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„Flexiblere Modelle anbieten“

Alex Weissensteiner

Mit Alex Weissensteiner wird ab Herbst erstmals ein Südtiroler der Uni Bozen als Rektor vorstehen. Welche Schwerpunkte der Wirtschaftsprofessor setzen möchte und was die Uni gegen das Wohnproblem der Studenten tun kann.

Tageszeitung: Herr Weissensteiner, was animiert einen Professor Rektor einer Uni zu werden? 

Alex Weissensteiner: Das ist eine gute Frage. Ich denke, dass der Glaube und die Idee, dass man bestimmte Dinge umsetzen und auf neue Notwendigkeiten eingehen kann, im Vertrauen und Wissen, dass man das ganz gut mit den Kollegen tun kann, mich animiert haben.

Sie sind der erste Südtiroler Rektor an der Spitze der Uni Bozen. Ist das eine besondere Ehre?

Das ist sicher eine große Ehre, aber ich sehe es auch als große Aufgabe an, die Universität weiter im Territorium zu verankern und für dieses zu öffnen. Dieser Schritt wurde bereits in Vergangenheit begonnen – und diesen Weg möchte ich weiter bestreiten.

Wie steht die Uni derzeit da? Und wohin soll sie sich entwickeln? 

Ich denke, die Freie Universität Bozen steht derzeit sehr gut da. In Rankings, sowohl was die Lehre als auch was die Forschung betrifft, behaupten wir uns immer sehr gut. Was die Universität in Zukunft machen kann oder machen sollte, ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass wir mitten in einem demografischen Wandel sind.

Wie meinen Sie das? 

Vor einigen Jahren noch war der Großteil der Studenten Vollzeitstudent, jetzt sehen wir auch eine neue Tendenz. Wir haben natürlich immer noch diese große Kohorte von Studenten, die Vollzeit bei uns sind, aber wir sehen auch, dass sehr viele Personen auch wegen des Fachkräftemangels nach der Matura direkt in den Beruf einsteigen, dann aber den Wunsch haben oder die Möglichkeit suchen, ein Studium zu absolvieren. Auch sehen wir Personen, die bereits im Berufsleben stehen und den Bedarf haben nicht ein gesamtes Studium, aber bestimmte Ausbildungen oder kleineren Lehreinheiten zu absolvieren. Es war in Vergangenheit immer sehr schwierig solche Angebote zu bieten, aber während der Pandemie haben wir einen Technologieschub gesehen und mittlerweile haben wir die Möglichkeit Vorlesungen aufzuzeichnen und Material zur Verfügung zu stellen und somit im Bereich „Lifelong Learning“ Lehr- und Lernangebot für Studenten zu schaffen, die zum Großteil im Berufsleben stehen. Das ist sicher eine Herausforderung und eine Aufgabe für uns als Universität.

Wo sehen Sie das künftige Profil der Uni? In der Lehre oder doch eher in der Forschung? 

Wir machen beides. Man muss sich aber vor Augen führen, dass wir im Vergleich zu anderen Universitäten relativ klein sind. Das heißt, dass wir in bestimmten Gebieten eine gute Basisausbildung anbieten können und wir auch punktuell Masterprogramme haben, wo wir Ausbildung auf einem relativ hohen Niveau anbieten – aber wir können nicht alles anbieten. Wichtig ist immer, dass wir drei Dinge im Kopf haben, wenn wir Studienprogramme anbieten: Was wünscht und braucht der Student? Was wird in unserem Territorium gebraucht? Was können wir anbieten? Und die Schnittmenge aus diesen Bereichen ist unser Tätigkeitsfeld.

Muss die Uni weiter wachsen? 

Wir haben derzeit 4.500 Studenten und ich denke, dass wir noch etwas wachsen können, in einigen Studienprogrammen haben wir noch die Möglichkeit die Kapazität auszubauen. Aber ich denke, die große Chance besteht speziell darin, dass wir diese neuen Interessensgruppen ansprechen, die neben dem Beruf eine Ausbildung wünschen.

Ein großes Problem in Bozen ist die Unterbringung der Studenten. Was muss diesbezüglich getan werden und was kann die Uni direkt tun? 

Die Uni kann direkt nicht sehr viel machen, aber wir weisen auf dieses Problem schon seit vielen Jahren hin. Es sind jetzt Aktivitäten im Gange, sei es die Stadt Bozen als auch das Land haben sich aktiviert, es werden Studentenwohnheime gebaut und jetzt gilt es zu schauen, ob diese größere Anzahl an Schlafmöglichkeiten auch dazu führt, dass die Preise etwas sinken. Und wenn Mietpreise trotz dieses zusätzlichen Angebots nicht stark sinkt, dann gibt es im Grunde nur zwei Möglichkeiten, wie man noch Hilfe leisten kann.

Die wären? 

Die eine ist eine gesellschaftliche Frage, ob man den Studenten durch Zuschüsse der öffentlichen Hand zusätzlich unter die Arme greifen will. Oder man findet Stipendien für sehr gute und motivierte Studenten bis hin zu Vereinbarungen mit Betrieben, die eine Teil der Wohnkosten übernehmen, damit man andere Formen der Hilfe bieten kann.

Sind fehlende oder zu teure Unterkünfte auch ein Grund, warum Studenten nicht nach Bozen kommen? 

Wir wissen, dass die Wohnmöglichkeiten ein wesentlicher Grund sind. Man darf nicht vergessen, dass viele Familien auch ein Problem haben, so kostspielige Sachen für ein, zwei oder drei Kinder zu bezahlen.

Die Uni ist als dreisprachiges Projekt gestartet. Was ist davon noch übrig? Man wirft der Uni immer wieder vor, dass die deutsche Sprache ins Hintertreffen geraten ist und nur noch Englisch gesprochen wird…

Die Dreisprachigkeit ist für uns als Universität sehr wichtig, wir haben alle Bachelorprogramme dreisprachig – und wo dem nicht so ist, sind wir dabei nachzubessern. Das Ziel ist natürlich in allen drei Sprachen Unterricht anzubieten und wir sehen auch, dass das ein Mehrwert für unsere Universität ist. Wir haben sehr motivierte Studenten aus Italien, häufig aus dem Großraum Mailand, die bewusst unsere Universität wählen, weil sie hier neben Englisch und Italienisch auch Unterricht in Deutsch haben.

Welche Vision haben Sie für die Uni? 

Die Vision besteht darin, dass wir in den Bereichen wo wir Lehre anbieten das auf einem hohen Niveau machen. Wir möchten in der Forschung weiterhin unter den Top-Universitäten in Italien und Europa gelistet werden und wir werden in den nächsten Jahren bewusst auf diesen demografischen Wandel Rücksicht nehmen müssen und Modelle anbieten, die flexibler sind, als sie es in der Vergangenheit waren.

Interview: Lisi Lang

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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