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„Politischer Selbstmord“ 

Christian Bianchi mit Paolo Zenorini und Florian von Ach

Florian von Ach war immer einer der größten Gegner einer Allianz mit Lega und Fratelli d‘Italia. Nun sitzt der Freiheitlichen-Ideologe aus Kaltern selbst am Verhandlungstisch.

von Matthias Kofler 

Walter Blaas staunte nicht schlecht, als er die Fotos von den laufenden Koalitionsverhandlungen in Südtirol zu sehen bekam: „Ich bin überrascht über den plötzlichen Sinneswandel“, erklärt der ehemalige Obmann der Freiheitlichen. Der Grund: Am Verhandlungstisch sitzt mit Florian von Ach ausgerechnet jener Parteifunktionär, der in der Vergangenheit stets energisch vor einer politischen Zusammenarbeit mit der Lega und den Fratelli d’Italia gewarnt hat.

Vor fünf Jahren übernahm der Kalterer das Amt des Generalsekretärs und kündigte zusammen mit dem damaligen Obmann Andreas Leiter Reber lautstark an, er werde „die Bude rocken“. Die erste Bewährungsprobe für die neue Führung der Blauen waren die italienischen Parlamentswahlen im Frühjahr 2018: Während Ex-Obmann Walter Blaas die Weichen für ein Wahlbündnis mit der Lega stellte, bereiteten von Ach und Co. dem ehrgeizigen Projekt ein Ende.

Das Hauptargument gegen die Allianz mit dem „Carroccio“: die Präsenz der Fratelli d’Italia, die in den Umfragen damals noch bei 5 Prozent lagen. Die Tageszeitung zeigte auf, dass das Wahlgesetz den Freiheitlichen einen fast sicheren Sitz in der Abgeordnetenkammer beschert hätte. Der zweite Platz auf der Liste der Lega für das Verhältniswahlrecht ging letztlich aber an die (unbekannte) Aurerin Tiziana Piccolo, die nach dem Rückzug der Freiheitlichen 2019 tatsächlich ins Parlament einzog. Für die Freiheitlichen war dies eine verpasste Chance, der man noch lange nachtrauerte.

Doch von Ach wollte sich zu keinem Zeitpunkt „schuldig“ bekennen. Im Gegenteil: Bei einer festlichen Veranstaltung im Frühjahr 2018 erklärte der General:

„Was hieß es nicht alles nach den Parlamentswahlen? Wir hätten einen sicheren Sitz erhalten, wenn wir nur mit der Lega kandidiert hätten. Liebe Gesinnungskameraden, das war nicht drin! Wir hätten niemals mit der Lega allein kandidiert, denn die Lega gab es nur im Dreierpack mit Forza Italia und der allseits geschätzten Michaela Biancofiore und mit Fratelli d’Italia, den Postfaschisten. Wenn wir mit diesen Parteien ein Bündnis eingegangen wären, wäre das politischer Selbstmord gewesen. Unsere Gegner hätten dann wohlfeil gesagt: ,Schau an, die Freiheitlichen! Wasser predi- gen und Wein trinken. Für einen Sitz in Rom gehen sie Bündnisse mit Südtirol-Feinden ein.‘ Das Schlimmste daran wäre gewesen: Die Gegner hätten recht gehabt. Es war nie Freiheitlicher Stil und es darf nie Freiheitlicher Stil werden, mit den Feinden unseres Volkes zu paktieren. Das überlassen wir gerne anderen. (Applaus) Es ist bezeichnend, dass die Sirenengesänge über den angeblich verlorenen Sitz von jenen kommen, die uns eigentlich schaden wollen. Sie kommen von Kommentatoren, die ich – um es höflich auszudrücken – als politisch schlicht einschätze. Gegen die politische Schlichtheit helfen bekanntlich keine Pillen und selbst Götter kämpfen dagegen vergeblich.“

Fünf Jahre später ist alles Gerede Schnee von gestern. Jetzt sind es die Freiheitlichen, die eine für sie möglicherweise „tödliche“ Koalition mit Lega und FdI anstreben. Der Chefideologe Florian von Ach sitzt sogar am wichtigsten Verhandlungstisch, dem Autonomietisch, an dem auch andere große Namen wie Landeshauptmann Arno Kompatscher, SVP-Chef Philipp Achammer und die Italiener Marco Galateo, Angelo Gennaccaro und Christian Bianchi sitzen, die alle einen Platz in der neuen Landesregierung anstreben. „Wie sich die Zeiten ändern“, kommentiert Walter Blaas süffisant, der sich einen Seitenhieb auf seine Nachfolger nicht verkneifen kann: „Ich verstehe nicht, wie wir uns von der Süd-Tiroler Freiheitlich unsere Themen wie Sicherheit und Ausländer wegnehmen lassen konnten. Die Freiheitlichen wissen nicht mehr, wofür sie stehen. Sie reden ständig davon, dass die ,freiheitliche Handschrift‘ im Koalitionsprogramm erkennbar sein muss. Es scheint, dass sie nicht einmal mit zehn Fingern schreiben können.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (22)

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  • criticus

    Ja Herr Blaas so läuft es eben wenn man an die Macht will. Doch die passen alle Super zusammen. Da ist einmal die Lega, die sich von Italien mit dem Spruch „Roma ladrona“ los trennen wollte und was ist daraus geworden? Da sind die Brüder Italiens, die ja lt. der Meloni vom Euro und der EU weg wollten und dann wegen jeder Gelegenheit in Brüssel um Geld betteln und der EU-Präsidentin um den Hals fallen. Postfaschisten darf man sie auch nicht nennen, aber der rechte Arm fliegt wohl gerne hoch. Und unser Landeshauptmann mit seiner SVP, wie oft hat der Jahrelang den billigen heimgeholten Strom versprochen und was ist daraus geworden? Wie oft hat die SVP vor den Wahlen die SüdtirolerInnen vor den Faschisten gewarnt und heute? Wir müssen zusammenhalten und ja keine Experimente hat es geheißen. Wie oft hat der Landeshauptmann von Nachhaltigkeit gesprochen und was ist daraus geworden? Eines haben die wohl auch gemeinsam, in ihren Parteien wird gerne gestritten.
    Aufgepasst, wenn so viele ins Bett wollen, da könnte das „Bettstattl“ wohl zusammenkrachen.

    • pingoballino1955

      Criticus ES WIRD ZUSAMMENKRACHEN !

      • pingoballino1955

        …….und die Svp und die Freiheitlichen ENDGÜLTIG mit denn so viel Volksverarsche hält kein vernünftiger Mensch aus!

      • besserwisser

        @pingoballino1955: zusammenkrachen wird es meiner meinung nach nicht. aber es hat sich halt wieder einmal herausgestellt dass auch wir nur ein volk von opportunisten und machtgierigen menschen sind.
        haltung und rückgrat wäre in diesen zeiten so wichtig, grad südtirol das sich zwischen den kulturen befindet sollte sich mitten in europa durch eine offene und weitsichtige kultur, auch in der elite auszeichen.
        aber leider ist die intellektuelle armut auch im landtag sehr präsent, abgeordnete die an den paar sitzungstagen auf fb & co. mehr zeit verbringen als sich mit inhalten zu beschäftigen sind der standard, inhaltliche kompetenz, vielleicht sogar erfahrung und sachverstand sind parteiübergreinfend mangelware (sehr nett formuliert).
        wir werden in großen teilen von menschen regiert die ihre ausbildung nicht abgeschlossen haben, im wirklichen beruf keine reisser sind, oder gar nie einen beruf ausgeübt haben.
        parteiübergreifend kann man kaum menschen mit vorbildfunktion entecken, und das ist meiner meinung nach sehr traurig.
        aber wohl auch nicht anders als im rest der welt…..

        • ummagumma

          @beesserwisser, wer sich sein Umfeld einmal genauer betrachtet, wir genau das erkennen was Sie meinen. Gier und Falschheit setze ich da an erste Stelle

        • heracleummantegazziani

          Mann muss schon unterscheiden zwischen Opportunismus und Pragmatismus. Dass ein Großteil der Südtiroler Opportunisten sind, also das Wohl für sich selbst suchen, ist hinlänglich bekannt. Das was die Politik hier anstrebt ist Pragmatismus, d.h. man versucht etwas für die gesamte Südtiroler Gesellschaft herauszuholen. Ich bekomme zwar jede erdenkliche Form von Ausschlag, wenn ich daran denke, dass morgen Galateo an den Schalthebeln sitzen wird, allerdings warte ich mit vernichtender Kritik bis klar wird, ob die hochgesteckten politischen Ziele, d.h. der große Sprung nach vorn (um Mao zu zitieren) in Sachen Autonomie, wirklich geschafft wird. Sollte das nämlich gelingen, bin ich sicher, dass kein Mensch mehr „Prinzipien“ schreit.

          • kongo

            Heracleum… einen Schmarrn den sie hier schreiben, wenn sie den Unterschied zwischen Opportunismus und Pragmatismus kennen würden, dann müssten sie genau das Gegenteil schreiben.Und glauben sie mir diese Galateos werden am Schalthebel sitzen, dank eines machtgeilen unfähigen für Südtirol schädlichen LH.

          • kongo

            Und noch etwas, Hera… und Anderle, wieso schreibt ihr nichts zum Interview vom Peterlini, ihr reisst ja sonst immer euer verdrehtes Maul auf. Ihr seid echt nur entweder Weicheier oder habt gar keine Eier, sowas nennt man bei uns Hosenscheisser.

          • heracleummantegazziani

            @kongo – Es ist schon ungluablich, dass Sie laufend Ihre inexistente Lesekompetenz unter Beweis stellen wollen. Empfinden Sie eine besondere Genugtuung dabei, wenn Sie sich öffentlich blamieren und erniedrigen? Ist das eine Form von Masochismus bei Ihnen? Ich habe ja geschrieben, dass Galateo an den Schalthebeln sitzen wird und das gar nicht in Frage gestellt (und auch geschrieben, dass mir dabei schlecht wird). Sie haben echt einen an der Waffel.
            Den Unterschied zwischen Opportunismus und Pragmatismus scheinen eher Sie nicht zu verstehen. Ich versuche es ihnen einfach zu erklären: Opportunismus=Ich, Pragmatismus=Wir. Schnallen Sie es?
            Was soll man zum Interview von Peterlini sagen? Dass er eben ein Opportunist ist? Er sagt praktisch, dass er für die Koalition ist aber doch dagegen.
            Weshalb glauben Sie hat sich Durnwalder für diese Koalition ausgesprochen?

          • kongo

            Lieber Hera, die Worte ICH und WIR brauchen sie mir nicht zu erklären, nur ist es so das deine Auslegung falsch ist.Und kommen sie mir nicht mit Lesekompetenz, denn wenn sie nicht verstehen wollen ist das ihr Problem und nicht meins.Und wiso wohl hat sich der ex LH dafür ausgesprochen, da braucht man nicht lange nachdenken.

        • pingoballino1955

          Ihr Wort in Gottes Ohr.Das Kartenhaus wird früher,oder später zusammenbrechen,meine persönliche Meinung.Spätestens in 5 Jahren fallen mir die berühmten Worte von Herrn Trappatoni ein: ICH HABE FERTIG! SVP und Freiheitliche können sich dann verabschieden und in die Oposition gehen!

    • artimar

      „criticus“ auf den Punkt gebracht.
      Alle warnten. 2022 warnte LH Kompatscher noch vor der Gefahr für ganz Italien und für Südtirol eine Regierung der national-rechtsextremen Brüder Italiens.

  • ummagumma

    Top. Dem ist nichts hinzuzufügen!

  • brutus

    …es gibt kein dreckigeres Geschäft als die Politik!
    …und dann wundert man sich warum die Welt so schlecht ist!

  • pingoballino1955

    Herr Von Ach,warum gehen sie nicht nach Deutschland zur DB da werden jetzt Vorstandsboni in Höhe von 5 Millionen Euro ausbezahlt obwohl nichts,oder wenig funktioniert ausser dass die ZügeUNPÜNKTLICH sind, im umgekehrten Sinne funktioniert bei uns momentan auch WENIG! Also ??? Dort müssten sie sich nicht drehen,wie ein Freiheitliche Fähnchen im Wind! Gruss an Ulli und Pius!

  • krautnock

    Sozusagen vom Paulus zum Saulus…

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