Das nächste Rekordjahr
Landesmeteorologe Dieter Peterlin zieht Bilanz: Zehn von zwölf Monaten waren heuer wieder zu warm. Allerdings war es auch überdurchschnittlich nass, was das Defizit der letzten Jahre wieder etwas ausgeglichen hat.
Tageszeitung: Herr Peterlin, auf ein Durchschnittsjahr hat man in den letzten Jahren kaum zurückgeblickt. Gab es auch heuer wieder neue Rekorde?
Dieter Peterlin: Wir blicken auch heuer wieder auf ein viel zu warmes Jahr zurück – es war eines der wärmsten seit Messbeginn, ein Rekordjahr, ähnlich wie letztes Jahr. Es waren insgesamt zehn von zwölf Monaten zu warm, nur der April und der November waren etwas zu kühl.
Auch das letzte Jahr war deutlich zu warm. Kann man hier mittlerweile von einem klaren Trend sprechen?
Absolut! Man sieht eindeutig, dass die Temperaturen seit 20 Jahren aufwärts gehen. Natürlich gibt es immer Ausnahmen, aber insgesamt steigen die Temperaturen. Und es ist auch nicht davon auszugehen, dass sich dieser Trend in den nächsten Jahren umkehrt – im Gegenteil: die Temperaturen werden weiter nach oben gehen.
Gab es heuer auch einen neuen Rekord bei den Tropennächten im Sommer?
Der heurige Sommer war zwar auch deutlich wärmer, aber nicht so extrem wie letztes Jahr. Letztes Jahr hatten wir im Juli eine extreme Hitzewelle, heuer sind wir davon etwas verschont geblieben – es gab zwar auch Hitzewellen, aber es gab keinen neuen Rekord an Tropennächten, es war vielmehr konstant warm.
Und wie sieht es abgesehen von den steigenden Temperaturen aus? Wie fällt die heurige Wetterbilanz aus?
Es war rekordmäßig warm und überdurchschnittlich nass. Während man Anfang des Jahres nach einem trockenen Winter noch die Befürchtung hatte, dass es deswegen zu Problemen kommen könnte, hat sich das Blatt im Frühjahr gewendet. Vor allem im April, Mai und Juni gab es doch ziemlich viel Niederschlag, aber auch im Sommer und dann im Herbst und Winter. Die Gesamtbilanz ist deswegen überdurchschnittlich.
Das ist aber eigentlich ein gutes Signal, nachdem die letzten eineinhalb, zwei Jahre deutlich zu trocken waren….
Genau, diesen Regen hat es wirklich gebraucht, um dieses längere Defizit auszugleichen. Heuer hat es insgesamt zwischen 20 und 40 Prozent mehr geregnet als im Durchschnitt – und das hat sicher gutgetan.
Letztes Jahr war auch der Winter viel zu trocken. Ist man mit dem Niederschlag heuer bislang zufrieden?
Die Schneebilanz im Norden ist relativ gut, am Alpenhauptkamm hat es immer wieder geschneit und wir liegen derzeit sogar über dem Durchschnitt. Im Süden hingegen ist die Schneemenge auf den Bergen unterdurchschnittlich.
Rund um Südtirol gab es heuer mehrere Extremereignisse, mit großflächigen Überschwemmungen, schweren Hagelschlägen usw. Ist man in Südtirol mit einem blauen Auge davongekommen?
Es gab auch bei uns ein paar stärkere Hagelereignisse: Am 11. Juli hatten wir beispielsweise im Sarntal und Eisacktal ein extremes Hagelereignis mit Hagelkörnern von bis zu neun Zentimeter Durchschnitt. Und auch sonst gab es immer wieder stärkere Gewitter, auch mit Sturmereignissen. Ein richtig großes Extremereignis gab es zwar nicht, aber mehrere kleinere. Diesbezüglich sind wir sicher ein bisschen mit einem blauen Auge im Vergleich zu anderen Gebieten davongekommen.
Kann man abgesehen von den steigenden Temperaturen auch noch andere Wettertrends erkennen, die für Südtirol relevant sind?
Bei den Temperaturen ist der Anstieg sicher am eindeutigsten. Was man auch sieht, ist, dass Gewitter tendenziell stärker werden und häufiger auftreten – das hat sich schon in den letzten Jahren ein bisschen abgezeichnet. Das ist kein Zufall, man geht schon davon aus, dass aufgrund der steigenden Temperaturen mehr Energie in der Atmosphäre ist und die Gewitter deswegen zunehmen. Und deswegen merkt man schon auch eine Zunahme der Extremereignisse und es ist auch davon auszugehen, dass sie eher mehr als weniger werden.
Was kann man sich vom kommenden Jahr erwarten? Gibt es schon Prognosen oder Modelle für 2024?
Es gibt Modelle, aber diese sind nicht zuverlässig – über Monate Vorhersagen zu machen, ist einfach nicht sinnvoll, weil diese nicht zuverlässig sind. Man kann höchstens eine Woche bis maximal zehn Tage vorausschauen, alles andere ist Spekulation. Aber wenn ich wetten müsste, würde ich sagen, dass es ein überdurchschnittlich warmes Jahr wird, weil der Trend in diese Richtung geht.
Interview: Lisi Lang
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Kommentare (1)
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andreas
Ich bevorzuge Florians Wetterseite, der sympathische Bursche macht es hobbymäßig und seine Vorhersagen sind
meistens präziser als die vom Landeswetterdienst.
Auch ist die Aktualisierung der App fürs Smartphone des Landes eine Pleite, denn das Bezirkswetter wurde gestrichen und dafür kann ich nachsehen, wie das Wetter in Missian ist, was ich für eher uninteressant halte, wenn ich z.B. Richtung Vinschhau fahren will, wobei mich auch nicht interessiert, wie das Wetter in Latsch ist, da ich nicht mal genau weiß wo das ist.