„Unglückliche Passage“
Eine Passage im Regierungsprogramm, in dem eine Art Südtiroler Medien-Tribunal vorgeschlagen wird, sorgt für große Aufregung. Die Hintergründe.
von Artur Oberhofer
Am Anfang der Geschichte steht ein Tagesordnungspunkt der Freiheitlichen, der im November 2022 mit dem Stimmen aller Parteien im Landtag angenommen wurde.
In dem Tagesordnungspunkt, eingebracht von Andreas Leiter Reber, ging es um die „gefühlte Unausgewogenheit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, sprich: bei Rai Südtirol.
„Für mich“, so erklärte Leiter Reber im Plenum, „sind zum Beispiel Brigitte Foppa und die Grünen gefühlt bei jedem zweiten Pro & Contra zu sehen, und Daniel Alfreider schneidet täglich bei der ,Tagesschau‘ irgendein Bandl durch.“
Zwar gibt es eine parlamentarische Überwachungskommission, die darüber wacht, ob die Rai ihrem öffentlichen Auftrag gerecht wird und überparteilich und ausgewogen berichtet. Die Südtiroler Rai-Redaktionen führen aber – auch sprachlich bedingt – ein mediales Eigenleben.
In Rom gegen einen „Tagesschau“-Bericht zu protestieren, ist – bildlich gesprochen – wie ein Furz im Wind.
Aus diesem Grund schlug Leiter Reber vor, dass in Südtirol ein eigener Rundfunkbeirat installiert wird, der über Rai Südtirol (und auch über „Südtirol heute“) wachen sollte.
Dieser Tagesordnungspunkt der Blauen wurde, wie erwähnt, einstimmig angenommen. Auch Marco Galateo von den Fratelli d’Italia unterstützte den Antrag. „Wenn wir in einem RAI-Beitrag als Postfaschisten bezeichnet werden, dann verstößt das gegen die Prinzipien der Überparteilichkeit und Ausgewogenheit“, so Galateo später in der Gesetzgebungskommission.
Da aber in der Folge nichts passiert und der Beschluss nie umgesetzt worden ist, packten die Blauen, die jetzt drauf und dran sind, Regierungsverantwortung zu übernehmen, diesen Punkt kurzerhand ins Koalitionsprogramm.
Und hier wird die Geschichte zur Farce: Denn war es die klare Absicht der Blauen, ein lokales Überwachungsorgan für die öffentlich-rechtlichen Sender Rai Südtirol und „Südtirol heute“ zu schaffen – ähnlich des österreichischen ORF-Stiftungsrates –, so wurde daraus im Koalitionsprogramm ein „Medienbeirat“, der auch die privaten Medien hätte überwachen sollen.
Im Entwurf zum Koalitionsprogramm heißt es nämlich wörtlich:
„Unter Einbeziehung aller im Landtag vertretenen Parteien wird ein Medienbeirat errichtet, der kontinuierlich Südtirols Medien- und Informationslandschaft beobachtet, Fehlentwicklungen evaluiert und handlungsanleitende Maßnahmen für die Politik erarbeitet und vorschlägt.
Die öffentliche Unterstützung von Informationsdienstleistungen in Form von Förderung auch privater Medienanbieter mit der ausdrücklichen Zielsetzung der Schaffung bzw. Bewahrung von Medienvielfalt soll fortgeführt werden.“
Richtig gelesen: Dieser zu installierende Medienbeirat sollte Südtirols Medienlandschaft – also alle Medien – beobachten und Fehlentwicklungen evaluieren – und Maßnahmen für die Politik erarbeiten.
Orban lässt grüßen.
Diese Passage im Koalitionsprogramm sorgt in der Südtiroler Medienlandschaft für Aufregung. Denn eine Sache ist die Schaffung einer Institution, die die öffentlich-rechtlichen Medien, die mit öffentlichen Beiträgen finanziert werden, beobachtet. Etwas ganz anderes ist aber die Schaffung einer Kontroll- oder Beobachtungsstelle für die privaten Medien.
Ein politisch installiertes Kontrollorgan, das private Medien „beobachtet“ und „Fehlentwicklungen“ evaluiert, mag es in Russland oder Ungarn geben. Aber in Südtirol?
Inzwischen ist auch die Politik draufgekommen, dass diese Passage im Koalitionsprogramm – gelinde gesagt – völlig absurd ist.
Hinter den Kulissen schieben die SVP und die blauen Unterhändler jetzt die Verantwortung hin und her.
Andreas Leiter Reiber spricht von einer „verunglückten Passage“ und wiederholt: Es sei immer nur darum gegangen, die öffentlich-rechtlichen dazu zu bringen, dass sie ausgewogen und objektiv berichten.
Leiter Reber will im definitiven Text eine Richtigstellung.
Die Blauen machen die SVP für die im Koalitionsprogramm gelandete Passage verantwortlich. Im blauen Lager wird vermutet, dass Arno Kompatscher den Text ummodelliert habe, weil er eine Handhabe gegen die Kampagnen der Tageszeitung „Dolomiten“ gegen seine Person habe schaffen wollen.
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Kommentare (19)
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pingoballino1955
Mir scheint da ist schon mehr verunglückt,nicht nur“ diese Passage“
brutus
…ein eklatanter Verstoß gegen die Pressefreiheit!
…SVP was hat dich da geritten?
prof
Für diesen Text wiederum LH Kompatscher verantwortlich zu machen ist wohl lächerlich.
pingoballino1955
prov,wer genehmigt letztendlich so ein verunglücktens Projekt und den Text dazu?? DU???
bettina75
Fängt schon gut an…..
asterix
Ja, so änlich hat der Adolf auch angefangen in München. Als erstes wurde die Münchner Post verboten und die Journalisten inhaftiert weil sie nicht auf Parteilinie waren. Das könnte euch so passen, den Bürgern den Mund verbieten.
meintag
Der Vergleich ist ziemlich weit hergeholt.
Im Grund hat der Weinberg bereits die Überhand. Sie haben die Bezirkszeitungen aufgekauft. Ich lese den Vinschger selbst. Die Dolo habe ich schon seit Jahren nicht mehr durchgeschaut. Die RAI Südtirol wird mit Millionen an Steuergeldern vom Land bezuschusst. Der Sepp des vom Weinberg in Pension.
meintag
Mittlerweile wurde die Südtiroler RAI anders besetzt und altes Ausgestopftes in Rente geschickt.
pingoballino1955
ZUM GLÜCK!!!!
gulli
Natürlich wollen unsere Herrschaften im Olymp kontrollieren und zensieren was in den Medien geschrieben wird.
Götter müssen glänzen und das Fußvolk muss sie anbeten und diese Realität darf durch nichts und niemanden gestört werden, auch nicht durch die Berichterstattung der Medien.
kritischerbeobachter
Das waren noch Zeiten, als Medien versuchten die Wahrheit ans Licht zu bringen, nicht wie es jetzt oft vorkommt, Parteinahe zu berichten, wo die notwendigen Beiträge herkommen.
florianegger
Medien haben keine Zeit mehr, fundiert zu recherchieren. Sie sind mit der Veröffentlichung von Pressemitteilungen voll ausgelastet. Da werden sogar Schreibfehler medienübergreifend abgedruckt
kongo
Es wird halt nur teilweise funktionieren, es gibt zuviele Journalisten und Medien die bestimmten Parteien sehr nahe stehen und nur das schreiben dürfen was ihnen die Gurus vorgeben. Man sieht es ja schon hier im Forum bei solchen Quaksalbern und Muttersöhnchen wie dem Anderle und Hera.
sellwoll
@kongo: bleib beim Thema, statt andere Leute als Quacksalber zu bezeichnen. Eure Kleinkriege in den Kommentaren nerven einfach nur noch.
kongo
Sellwoll,1. war ich beim Thema, 2.kann man solche Leute so bezeichnen weil sie eben Quaksalber sind, 3.mußt du es ja nicht lesen wenns dich nicht betrifft, oder doch??
kongo
Sellwoll, übrigens darfst du deinen Kleinkriege Brief auch diesen Quaksalbern schreiben.Oder soll man sie besser Verdreher, Schwindler, Lügner, Vertuscher usw. nennen.
ummagumma
Meinst den Helmuuuut M.
dn
Die Lisa hott in gressrn Kuchn gekriagg, dess isch ungerecht.
franz1
Wie verlogen und Unterwürfig sie Blauen der Mair sich der SVP anbiedern und NACHGEBEN.
Schrieen nicht die Blauen, „Macht braucht Kontrolle“ doch wo sie in der Regierung sitzen scheint das doch ein wenig anders?
Soll nicht die Presse die Missstände in der Politik (Regierung)aufzeigen?
Des macht in Zukunft die Politik und evtl.do Weinberg dei die „Investigativ Journalisten“ mundtot machen!
Rußland & China sowie viele Länder mehr lassen Grüßen, do isch des „Autonomie- Statut“ überflüssig.