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Die rote Verlegenheit

Die SVP-Arbeitnehmer-KandidatInnen

In einem historischen Moment für die Südtiroler Volkspartei geht die einst so stolze und einflussreiche Standesvertretung der ArbeitnehmerInnen auf Tauchstation.

von Artur Oberhofer

Es waren einmal … die SVP-ArbeitnehmerInnen.

Es gab weiland einen Otto Saurer, bei dem sogar ein Luis Durnwalder auf Attenti gestanden hat, wenn er mit seiner Bariton-Stimme und im besten Vinschger Slang aufbegehrt hat. Es gab einen Hubert Frasnelli, der zwar als Mehrfach-Politrentner in Unehren ergraut ist, der allerdings jahrelang die intellektuelle und feingeistige Speerspitze der SVP-ArbeitnehmerInnen und Edelweiß-Sozialdemokraten war.

Oder es gab eine Sabina Kasslatter Mur, die sich im elitären Männerclub der Volkspartei behaupten und sozial und bildungspolitisch wirken konnte. Es gab einen Reinhold Perkmann, der zwar beim Versuch, der Bauern- und Wirtschaftspartei einen hellroten Anstrich zu verpassen, gescheitert ist. Aber er war ein Mann mit Charakter, hochgebildet, klug – und kein Politiker, dem es nur um Posten ging.

Wenn man als politischer Zaungast den heutigen Zustand der SVP-ArbeitnehmerInnen beschreiben will, bedarf es nobler Zurückhaltung. Denn in Wahrheit gibt es die Roten im Edelweiß nicht mehr. Die SVP hat kein soziales Gewissen mehr. Den heutigen Mandataren des angeblich sozialen Flügels geht es längst nicht mehr um die Nöte der Menschen, sondern – wie wir sehen werden – um Posten und um Privilegien. Und noch schlimmer: Um ans Futtertrog gelassen zu werden und dort mitnaschen zu können, verkaufen die SVP-„Linken“ ihre rote Seele, lassen die einst so starke Standesorganisation zu einem armseligen Haufen verkommen.

Begonnen hat der moralische Niedergang der SVP-ArbeitnehmerInnen schon vor Jahren, als der einstige 1.-Mai-Prediger Georg Pardeller zum Amtsverteidiger der nimmersatten Politiker und Alt-Mandatare mutierte.

Man mag zur Entscheidung des SVP-Ausschusses, eine Koalition mit den Freiheitlichen und mit den ultrarechten Fratelli d’Italia zu versuchen, stehen, wie man will. Aber zumindest die SVP-ArbeitnehmerInnen hätten aufschreien müssen. Laut aufschreien! Pragmatismus hin oder her. Einen Pakt mit dem Teufel eingehen, das darf ein Karl Zeller, das darf ein Philipp Achammer, aber kein/e SVP-Arbeitnehmer/in.

Aus der heutigen Führungsriege der SVP-ArbeitnehmerInnen hat es nicht nur keinen Aufschrei gegen den Pakt mit dem Teufel gegeben. Die beiden derzeit wichtigsten VertreterInnen des roten Spektrums im Edelweiß, ArbeitnehmerInnen-Chefin Magdalena Amhof und die Weiß-Gott-noch-wie-lange-Landesrätin Waltraud Deeg, haben in der Debatte im Parteiausschuss mit am lautesten Werbung für ein Bündnis mit den Fratelli d’Italia geworben.

Für dieses seltsame Verhalten gibt es nur eine logische und vernünftige Erklärung: Magdalena Amhof will ihren Job als SVP-Fraktionschefin behalten. Und Waltraud Deeg will in der Landesregierung bleiben. Im Falle einer SVP-Koalition mit dem Team K hätte Deeg ihren Sessel in der Landesregierung für Maria Elisabeth Rieder räumen müssen. Wenn es aber am Ende doch zu einer 11er-Regierung mit zwei italienischen Landesräten kommt, muss der Landeshauptmann Deeg in die Regierung nehmen, auch wenn er persönlich mit der Pusterer Politikerin nicht (mehr) kann.

Der Protest des linken Flügels in der SVP gegen eine Zweckehe mit den postfaschistischen Fratelli d’Italia beschränkte sich auf den Parteiaustritt von Ex-ArbeitnehmerInnen-Chef Albert Pürgstaller. Ein populistischer Schritt, der deswegen für die Mutterpartei nicht traumatisch war, weil der Brixner seit 2021 eh seinen Mitgliedsbeitrag nicht mehr bezahlt hatte und de facto kein Mitglied mehr war.

Während die Passeirer Newcomerin Rosmarie Pamer keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegen eine Rechts-Regierung gemacht hat, ging die SVP-ArbeitnehmerInnen-Chefin Magdalena Amhof auf Tauchstation.

Eine Interview-Anfrage der TAGESZEITUNG beantwortete sie kurz und knapp: „Wir haben vereinbart, dass zu den Koalitionsgesprächen nur LH und PO (Parteiobmann) Stellung beziehen. Ich halte mich an die getroffene Vereinbarung und gebe deshalb keine Stellungnahme ab.“

Auf die Nachfrage, dass es schon interessant wäre, eine Einschätzung der SVP-ArbeitnehmerInnen zu einer Richtungsentscheidung von so großer Tragweite zu hören, kam überhaupt keine Rückmeldung mehr.

Ähnlich Waltraud Deeg: Die sonst so eloquente und gar nicht medienscheue Noch-Landesrätin erklärte, man habe „am Samstag im Parteiausschuss vereinbart, dass die Kommunikation bei LH und PO liegt“, daran halte sie sich.

Schrieb dies – und schickte via WhatsApp ihr Wahlprogramm mit.

Die WählerInnen der SVP-ArbeitnehmerInnen dürfen also nicht erfahren, warum ihre Spitzenvertreterinnen sich so sehr für eine Koalition mit den Fratelli d’Italia und den Freiheitlichen ins Zeug gelegt haben.

Es waren einmal … die stolzen SVP-ArbeitnehmerInnen …

 

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