Faule Tricks
Die Verbraucherzentrale schlägt Alarm: Kurz vor Ablauf des geschützten Strommarktes begeben sich im Vinschgau und Burggrafenamt Energieanbieter mit zweifelhaften Methoden auf Kundenfang. Berater Reinhard Bauer rät zur Vorsicht.
von Karin Gamper
„Schließen Sie nie einen Stromvertrag am Telefon ab und geben Sie niemals vertrauliche Daten preis“. Dieser Ratschlag von Verbraucherschützer Reinhard Bauer ist eine Binsenweisheit. Dennoch häufen sich derzeit auf seinem Schreibtisch Fälle von Stromkunden, die diese einfache Formel nicht beherzigt haben und nun vor einem Dilemma stehen.
Aber nicht immer sind die Verbraucher selbst Schuld. „Es kommt auch vor, dass die Kundinnen durch subtile Androhungen rechtlicher Konsequenzen dazu verleitet werden, ihre Daten preiszugeben oder dass gar Verträge ohne Zustimmung der Kunden aktiviert werden“, berichtet Bauer.
Worum geht es?
Im Laufe dieses Jahres – der Termin wurde mehrmals verschoben – steht das Ende des geschützten Strommarktes an. Das heißt, dass Kunden mit solchen Stromverträgen einen Vertrag auf dem freien Markt abschließen müssen. Wenn sie dies nicht selbst fristgerecht tun, so wird der Kunde ähnlich wie beim Gasmarkt sozusagen von Amts wegen einem anderen Stromunternehmen in Italien zugeteilt.
Kurz vor Ende des geschützten Strommarkts scheint sich nun so etwas wie eine Goldgräberstimmung breitzumachen. „Einige Unternehmen werden immer kreativer, um Kunden mit immer skurrileren Methoden zu einem Vertragsabschluss zu bewegen“, berichtet Verbraucherschützer Bauer. So würden Kunden kontaktiert und unter Hinweis auf die auslaufende Frist zum Vertragsabschluss gedrängt.
So geschehen im Fall eines Zivilinvaliden, der auf sein strombetriebenes Sauerstoffgerät angewiesen ist. Der Mann hatte am Telefon einem Vertragswechsel zugestimmt und war dabei davon ausgegangen, bei seinem bisherigen Stromanbieter zu bleiben. Daraufhin erhielt er die Rechnungen vom neuen Stromanbieter. „Da er aber diesen Anbieter nicht kannte, hat er die Rechnungen nicht bezahlt, woraufhin ihm beinahe der Strom abgedreht wurde“, so Bauer, der sich des Falls schließlich angenommen hat.
Einige der Verträge, die abgeschlossen wurden, ähneln laut Reinhard Bauer auch einem Pyramidensystem. „Kunden werden aufgefordert, weitere Kunden zu akquirieren, um einen günstigen Stromtarif beizubehalten“, weiß Bauer. Ohne weitere Kundenanwerbung würden „irrwitzige Strompreise“ verrechnet. Diese Vorgänge seien auch bereits den der Marktaufsichts- und Wettbewerbsbehörde bekannt. Ein Unternehmen wurde kürzlich mit rund 1,8 Mio . Euro sanktioniert.
„Nicht minder bedenklich ist die Tatsache“, so Bauer, „dass Stromverträge mitunter auch ohne Zustimmung der Verbraucher aktiviert werden“. Wie das geht? „Das ist ganz einfach über den sogenannten POD-Kodex auf dem Stromzähler möglich“, erklärt Bauer. Dieser werde dem Unternehmen entweder unbedachterweise von den Kunden selbst am Telefon übermittelt oder von den Unternehmens-Mitarbeitern selbst vor Ort abgelesen. „Es ist zwar verboten, aber technisch möglich“, so Bauer.
Vor allem aus dem Burggrafenamt und dem Vinschgau gebe es zahlreiche Meldungen von verunsicherten Konsumenten, die auf unlautere Methoden reingefallen sind, unterstreicht Bauer.
Die Verbraucherzentrale rät den Konsumenten, sich in das sogenannte „Register der Einsprüche“ einzutragen und Werbeanrufe damit zu verweigern. „Einigen Anbietern ist dies aber herzlich egal und sie kontaktieren insbesondere vulnerable Personen wie Seniorinnen trotzdem. Dies stellt eine Datenschutzverletzung dar und kann vom Privacy-Garanten geahndet werden“, betont Bauer.
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Kommentare (1)
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brutus
…die Telefonanbieter sind nicht besser!
…und die Politik schaut zu wie man den Bürger über den Tisch zieht!