Thermische Wahrnehmung
Menschen nehmen Temperaturunterschiede von weniger als einem Grad wahr, zeigt eine Studie von Eurac Research im Extremklimasimulator terraXcube.
0,92 Grad Celsius:
Das ist der Unterschied in der Umgebungstemperatur, den Menschen im Durchschnitt wahrnehmen können. Laura Battistel, Doktorandin in Neurowissenschaften bei Eurac Research und CIMeC (Centro Interdipartimentale Mente/Cervello) der Universität Trient, fand es durch Experimente zur menschlichen Wahrnehmung heraus, die sie im Small Cube durchführt, einem der drei Klimasimulationsbereiche des terraXcube.
Die Studie, Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen CIMeC und terraXcube, ist die erste, die die Wahrnehmung der Umgebungstemperatur bewertet; frühere Untersuchungen hatten sich auf die Empfindlichkeit einzelner Körperteile gegenüber Temperaturschwankungen konzentriert.
Die Entdeckung ist Teil eines Forschungsfelds, das sich mit der Frage befasst, wie die Umwelt unsere Wahrnehmung beeinflusst, und könnte Auswirkungen auf die Heizung, Lüftung und Klimatisierung von Gebäuden haben. Die Ergebnisse der Experimente von Laura Battistel wurden soeben in der Zeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlicht.
Laura Battistel verwendete für ihre Experimente vier Klimakammern, in denen die Temperaturen auf Werte zwischen 23 und 25 Grad Celsius eingestellt waren. 26 Versuchspersonen nahmen teil, 13 Männer und 13 Frauen. Die Freiwilligen mussten von einer Kammer in eine andere wechseln und dann beurteilen, welche der beiden Kammern wärmer war. Jede Person verglich 120 Mal zwei Kammern, insgesamt wurden also Daten aus 3120 Vergleichen gesammelt.
Die Auswertung ergab eine durchschnittliche Wahrnehmungsschwelle für Temperaturunterschiede von 0,92 Grad Celsius. Auch zeigten die Probanden alle eine sehr ähnliche Temperaturempfindlichkeit. „Dies deutet darauf hin, dass es sich um eine angeborene Eigenschaft unserer Spezies handeln könnte“, erklärt Battistel. „Wir sind alle mit einer ausgeprägten Empfindlichkeit gegenüber der Umgebungstemperatur ausgestattet, auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind.“
Die Idee, das menschliche Wahrnehmungsvermögen mit Hilfe des terraXcube zu untersuchen, stammt von Massimiliano Zampini, Professor am CIMeC der Universität Trient.
Ziel dieser Forschung ist es, herauszufinden, was wir von der uns umgebenden Welt wahrnehmen können, und so genauer zu verstehen, wie die Umwelt unser Denken und Handeln beeinflusst. Die Studie ist Teil des Forschungsfeldes „verankerte Kognition (Grounded Cognition)“; dieser wissenschaftlichen Theorie zufolge ist die Erkenntnis, die wir über unsere Umwelt haben, untrennbar mit unserer Sinneswahrnehmung der Welt an sich verbunden. Mit anderen Worten: Wenn wir nachdenken, uns an ein Erlebnis zu erinnern versuchen oder mit unserer Umgebung in Kontakt treten, werden unsere Sinne aktiviert und beeinflussen unser Denken.
Die Ergebnisse der Studie könnten Auswirkungen auf die Heizung, Belüftung und Klimatisierung von Gebäuden haben.
„Wenn wir einen Temperaturbereich bestimmen können, innerhalb dessen es möglich ist, den Energieverbrauch eines Gebäudes zu reduzieren ohne das Wohlbefinden der Menschen zu beeinträchtigen, wäre dies unter dem Gesichtspunkt der energetischen Nachhaltigkeit für uns und für den Planeten von Vorteil“, erklärt Riccardo Parin, der die Arbeit von Battistel betreut hat.
„Der Fokus unserer Studie liegt jedoch nicht auf dem thermischen Komfort der Teilnehmer. Vielmehr wollen wir herausfinden, wie sich unsere Wahrnehmung bei Temperaturen verändert, die höher oder niedriger sind als die allgemein als angenehm empfundenen. Das werden wir demnächst in Experimenten untersuchen“, schließt Parin.
„Unsere Infrastruktur steht der Forschung in den verschiedensten Bereichen zur Verfügung, von Bekleidung bis zur alpinen Notfallmedizin, von der Automobilindustrie bis zum Klimawandel“, erklärt Christian Steurer, Direktor des terraXcube. „Die Idee, in unseren Klimakammern die menschliche Psyche zu erforschen, hat mich von Anfang an begeistert. Jetzt beginnt das Projekt Früchte zu tragen. Ich bin gespannt auf die nächsten Entwicklungen.“
Die Ergebnisse der Studie von Battistel wurden in der Zeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlicht und sind online verfügbar: https://www.nature.com/articles/s41598-023-47880-5#citeas
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Kommentare (2)
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hallihallo
und was kostet uns bürgern so ein stuss an steuergeldern???
morgenstern
Wahnsinn, wie unser Steuergeld nur so zum Fenster hinaus geworfen wird.