Galateos Klagen
Nach dem gewagten Nazi-Vergleich des Historikers Günther Pallaver kündigt Marco Galateo an, dass er gerichtlich gegen alle vorgehen wird, die die Fratelli d‘Italia als Faschisten, Homophobe und Rassisten bezeichnen.
Von Matthias Kofler
Marco Galateo hat genug: Der Abgeordnete der Fratelli d’Italia will nicht länger tatenlos dabei zusehen, wie seine Partei öffentlich diskreditiert wird. Die Bewegung „No Excuses“ will heute Abend erneut auf die Straße gehen, um gegen die sich anbahnende Regierungsmehrheit in Südtirol zu demonstrieren, die als „rückständig, spalterisch und populistisch“bezeichnet wird. In einem offenen Brief fordern mehr als 200 Kulturschaffende die SVP auf, „keine Koalition mit rechtsextremen, nationalistischen, homophoben, rassistischen und wissenschaftsfeindlichen Kräften einzugehen“.
Der Politologe und Historiker Günther Pallaver, der Parallelen zwischen den Koalitionsverhandlungen in Südtirol und der nationalsozialistischen Machtübernahme vor knapp 100 Jahren sieht, hat sich nun in den Chor der FdI-Gegner eingereiht. In all diesen Fällen hätten die Mitteparteien den Ultrarechten Tür und Tor geöffnet, so seine kühne These. Für Galateo überschreitet dies eindeutig die Grenze des guten Geschmacks. Gegenüber der TAGESZEITUNG stellt der designierte Landesrat klar: „Ich werde jeden verklagen, der sagt, wir seien Faschisten, Neofaschisten, Postfaschisten, Nazis, Postnazis, Homophobe usw.“
Günther Pallaver hat mit seinen provokanten Äußerungen sein Hauptziel erreicht: er hat öffentliche Aufmerksamkeit und den lauten Aufschrei der betroffenen Parteien bekommen. Im Ausland sind Nazi-Vergleiche seit Jahren ein strapazierfähiges Mittel der politischen Auseinandersetzung: Politiker stellen ihre Gegner, die meist aus der extremen Rechten kommen, in die „Nazi-Ecke“ – und damit außerhalb des demokratischen Spektrums. Donald Trump verwendet NS-Vergleiche (gegen seinen eigenen Staat), Wladimir Putin verwendet sie (gegen die Ukraine).
Analogien zum Nationalsozialismus und Faschismus hatten während der Coronavirus-Pandemie Hochkonjunktur, als Verschwörungstheoretiker die Maßnahmen dreist mit Konzentrationslagern verglichen. Der ehemalige Enzian-Politiker Josef Unterholzner ließ sich im Landtag zu der geschichtsvergessenen Aussage hinreißen: „Warum vergast ihr sie (die Ungeimpften) nicht frisch alle?“
In der Geschichtswissenschaft sind ahistorische Vergleiche jedoch weitgehend tabu. Denn sie machen Unvergleichbares vergleichbar, relativieren den Massenmord an den Juden und verhöhnen die Opfer und Überlebenden des NS-Regimes.
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