Fehlende Hausärzte
In Südtirol sind derzeit fast 80 Hausarztstellen unbesetzt. Das Institut für Allgemeinmedizin hat zehn Lösungsvorschläge gegen den Hausärztemangel erarbeitet.
von Lisi Lang
Derzeit geht es vielen Südtirolern gleich: Die Nase tropft oder ist verstopft, andere klagen über Halsschmerzen, viele liegen mit Grippe und Fieber im Bett. Das heißt aber auch, dass in den Hausarztpraxen derzeit viel los ist – gleichzeitig fehlen seit Jahren Ärzte. Wie das Institut für Allgemeinmedizin erklärt, gibt es in Südtirol derzeit 288 Hausärzte – doch fast 80 Stellen sind vakant. „Die Ursachen sind zum einen die Pensionierungen von Hausärzten, zum anderen fehlen Nachwuchskräfte“, erklärt Adolf Engl, Präsident des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen.
Das Institut für Allgemeinmedizin hat 2022 eine Umfrage unter Medizinstudenten in Innsbruck und unter Ärzten in Ausbildung an allen Krankenhäusern mit Ausbildungsberechtigung in Tirol durchgeführt. Die Erhebung ging der Frage nach, welche Faktoren die Wahl des Hausarztberufes begünstigen oder behindern. „Aus der Erhebung konnten zehn Vorschläge für Maßnahmen gegen den Mangel an Hausärzten in Südtirol abgeleitet werden“, erklärt Engl.
Ganz oben auf der Liste findet sich der Punkt „Mehr Zusatzdiagnostik in den Hausarztpraxen (z.B. Ultraschall, EKG, Spirometrie)“. Gleich dahinter folgen als Maßnahmen der Ausbau von Gemeinschaftspraxen mit bereitgestelltem nicht-ärztlichem Personal, Bürokratieabbau für mehr Betreuungsqualität und ein Anstellungsverhältnis aller Ärzte in Ausbildung. „Wir müssen endlich das alte Modell des allein arbeitenden Hausarztes aufgeben, junge Ärzte wollen sich viel lieber in einem Team weiterentwickeln“, sagt Giuliano Piccoliori, Hausarzt in Gröden und Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Allgemeinmedizin, „zudem müssen Hausärzte viel stärker von Aufgaben entlastet werden, die nicht rein medizinischer Natur sind“.
Auf Platz 5 der Liste findet sich die Aufwertung der allgemeinmedizinischen Ausbildungstätigkeit im Krankenhaus unter TutorInnen, dahinter die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und Hausarztpraxen und die Teilzeitbeschäftigungen in Hausarztpraxen. Auch Werbung für die Südtiroler Ausbildung in Allgemeinmedizin an Universitäten in Italien, Österreich und Deutschland und eine stärkere Verankerung der Allgemeinmedizin im Medizinstudium sowie ein Facharzt für Allgemeinmedizin auch in Italien werden in der Umfrage als Maßnahmen angeführt. „Ich bin davon überzeugt, dass die Einführung des Medizinstudiums in Bozen ab Herbst 2024 und die damit verbundene Verankerung der Allgemeinmedizin in Praxis und Theorie ein zentraler Lösungsansatz sein kann, um dem Hausarztmangel entgegenzuwirken“, ergänzt Adolf Engl.
Im Frühjahr 2024 beginnt am Institut für Allgemeinmedizin ein neuer dreijähriger Ausbildungslehrgang für Hausärzte. Für die Südtiroler Ausbildung in Allgemeinmedizin ist ein monatliches Stipendium vorgesehen, im Gegenzug verpflichten sich die Absolventen dazu, innerhalb von fünf Jahren nach der Ausbildung für drei Jahre als Hausärzte in Südtirol zu arbeiten. „Das Südtiroler Stipendium ist fast viermal so hoch wie jenes im restlichen Staatsgebiet“, sagt Piccoliori.
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Kommentare (3)
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brutus
„Die Nase tropft oder ist verstopft, andere klagen über Halsschmerzen…“
…wozu braucht ich da einen Hausarzt??????
kritiker
Wie wahr. aber für viele andere Probleme bräuchte es gute Hausärzte . Manche überweisen sehr oft unnötigerweise an die Fachärzte. Dadurch sind die Wartezeiten astronomisch hoch.
gredner
Viele möchten ja Medizin studieren, aber sie schaffen die Aufnahmeprüfung an den Unis nicht, bzw. sind für 4000 Interessenten nur 400 Studienplätze frei. Dann studieren diese eben was anderes oder gar nicht.