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Puglieses „Märchen“

Der frühere Solland-Silicon-Inhaber Massimo Pugliese steht in Bozen wegen des Verdachts des betrügerischen Bankrotts vor Gericht. Es geht dabei um den Transfer von 3,5 Millionen Euro an eine seiner niederländischen Firmen.

von Thomas Vikoler

Das Bozner Landesgericht gibt sich international. Auf den neu installierten Bildschirmen in den drei Strafverhandlungssälen ist auf Video ein Rechnungsprüfer aus der niederländischen Stadt Maastricht zugeschaltet. Der Zeuge war Konkursverwalter der Gesellschaft Solland Solar Cells, die am 25. August 2015 für Bankrott erklärt wurde.

In dem Strafprozess, in dem er aussagt, geht es um einen weiteren Konkurs. Jenen der Firma Solland Silicon, damalige Betreiberin des Siliziumwerks Ex-MEMC in Sinich. Sie wurde am Bozner Landesgericht im November 2016 für zahlungsunfähig erklärt. Es folgte die Schließung des Werks mit Versteigerung des Betriebsareals und eine gewichtige finanzielle Intervention der Landesverwaltung.  

Was beide Konkurse verbindet, ist Massimo Pugliese, ein Unternehmer aus Avellino, der 2014 als „Retter“ des vormaligen, von Sunedison betriebenen Werks in Sinich aufgetaucht war.

Die Staatsanwaltschaft Bozen wirft Pugliese in diesem Verfahren betrügerischen Bankrott vor, insbesondere die „Abzweigung“ von 3,5 Millionen Euro von Solland Silicon an die niederländische Schwesterfirma Solland Solar Cells kurz vor deren Konkurs.

Der Zeuge aus Maastricht rekonstruiert auf Englisch dessen Details: Es seien Schulden von zehn bis elf Millionen Euro zurückgeblieben, zwei ebenfalls Pugliese zurechenbare Firmen hätten 5,5 bzw. 3,1 Millionen Euro in die Firma Solland Solar Cells eingezahlt. Dazu die 3,5 Millionen Euro aus Sinich.

Das Werk in den Niederlanden habe ab 2013 allerdings lediglich 18 Prozent ihrer Produktionskapazität an Solarpanelen hergestellt, eine Übernahme durch einen chinesischen Lieferanten, Trina Solar, sei gescheitert, berichtet der Zeuge. Trina Solar habe später das Betriebsgelände aus der Konkursmasse herausgekauft, die Produktion sei aber bald eingestellt worden.

Und die Rolle von Massimo Pugliese in seiner niederländischen Firma? Laut dem Konkursverwalter war der frühere Präsident des Fußballclubs Avellino auf dem Papier zwar Geschäftsführer, sei aber so gut nie vor Ort gewesen. Und ein Betriebsrat von Solland Solar Cells habe Pugliese, so der Zeuge, als einen Mann beschrieben, der „Märchen“ erzähle und sich nicht an Abmachungen halte.

Die entscheidende Frage in diesem Prozess ist aber die, ob Pugliese die 3,5 Millionen Euro nach Holland überwiesen hat, um die Gläubiger von Solland Silicon (darunter das Land Südtirol, das später Gehaltszahlungen übernahm) zu schädigen, oder dies im Rahmen der technischen Zusammenarbeit der beiden Pugliese-Unternehmen ging. Das behaupten nämlich die Verteidiger des süditalienischen Unternehmers, die gegenüber der TAGESZEITUNG betonen, dass Solland Silicon so oder so in Konkurs gegangen sei.

In jenen Jahren seien die Förderungen für Solaranlagen massiv gekürzt und Zölle für Dumping-Lieferungen aus China eingeführt worden. Das habe den Markt, der heute (infolge der Energiekrise 2022) boomt, damals zerstört.

Ähnlich wird Massimo Pugliese selbst auf der nächsten Verhandlung am 29. Jänner argumentieren. Für diesen Termin haben ihn die beiden Verteidiger nämlich als ihren Zeugen aufgerufen. Er hält sich, selbstredend, für unschuldig.

Pugliese war kürzlich am Landesgericht vom Vorwurf freigesprochen worden, 1,5 Millionen Euro an Sozialabgaben an die Angestellten des Siliziumwerks nicht bezahlt zu haben.

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