Du bist mei besta Hawara
„Rickerl – Musik ist höchstens a Hobby“, der neue Film von Adrian Goiginger, amüsiert, nimmt mit und rührt.
von Renate Mumelter
Wer beim Schreiben von Filmkritiken so tut als gäbe es objektive Kriterien, liegt falsch. Entscheidend für die Bewertung ist immer der eigene Zugang, und deshalb ist es wichtig, diesen Zugang offenzulegen, ab und zu zumindest. Ich komm gut mit Filmen zurecht, auf die ich mich einlassen muss, mit Filmen, die nicht so tun als wüssten sie schon alles, Filmen die etwas Zeit geben, was nicht heißt, dass sie langsam sein müssen, und mit Filmen natürlich, die mich thematisch interessieren. „Rickerl“ ist so ein Film.
Eine uneigentliche Kömodie
„Rickerl“ wird zwar als Komödie beworben, ist auch heiter, aber nicht nur. Der Film ist aufregend, obwohl nichts passiert, und er ist vor allem menschlich. „Rickerl“ spricht in einer Sprache, die für anscheinend ein paar Deutschsprachige erfordert. Es kommen nämlich Begriffe vor wie das herrlich unübersetzbare Wappler oder Haberer, gstopft, tschechern, leiwond, blad, sudern, Hockn, Beisl, Klampfe. Diese Klompfn spielt in der Geschichte eine wichtige Rolle, denn Rickerl wäre gern nur Musiker, aber für ihn ist Musik „höchstens a Hobby“, denn er kann davon nicht leben.
Gleichzeitig will er seinem Sohn ein guter Vater sein, obwohl sich seine Partnerin von ihm getrennt hat und jetzt mit einem „Gstopftn“ in Hietzing wohnt. Zu Beginn der Filmgeschichte ist Rickerl Friedhofsgärtner, verliert den Job aber wegen eines Totenschädels. Damit beginnt die Hommage an den Rickerl-Hauptdarsteller Voodoo Jürgens. Der ist heute einer der angesagtesten Wiener Liedermacher. „Heit grob ma Tote aus“ war der Titel seiner ersten Erfolgssingle 2016.
Voodoo und Ben
Ben Winkler spielt im Film Rickerls hochdeutsch sprechenden Sohn Dominik. Mit dem Buben hat Goiginger wieder einmal einen Coup gelandet, denn der Bub ist wirklich gut. Goiginger beweist erneut sein Gespür für Menschen, auch für Kinder. Das war bisher in all seinen Filmen so, angefangen bei „Die beste aller Welten“ über „Märzengrund“ bis „Der Fuchs“. Liedermacher Jürgens überzeugt in Goigingers Film genauso wie der Bub.
Goiginger sagt dazu: „Ich will, dass die Grenzen zwischen Schauspiel und Menschsein verschwimmen. Ich wünsche mir, dass man sich als Zuseher fragt: Ist das jetzt echt oder ist das eine Dokumentation? Ich will, dass alles so authentisch wie möglich rüberkommt. Und es ist mir wurscht, ob das jetzt im Drogenmilieu spielt oder in den Wiener Beisln. Diese Echtheit ist der Anspruch, den ich an mich und an meine Schauspieler immer habe.“
Wie geht’s aus? Wurscht
Erich Bohacek, Rickerl, wurschtelt sich zwischen Arbeitsamt und Gelegenheitsjobs mehr schlecht als recht durch, und das ist manchmal gar nicht so leicht zum Aushalten. Wie die Geschichte ausgeht, lässt der Film offen, außer man schließt von der Figur Rickerl geradewegs auf den echten Voodoo Jürgens, dessen Werdegang gar nicht so unähnlich war. Das lässt optimistisch auf Positives hoffen. Die Lieder von Jürgens (nicht Udo) begleiten den Film.
Und der Humor? Der ist auch da. Ein Zitat: Als Rickerl vom Friedhofsjob entlassen wird, sagt sein Chef „Wir sind ein seriöser Friedhof mit lauter zufriedenen Kunden“.
Kooperation:
In Zusammenarbeit mit der Ausstellung Bücherwelten des Südtiroler Kulturinstitutes gibt es am Mittwoch um 20h im Filmclub Dominik Grafs Filmessay über Schriftstellerinnen von der Weimarer Republik bis ins Dritte Reich. Eine der Fragen, die sich zu Benn, Kästner und Co. stellt, ist: „Ist ein guter Schriftsteller auch ein anständiger Mensch?“ (Gabriele von Arnim im Film).
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