Mit sich im Einklang
2 Filme zeigen, wie Menschen mit sich in Einklang kommen können, „Joan Baez – I Am a Noise“ und „Perfect Days“. Um Gestörtes geht’s hingegen bei „Club Zero“.
von Renate Mumelter
Hirayamas Musikkassetten
Heute erlaube ich mir, noch einmal bei Wenders‘ „Perfect Days“ zu bleiben, wo Kloputzer Hirayama ein monotones Leben führt, das nur so aussieht als sei es eintönig. In Gesellschaft des Kloputzers bekommt auch das Publikum die Möglichkeit, wunderbar zu entspannen (ohne einzuschlafen wohlgemerkt). Hirayama lässt sich von der Welt begleiten, die er anschaut, anhört, immaginiert.
Anschauen tut er sie mit einer analogen Olympus. Er erlaubt sich jede Woche eine Filmrolle. Mit Büchern schafft er sich am Abend seine eigene Welt. Er liest Patricia Highsmith, die Japanerin Koda Aya und William Faulkner. Dieser sagte in seiner Nobelpreisrede 1950 „Ich lehne es ab, an das Ende der Menschheit zu glauben. Die Menschheit wird nicht nur Bestand haben, sondern siegen“.
Beim Autofahren schiebt Hirayama alte Tonbandkassetten ein, er hört zu und mit ihm hört das Publikum zu. Musik macht neben der Bildsprache und dem Spiel einen großen Teil des Films aus. Sie bringt Entspannung. Von Lou Reeds „Perfect Days“ kommt auch der Filmtitel. Der Songtext erzählt eine Geschichte genauso wie dies „Feeling Good“ von Nina Simone im Abspann macht, oder „The House of the Rising Sun“ zu Hirayamas Tagesbeginn. Patti Smith bekommt mit „Redondo Beach“ eine besondere Rolle. Eine junge Frau, der Hirayama hilft, ist begeistert von diesem Stück und von den Kassetten.
Joan Baez privat
Patti Smith hat auch mit „Joan Baez – I Am a Noise“ zu tun. Sie ist ausführende Produzentin. Baez und Smith sind befreundet, und Smith wollte alles für diesen Dokumentarfilm tun. Heuer wird Baez 83 Jahre alt, Smith 78.
„Joan Baez – I Am a Noise“ ist der einzige Film über Joan Baez, in dem es nicht nur um Musik geht sondern auch um Privates. Sie öffnet das reiche Archiv ihrer Mutter, betritt es sogar zum ersten Mal und geht damit tief in ihr Leben. Das tut sie auch, weil sie den Filmemacherinnen Karen O’Connor, Miri Navasky und Maeve O’Boyle vertraute.
Es geht um Baez’s Kindheit, ihre Jugend, ihr politisches Engagement, ihre Familie, ihr Verhältnis zur Bühne, um ihre Songs und um sie selbst und ihre dunklen Seiten. Baez erzählt beispielsweise davon, wie sie lernte, mit ihren Panikattacken umzugehen und redet von möglichen Ursachen der Störung. Der Film erzählt die vielen Facetten des Lebens einer (weitgehend) selbstbestimmten Frau. Und er erzählt vom Altern.
„Maestro“ ohne Meisterschaft
Privates möchte auch Bradley Cooper in seinem Spielfim „Maestro“ liefern. Aber das misslingt. Der Film über Leonard Bernstein ist mit großem Gestus laut aber nie interessant. Interessant ist höchstens, dass ständig geraucht wird. Die Musik wird zu Nebensache, Bernsteins Eskapaden und sein Privatleben zur Hauptsache.
Essen im „Club Zero“
Karg aber spannend ist das neue Angebot von „Female Views“ am 17.1.. Jessica Hausners „Club Zero“ führt in eine Eliteschule, wo eine Lehrerin ihre Anvertrauten zum Zero hinführt. Es geht ums Essen. „Ich denke, das Thema Ernährung berührt einen Nerv. Essen ist extrem intim, wie Nacktsein oder Sex. Es ist auch tabuisiert“, sagt Regisseurin Hausner dazu. Der Film spielt in der Jetztzeit unter jungen Menschen. Sie haben alles und entdecken die Askese bis zur Selbstzerstörung. Interessant auch Hausners asketische Bildgestaltung.
Im Anschluss an den Film gibt es ein Gespräch mit der Psychologin für Essstörungen Elke Kalser (Forum Prävention).
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