Der „soziale Skandal“
Der akademische Feiertag der Philosophisch-Theologischen Hochschule (PTH) Brixen, der Dies Academicus, stand am Montag im Zeichen des Einsatzes gegen Gewalt an Frauen.
„Diesem Thema dürfen sich weder Gesellschaft noch Kirche entziehen. Es gehört zu unserem Auftrag, gesellschaftlich brisante und darum kirchlich relevante Probleme anzusprechen“, sagte der Dekan der Hochschule, Alexander Notdurfter. Höhepunkt des Dies Academicus war die Verleihung des Bischof-Karl-Golser-Preises an Chiara Rinaldi, die sich in ihrer Abschlussarbeit mit dem Vermächtnis von Alexander Langer und dessen Bedeutung für die (pastorale) Gegenwart auseinandersetzt.
Die Philosophisch-Theologische Hochschule Brixen hat am Montaag zum Dies Academicus, ihrem akademischen Feiertag, in das Brixner Priesterseminar geladen.
Der Festakt fand auch in diesem Jahr zu Ehren des Heiligen Josef Freinademetz statt, dessen Gedenktag auf den 29. Jänner fällt.
Gewalt an Frauen: Auswege, die die biblisch-christliche Botschaft weist
Der Dies Academicus 2024 stand im Zeichen des Einsatzes gegen Gewalt an Frauen.
Als Festrednerin hatte die Hochschule Professorin Selene Zorzi, eine italienweit anerkannte Expertin auf dem Gebiet der feministischen Theologie, geladen. Die Wissenschaftlerin aus Verona sprach in ihrem Vortrag über den „sozialen Skandal“ der Gewalt an Frauen und die Rolle der Kirche in diesem Zusammenhang.
Sie analysierte das Phänomen und fragte nach der Mitverantwortung des Christentums bei der Entstehung gewaltfördernder Mentalitäten. Zorzi wies dabei auf bestimmte Denkmuster hin, die zur Unterordnung von Frauen beigetragen haben und noch immer beitragen. Und sie skizzierte mögliche Auswege, die die biblisch-christliche Botschaft eröffnet – durch ihre Aufforderung zu einer veränderten Gestaltung der Beziehungen zwischen den Geschlechtern.
Der Dekan der Hochschule, Alexander Notdurfter, unterstrich, wie wichtig es sei, dass sich kirchliche Bildungseinrichtungen mit dem gesellschaftlich hochbrisanten Thema der Gewalt an Frauen auseinandersetzen: „Gewalt gegen Frauen und das Thema Femizid sind leider ein Thema, das hochaktuell ist – ein Thema, dem sich weder die Gesellschaft noch die Kirche entziehen können und dürfen – ein Thema, mit dem wir uns im Rahmen des Dies Academicus auseinandersetzen, weil es zu unserem Auftrag als kirchliche Hochschule gehört, gesellschaftlich brisante und darum kirchlich relevante Probleme aufzugreifen.“
Bischof-Karl-Golser-Preis: Chiara Rinaldi für Arbeit zu Alexander Langer ausgezeichnet
Beim Dies Academicus wird traditionellerweise auch der Bischof-Karl-Golser-Preis überreicht. Der Preis wird vom Institut „De Pace Fidei“, das an der PTH angesiedelt ist, ausgeschrieben. Prämiert werden herausragende akademische Abschlussarbeiten aus Süd- und Nordtirol sowie dem Trentino. Heuer wurde die Arbeit von Chiara Rinaldi ausgezeichnet, die sich in ihrer Diplomarbeit unter dem Titel „Weitermachen. Fare ancora – Le parole di Alexander Langer per una pastorale rivolta ai giovani di oggi“ mit dem Vermächtnis von Alexander Langer und dessen Bedeutung für die (pastorale) Gegenwart auseinandersetzt.
Chiara Rinaldi, wohnhaft in Bozen, studierte Religionspädagogik an der Außenstelle der PTH in Bozen.
Die Idee zu ihrer Abschlussarbeit entstand, als das Land Südtirol im Jahr 2021 das Archiv Alexander Langers (1946-1995) erwarb. Rinaldi nahm dies zum Anlass, um sich intensiver mit dem Südtiroler Politiker zu beschäftigen. Dabei wurde schnell klar, dass sein Denken und seine Schriften auch heute aktuell sind, obwohl sich die Welt, in der wir leben, in den letzten Jahrzehnten sehr verändert hat. Langer ist zweifellos ein Mensch, der mit seinen Überlegungen Fragestellungen vorweggenommen hat, die für unser menschliches Zusammenleben heute von höchster Bedeutung sind: den Schutz der Umwelt, den Einsatz für Frieden, die Eindämmung von Gewalt sowie das Bemühen um eine Politik, die das Zusammenleben und das Miteinander verschiedener Volksgruppen sichert.
Die prämierte Abschlussarbeit versucht, diese Themen im Sinne Alexander Langers weiterzudenken und für die Jugendpastoral fruchtbar zu machen. Bezugspunkt ist das Verständnis von Glauben, bei dem Langer ansetzt. Um die Arbeit zu erstellen, hat Chiara Rinaldi Interviews mit Personen geführt, die Langer persönlich gut kannten. „Die Arbeit besticht durch ihre Originalität und ihre methodisch-wissenschaftliche Ausarbeitung“, schreibt der wissenschaftliche Beirat des Institutes in seiner Stellungnahme.
PTH-Jahrbuch zum Thema Nachhaltigkeit
Nach dem Vortrag und der Verleihung des Golser-Preises wurde heute auch das neue Jahrbuch der Hochschule vorgestellt, das theologische Perspektiven auf das Thema Nachhaltigkeit eröffnet. Die Beschäftigung mit Nachhaltigkeitsfragen ist in den letzten Jahren zu einem Schwerpunkt der PTH Brixen geworden.
Im Jahrbuch wird das Konzept von Nachhaltigkeit aus verschiedenen philosophischen und theologischen Perspektiven beleuchtet und inhaltlich geschärft. Zudem werden Ergebnisse eines Forschungsprojektes vorgestellt, das die PTH im Verbund mit verschiedenen Einrichtungen in Südtirol und Vorarlberg durchgeführt wurde. Es untersuchte die Zusammenhänge zwischen ökologischer Sensibilität und Spiritualität sowie zwischen nachhaltigen Lebensstilen und Religion in der Bevölkerung.
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Kommentare (2)
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dn
Beruhigend, wenn sich im 21. Jh. die Kirche gegen Gewalt an Frauen stellt. War nicht immer so. Damit meine ich nicht nur den Hexenhammer.
pingoballino1955
……….und immer noch hört man von der angeblichen Kommission zur Aufklärung der Missbrauchsfälle in Südtirol NICHTS,ihr PHARISÄER ,wollt ihr Warten bis alle gestorben sind um euch “ HAAL“ aus der Affäre zu ziehen?? Muser,was soll das,SCHÄMT EUCH V OVR G O T T.