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Der Plan W.

EVP-Chef Manfred Weber verfolgt die Bildung der Koalition in Südtirol mit großem Interesse. Die Ehe zwischen Volkspartei und Fratelli soll als Blaupause für eine (neue) konservative Mehrheit im EU-Parlament dienen.

von Matthias Kofler

Die SVP hat sich für eine perfekte Arbeitsteilung entschieden: Während Landeshauptmann Arno Kompatscher und sein ladinischer Stellvertreter Daniel Alfreider jüngst nach Rom reisten, um mit Regionenminister und Lega-Größe Roberto Calderoli einen Fahrplan für die Wiederherstellung der autonomen Standards von 1992 auszuarbeiten, hielt SVP-Obmann Philipp Achammer in Bozen die Stellung, wo zurzeit die Koalitionsverhandlungen zur Bildung der neuen Landesregierung laufen. Nun, da der Feinschliff am Koalitionsprogramm ansteht, sollte der Rest der SVP-Delegation nicht allein gelassen werden. Der SVP-Chef ist ohnedies in ständigem Kontakt mit Calderoli und Francesco Lollobrigida, der rechten Hand von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.

Die Bildung der neuen Regierungsmehrheit aus SVP, Freiheitlichen, Fratelli d’Italia, Lega und La Civica wird aber nicht nur im italienischen Inland mit großem Interesse verfolgt. Auch EVP-Chef Manfred Weber hat in den letzten Tagen mehrfach Kontakt zu Achammer aufgenommen, um sich aus erster Hand über den Fortgang der Verhandlungen zu informieren. Der CSU-Politiker sieht in der sich abzeichnenden Liaison zwischen Volkspartei und Fratelli ein Modell für einen „Rechtsruck“ im Europäischen Parlament nach den Wahlen im kommenden Juni.

Der Hintergrund: Noch sind es sechs Monate, bis die EU-BürgerInnen ihre Europaabgeordneten wählen können, wie es alle fünf Jahre üblich ist. Doch die Positionierung der Parteien vor dem Wahltag – und der Zeit danach, wo die wichtigsten EU-Posten vergeben werden – hat längst begonnen. Weber, der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, versucht zunehmend, mit Politikern und Parteien in Verbindung zu treten, die weit rechts von ihm und seinem Bündnis bürgerlicher Parteien stehen, weshalb ihm die Grünen und andere vorwerfen, mit der extremen Rechten zu „flirten“.

Man muss nur einen Blick auf die politische Landkarte der EU werfen, um Webers Strategie zu verstehen: In den letzten Monaten haben konservative Parteien in mehreren Ländern die Regierung übernommen, von Italien über Tschechien bis nach Schweden und Finnland. Selbst Spanien war nur einen Schritt von einer Machtübernahme der rechtsextremen Vox-Partei entfernt, die sich ihrerseits bereit erklärt hatte, den bürgerlich-konservativen Partido Popular zu unterstützen. Diese neuen Regierungen gehören jedoch entweder nicht zu Webers gemäßigter EVP-Familie, oder sie gehören zu ihr, sind aber auf die Hilfe einer weiter rechts stehenden Partei, wie die Schwedendemokraten in Schweden oder die Wahren Finnen in Finnland, angewiesen. Die italienische Ministerpräsidentin Meloni, die wie die Schwedendemokraten, die Wahren Finnen und Vox Mitglied der rechtspopulistischen Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) im EU-Parlament ist, wird von Weber besonders umworben. Mit der Öffnung der EVP gegenüber den Parteien der EKR-Fraktion folgt der EVP-Vorsitzende also einem politischen Rechtsruck, der sich auf nationaler Ebene vielerorts seit einiger Zeit vollzieht.

Allerdings formuliert er drei wesentliche Kriterien für eine Zusammenarbeit mit der Europäischen Volkspartei: Demnach müssen die rechten Partner pro-europäisch sein, zur Ukraine stehen und die Rechtsstaatlichkeit nicht in Frage stellen. Angesichts der derzeitigen Zusammensetzung der EKR-Fraktion fällt nur die polnische PiS-Partei durchs Raster.

Laut der jüngsten Umfrage des Portals „Europe Elects“ zeichnet sich auch für die Europawahlen im nächsten Jahr ein Rechtsruck ab: Die beiden rechten Gruppierungen Identität und Demokratie (ID), zu der Marine Le Pens französischer Rassemblement National, die Lega von Matteo Salvini, die österreichische FPÖ, die in den Niederlanden siegreiche PVV von Geert Wilders und die deutsche AfD gehören, und die EKR würden demnach zusammen etwa ein Viertel der Stimmen erhalten und möglicherweise sogar stärker als die EVP werden. Die Grünen und die Liberalen würden Stimmen verlieren, während die EVP und die Sozialdemokraten wahrscheinlich stabil bleiben würden. Die derzeitige pro-europäische „Ursula“-Mehrheit, benannt nach der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU), steht somit auf dünnem Eis. Deshalb sucht Weber bereits nach Alternativen und blickt zunehmend in Richtung EKR und FdI-Chefin Meloni. Gemeinsam mit den Rechtsparteien wollte er im Sommer eine ambitioniertere Klimagesetzgebung verhindern. Der Versuch scheiterte, weil einige Abgeordnete seiner eigenen Fraktion absprangen und gemeinsam mit den linken und gemäßigten Fraktionen das sogenannte Renaturierungsgesetz durchs Parlament boxten.

Vor diesem Hintergrund gewinnen die Koalitionsverhandlungen in Südtirol zunehmend an europapolitischer Bedeutung. Eine Zusammenarbeit mit der ID-Gruppe von Lega und Co. bleibt für die EVP aufgrund der unterschiedlichen Positionen zum EU-Friedensprojekt tabu. Francesco Lollobrigida (FdI) hofft auf ein Bündnis zwischen EVP und EKR im kommenden Jahr. Manfred Weber traf sich auch mehrmals mit Ministerpräsident Meloni in Rom, was innerhalb der CDU kritisiert wurde. Weber und Lollobrigida haben sich auch an die SVP gewandt, um Details über die laufenden Koalitionsverhandlungen zu erfahren. Ihr Credo: Auch wenn Südtirol klein ist, könnte die neue Landesregierung, für die die Südtiroler Volkspartei einen Koalitionsvertrag mit den Fratelli abschließen wird, bei diesen Bemühungen durchaus hilfreich sein und eine Art Türöffner für eine neue rechtskonservative Mehrheit auf europäischer Ebene werden. In einem persönlichen Telefongespräch erklärte Achammer gegenüber Lollobrigida und Weber, dass seine Partei alles tun werde, um hierbei dienlich zu sein. Gleichzeitig schloss der SVP-Chef aber kategorisch aus, dass seine Partei im Hinblick auf die Europawahlen ein Wahlbündnis mit den Fratelli oder – noch schlimmer – mit der Lega eingehen werde.

Die erste Anlaufstelle der SVP sei nach wie vor Forza Italia, heißt es aus der Brennerstraße, auch wenn dies nicht mehr so einfach sei, da die EVP-Mitgliedspartei dem neuen Landtag nicht mehr angehöre. Die Verhandlungen zur EU-Wahlallianz laufen direkt mit FI-Chef Antonio Tajani. Das Problem: Der neue FI-Kommissar in Südtirol, Matteo Gazzini, hat ebenfalls Anspruch auf den „Südtiroler“ Sitz im Europaparlament erhoben und will sich dem SVP-Mann Herbert Dorfmann nicht kampflos geschlagen geben. Laut SVP hat Gazzini im Kampf um Straßburg jedoch „wenig Chancen“.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (28)

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  • rumer

    ja genau, das kleine Südtirol ist der Nabel der Welt und wir bestimmen die Politik von ganz Europa, nein, was sage ich, des ganzen Planeten. Auch Ausserirdische schauen regelmäßig vorbei und holen sich im Herzen der Alpen bei der SVP Tipps für die Problemlösung in ihren eigenen Galaxien. Seit Men in Black vermute ich den Achammer als Ausgewanderten von den Arquilien.

    • steve

      Das könnte man von Österreich auch meinen, aber die beliefern Europa ja regelmäßig mit Größenwahnsinnigen!

    • treter

      Wir Südtiroler sind einfach die besten von den besten mamma mia!
      Ist nicht unser ex Landeshauptmann Durnwalder mal in der Region Donbass in der Ukraine aufgetreten und wollte der dort ansässigen russischen Bevölkerung unser Südtirol-Modell als beispielhaft präsentieren?!
      Und jetzt haben wird dort seit bald zwei Jahren Krieg! Würde sagen Mission gescheitert bzw. so wichtig sind wir Südtiroler dann doch nicht oder?

  • criticus

    Da stehen die 4 Richtigen!

  • ummagumma

    Heute bei der Südtiroler Freiheit zu lesen!

    Der designierte Landesrat von Fratelli d’Italia, Marco Galateo, läßt in Medieninterviews schon einmal durchklingen, welche autonomiefeindliche Position die neue Landesregierung einnehmen wird. Laut seinen Aussagen muss der Proporz aufgeweicht werden, die faschistische Ortsnamengebung findet er super und die Süd-Tiroler Freiheitskämpfer seien Terroristen. Das sind also die neuen „Autonomiefreunde“ von Arno Kompatscher, die er und die SVP in die Landesregierung holen. Das Schweigen der SVP und der Freiheitlichen zu diesen ungeheuerlichen Aussagen von Fratelli d’Italia ist beschämend.

    • saustall_kritiker

      Ja wundert euch bei diesem Großverdiener Kom-patscher noch etwas? Das wusste man ja schon vor den Wahlen, welche Freunde der hat. Blöd nur, wer den gewählt hat….. Und dann das scheinheilige Getue, er wäre eher für links. Dabei war es gerade die von ihm damals geführte Seilbahn auf die Seiser Alm, die als erste überteuerte Seilbahn in die Südtiroler Geschichte einging. Wonach es dann mit der Abzocker Mentalität hierzulande erst so richtig losging. Für solche Zeitgenossen ist das Überleben der deutschen Minderheit zweitrangig, man erzählt dann lieber überall herum, wie erstklassig unsere Autonomie wäre….in einem Land, wo es immer mehr Arme gibt 🙁

    • pingoballino1955

      Das Schweigen der dummen “ LÄMMER“SUPER HORRORFILM passt zur neuen Südtiroler Regierung,wird enden wie im Film???

  • morgenstern

    Oh Herr lass Abend werden, wo möglich noch am Vormittag!!

  • jorge

    Und der Berichterstatter hier, Matthias Kofler, ist auch einer von jenen, die dauernd das nach Rechtsschwenken goutieren und anpreisen.

  • opa1950

    Es ist schon komisch dass sich genau Heute am letzten Tag des Jahres unsere 4 Superpolitiker- in Achhammer, Kompatscher, Dorfmann und die Deeg es nochmal versuchen sich mit leeren Versprechungen wichtig zu machen.Wünsche allen Lesern und Schreibern einen guten Rutsch ins neue Jahr.

  • sougeatsnet

    Weber und Dorfmann for PRESIDENT, dann geht´s mit der EU wieder aufwärts. Bis jetzt haben sie nichts gerissen, man muss halt positiv denken.

  • kritischerbeobachter

    Schönes Titelbild, Verlierer unter sich. Sie fühlen sich gemeinsam wohl, sogar den Großverlierer Weber von der EU haben sie geholt. So können sie gemeinsam Jammern und versuchen Angst zu verbreiten.

  • kongo

    Wo sind heute die Deutschenhasser und Psychoschreiber mit ihren geistreichen Kommentaren, wo sind eure Fähnchen, ein wenig Begleitschutz hätte euer LB schon verdient.

  • andreas1234567

    Hallo nach Südtirol,

    eine bemerkenswert realistische Einschätzung was in 6 Monaten bei den Europawahlen Realität werden könnte.
    Seh ich ebenso und zudem eine neue Kommissionspräsidentin.
    Den Rechtsruck sehe ich nüchtern, der Klimagötze und das Billionenopfer kommen in die Abstellkammer und dann treten Kriegsgötze und die Panikmache vor dem Russen auf den Plan, da braucht es schon zwei Billionen.Und eine Wehrpflicht natürlich.

    Nicht meine Pandemie, nicht mein Klimagötze, nicht mein Krieg.

    Auf Wiedersehen in Südtirol wo es keine Pandemie, keinen Klimagötzen und keinen Russen im Keller gibt. Nur Hausverstand

    • pingoballino1955

      Andreas 0 8 15,ich zweifle an ihren AFD Hausverstand???????

      • andreas1234567

        Hallo @pingoballino1955,

        haben wir uns dann heute genug durch die Kommentarspalte durchbeleidigt, ohne auch nur einen Funken von so etwas wie eigenen Ideen oder Vorschlägen?
        Der Beitragsschreiber ein Journalist 3.Klasse der sich verarschen lässt und auch ansonsten wimmelt es hier von dümmsten Lämmern , POLITRATTEN und natürlich dem allgegenwärtigem AfD-Geist..

        Reicht es auch einmal für einen konstruktiven Zweizeiler oder ist das was Pathologisches was die Umwelt dauerhaft ertragen muss?

        Gute Besserung in 2024

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