlsson auf dem Dach, alles Filme zum Immer-Wieder-Sehen.
Diesmal also „Ronja Räubertochter“, der anlässlich der „Bücherwelten“ gezeigt wird. Es geht – wie könnte es auch anders sein – um ein starkes Mädchen, das seinen eigenen Weg gehen will, auch wenn der Räubervater sich um sie sorgt. Sie lernt Birk, den Sohn der verfeindeten Räuberbande kennen, und die beiden schaffen es, die Räuber zum Dialog zu bringen. Dass Ronja und Birk Dinge tun, die Kinder nicht nachmachen sollten, versteht sich fast schon von selbst.
Filmtreff Kaltern
Der Filmtreff Kaltern bietet am Wochenende noch einmal die seltene Gelegenheit, Jessica Hausners „Club Zero“ zu sehen, den eindrucksvollen Film, dessen Bilder in Erinnerung bleiben. Es geht um ein auserlesenes College, an dem eine Gruppe von Lernenden von einer eigenartigen Lehrperson zum Verzicht auf Essen getrimmt wird. Dabei ergibt sich eine besondere aber nachvollziehbare Gruppendynamik, die es wert ist, beobachtet zu werden. Die Lehrperson ließe sich als personifizierte Störung lesen. Ein interessanter Aspekt, der in einem Filmgespräch von einer Psychologin aufgezeigt wurde.
Auch sonst bietet Kaltern im bevorstehenden Februar die Gelegenheit, möglicherweise verpasste aber absolut sehenswerte Filme anzuschauen, „Perfect Days“ zum Beispiel, „Rickerl – Musik ist höchstens a Hobby“, oder bei Bedarf „Der Junge und der Reiher“, der ab 14 Jahren empfohlen wird.
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Kommentare (1)
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semperoper
„Animiert bedeutet nicht automatisch kindgerecht“. Das war schon immer so.