„Wir schaffen das“
Die SVP wirbt heute in Nals um Unterstützung für die neue Rechts-Koalition. Die Botschaft an die Basis: Man könne dieses Experiment ruhigen Gewissens wagen!
Von Matthias Kofler
Heute Abend stellt die SVP-Führung auf einer Konferenz in Nals ihren Bürgermeistern und Ortsobleuten die Grundzüge des mit Freiheitlichen, Fratelli d’Italia, Lega und La Civica ausgehandelten Koalitionsprogramms vor. Die Botschaft an die Basis lautet, dass man sich in den wichtigsten Punkten durchgesetzt habe und daher guten und ruhigen Gewissens in diese Koalition gehen könne. Gestern verbrachten die Unterhändler den ganzen Tag mit der Feinabstimmung und Klärung der letzten Details. Der Abschluss der Verhandlungen ist für den morgigen Freitag geplant. Wie die Teilnehmer an den Arbeitstischen berichten, hielten sich die inhaltlichen Divergenzen weitestgehend in Grenzen. Das gemeinsam erarbeitete Dokument ist ein für alle Mehrheitsparteien akzeptabler Kompromiss.
Das Programm enthält keine wirklich spektakulären Neuerungen, die auf einen echten politischen Richtungswechsel in Südtirol hindeuten würden. Die italienischen Abgeordneten bestanden vor allem auf der Notwendigkeit, Bestimmungen für die Aufwertung der Städte und insbesondere der Landeshauptstadt in das Abkommen aufzunehmen. Die SVP hingegen will die Peripherie stärken und ein Aussterben der Dörfer verhindern. Ähnliches stand bereits im Programm 2018 von SVP und Lega. Auch das für die Bürger besonders wichtige Zukunftsthema Energie haben die Koalitionspartner mit einem lapidaren Satz abgetan: Die neue Landesregierung strebt demnach die bestmögliche Lösung im Sinne einer größtmöglichen Unabhängigkeit Südtirols an, was immer das auch heißen mag. So ist beispielsweise noch unklar, ob Südtirol eine eigene Regulierungsbehörde bekommen wird, wie es die Freiheitlichen und Teile der SVP seit Jahren fordern. Auch die Wertepräambel, mit der der Vertrag eingeleitet wird, ist weitgehend deckungsgleich mit dem Text von vor fünf Jahren: Die Parteien bekennen sich darin zu Autonomie, Europa und Menschenrechten. Auf Wunsch von Marco Galateo wurde die Ablehnung von Nationalsozialismus und Faschismus um die Ablehnung des Kommunismus und aller anderen Formen des Totalitarismus ergänzt.
„Der Inhalt des Vertrages ist sehr vage formuliert, die großen politischen Auseinandersetzungen stehen erst an, wenn es um die konkrete Umsetzung geht“, prognostiziert ein SVP-Unterhändler.
Die Frage nach der Größe der künftigen Landesregierung wird bei der heutigen Konferenz ausgeklammert. LH Arno Kompatscher will zu Beginn des neuen Jahres gemeinsam mit seiner Partei und den Koalitionspartnern einen Vorschlag ausarbeiten. Der neue Kommissar von Forza Italia, Matteo Gazzini, spricht sich entschieden gegen eine Riesenregierung aus elf Landesräten aus. Eine Aufstockung sei „nicht notwendig“ und basiere nur auf der Annahme, dass alle Parteien der Mehrheit einen Posten haben müssten. „Die Lega und Christian Bianchi erpressen uns Bürger und den LH: Keinen Sitz in der Regierung, kein Vertrauen im Landtag“, kritisiert Gazzini und macht ein Beispiel: Eine 11-köpfige Regierung würde bedeuten, dass fast ein Drittel der Abgeordneten zu Landesräten würden. „Das wäre so, als wären in Italien 200 der 600 Abgeordneten Minister. In Zeiten der Sparmaßnahmen müssen alle Opfer bringen, auch die Politiker“, sagt Gazzini, der in vorgezogenen Neuwahlen den besten Ausweg sieht. Ansonsten drohe Südtirol fünf Jahre lang Stillstand. Geht es nach den Koalitionären, soll der Landtag am 16. Januar zur Wahl des LH und eine Woche später zur Vereidigung der Landesräte einberufen werden.
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